Die Rapperswil-Jona Lakers schrieben in jüngster Zeit eine Erfolgsgeschichte. Doch in diesem Winter sind sie in den Tabellenkeller abgestürzt. Taugt der überraschende Sieg bei den ZSC Lions zum Wendepunkt in dieser verlorenen Saison?
Drei Jahre lang waren die Rapperswil-Jona Lakers jüngst so etwas wie Everybody’s Darling in der National League. Sie übertrafen sportlich alle Erwartungen – und das mit einer mutigen Transferpolitik. Dem Sportchef Janick Steinmann gelang es, etliche Juniorennationalspieler anzuwerben, die vom Trainer Stefan Hedlund veredelt wurden.
Hedlunds Anstellung im Sommer 2021 war nicht frei von Risiko und Kontroverse gewesen, er war auf den Publikumsliebling Jeff Tomlinson gefolgt. Doch mit moderner Trainingsgestaltung und Akribie schaffte es der Schwede, die Lakers auf ein neues Plateau zu hieven. An ihren besten Abenden erstickten sie mit leidenschaftlichem Forechecking und aufopfernder Spielweise jegliche Offensivbemühungen des Gegners im Keim – selbst wenn er ZSC Lions oder EV Zug hiess.
Die Lakers schlossen die Saison 2021/22 auf Platz 4 ab, die vergangene Meisterschaft auf Rang 3, es waren angesichts des schmalen Budgets kleine Sensationen. Dritter war Rapperswil-Jona letztmals 1995 geworden, also vor Urzeiten, ehe sich der Klub mit rätselhaften Management-Entscheiden keinen Gefallen tat.
Die Ausländer der Lakers kämpfen mit Verletzungsproblemen und miserablen Statistiken
Doch während des jüngsten Höhenflugs standen diese Fragen im Raum: Wie kann es sein, dass ein Team sein Leistungsvolumen so lange so beständig übertrifft? Und wann folgt der unvermeidbare Absturz? Es hat mit dem Abschwung länger gedauert als erwartet, aber nun sind die Lakers von der Realität eingeholt worden. Sie sind in jene Tabellenregion abgestürzt, in der sie vor der famosen Hausse fast immer beheimatet waren: Von 2008/09 bis 2020/21 waren sie in der National League nie besser als Zehnte gewesen. Nun sind sie im 12. Rang klassiert und mit Kloten und Biel die Enttäuschungen des Winters.
Trotz dem Einzug in die Champions-League-Viertelfinals ist es eine verlorene Saison für die Lakers, und im Umfeld fehlte in letzter Zeit vielen der Optimismus – dafür sind die Probleme zu vielschichtig. Am stärksten zugesetzt haben dem Team anhaltende Verletzungssorgen. Sie sind gerade bei den Ausländern augenfällig: Die beiden Verteidiger Maxim Noreau und Emil Djuse fehlten lange, für den aus Lugano verpflichteten Angreifer Brett Connolly war die Saison nach 8 Spielen vorbei, für den schwedischen Nationalspieler Victor Rask nach 18 Einsätzen. Und jene Akteure, die eingesetzt werden können, sind bemerkenswert ineffizient. Der schon im Vorjahr enttäuschende Amerikaner Jordan Schroeder hat in 33 Spielen zwei Treffer und elf Assists produziert, es ist eine völlig ungenügende Bilanz.
Nur Ajoie erzielt weniger Tore als die Lakers, noch in der letzten Saison stellten sie die zweitbeste Offensive der Liga. Die Anzahl Treffer pro Partie ist von 3,52 auf 2,14 gefallen. In der Skorerliste findet sich der erste Lakers-Ausländer auf Platz 73. Es ist Roman Cervenka, zuletzt zwei Mal in Folge herausragender Liga-Topskorer. Der Tscheche ist kürzlich 38 geworden und erweckt seit Monaten den Eindruck, er sei über den Sommer gleich um mehrere Jahre gealtert. Sein Punktedurchschnitt ist von 1,37 auf 0,6 gefallen, seine so dominanten Auftritte sind sehr selten geworden.
Am Sonntagnachmittag gegen den ZSC fehlte Cervenka verletzt, die Lakers traten bei acht gelösten Lizenzen mit nur vier Ausländern an. Und doch besiegten sie die an diesem Wochenende schlafwandelnden Lions 3:2 nach Verlängerung. Es war das erste Mal seit Anfang Oktober, dass die Lakers in der Meisterschaft zwei Spiele in Folge gewinnen konnten.
Die Frage ist, ob genug Zeit bleibt, die Saison zu retten. Das ausgegebene Ziel, die direkte Play-off-Qualifikation, ist nach zwei Dritteln der Regular Season nicht mehr zu erreichen, der Rückstand auf das sechstplatzierte Genf/Servette beträgt 17 Punkte. Zu den Pre-Play-offs fehlen zurzeit 8 Punkte; bei 17 verbleibenden Partien ist das keine unüberwindbare Differenz, sollte das Team die Stabilität wiederfinden.
Die neuen, gesteigerten Erwartungen sind eine Bürde
Der harte Winter hat Spuren hinterlassen. Eifrig wurde und wird im Anhang darüber diskutiert, ob man sich nicht vom eben noch gefeierten Hedlund trennen müsste; so schnell verändern sich die Dynamiken im Sport. Doch der Trainer, das ist zu vernehmen, steht offenbar nicht zur Diskussion. Im letzten April hatte er seinen Vertrag ebenso wie der Manager Steinmann vorzeitig bis ins Jahr 2026 verlängert.
Einen Wechsel könnte es jedoch nach der laufenden Saison bei den Trainerassistenten geben: Der für die Defensive verantwortliche Bert Robertsson, in Schweden bereits bei mehreren Klubs Cheftrainer, wird möglicherweise in die Heimat zurückkehren.
Es sind Nebenschauplätze. Der Fokus liegt darauf, die trüben letzten Monate vergessen zu machen. Am Sonntag, ein paar Minuten nach dem Sieg beim Leader ZSC, steht der Trainer Hedlund in der Swiss-Life-Arena vor der Garderobe und sagt: «Wir haben in dieser Saison unsere Struktur teilweise verloren. Jetzt ist sie langsam zurück. Es hilft uns, dass die Spiele der Champions League wegfallen und wir mehr Zeit haben, um intensiv zu arbeiten.»
Auch Hedlund hat eine veränderte Erwartungshaltung im Umfeld wahrgenommen: «Vielleicht kam unser Erfolg ein bisschen zu schnell. Man kann als Team ein, zwei Jahre die Erwartungen übertreffen. Aber um nachhaltig erfolgreich zu sein, muss der Klub als Ganzes wachsen, auch punkto Finanzen und Infrastruktur. Man kann nicht davon ausgehen, dass Cervenka drei Jahre in Folge der beste Stürmer in Europa ist und drei U-20-Talente über Nacht zu Führungsspielern werden.»
Dann fügt Hedlund an: «Ich bin auch kein Zauberer. Die letzten zwei Jahre waren nicht die Realität. Aber die laufende Saison ist es auch nicht.» Den Lakers bleiben zwei Monate, um den Nachweis zu erbringen, dass sie besser sind, als es jüngst oft den Eindruck machte.