Die hochansteckende Kinderkrankheit kann Fehlgeburten auslösen. Jetzt kommt es in der Schweiz und anderen europäischen Ländern zu mehr Fällen. Wie man die Krankheit erkennt, was man über den Erreger wissen muss und wie man sich schützen kann.
Bereits im April hat die EU-Gesundheitsbehörde ECDC einen Anstieg der Fallzahlen von Ringelröteln in Dänemark, Irland, den Niederlanden, Norwegen und Frankreich vermeldet. Jetzt ist klar: Auch in der Schweiz kommt es zu mehr Infektionen.
Die Fachgesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin Pädiatrie Schweiz teilt mit, dass Kinderärzte in den letzten Monaten vermehrt über Patienten mit Ringelröteln oder seltenen Komplikationen davon berichten. Nina Kimmich, Leitende Ärztin der Geburtshilfe am Unispital Zürich, spricht von einem massiv gehäuften Auftreten der Fälle.
Die genauen Fallzahlen sind unbekannt, denn Fälle von Ringelröteln werden vom Bundesamt für Gesundheit nicht systematisch erfasst.
Ringelröteln sind nicht gleich Röteln
Ringelröteln sind eine hochansteckende Kinderkrankheit, die meist harmlos verläuft. Mit den Röteln haben sie ausser dem Namen nichts gemein. Im Gegensatz zu den Röteln gibt es gegen die Ringelröteln keine Impfung.
Ringelröteln werden vom Parvovirus B19 ausgelöst. Übertragen werden sie vor allem durch virushaltige Tröpfchen. Diese entstehen zum Beispiel, wenn eine erkrankte Person hustet, niest oder sich die Nase putzt. Man kann sich auch über Gegenstände anstecken, auf deren Oberfläche infektiöse Tröpfchen gelandet sind.
Typische Symptome sind Fieber, Kopfschmerzen und insbesondere bei Kindern stark gerötete Wangen und fleckige Ausschläge an Armen und Beinen. Die Ausschläge jucken und schmerzen im Normalfall nicht. Bei Erwachsenen verläuft eine Ansteckung häufig mit geringen grippeähnlichen Symptomen oder ganz symptomlos.
In seltenen Fällen kann es zu Gelenkentzündungen kommen oder gar zu Entzündungen der Leber oder des Herzmuskels. Patienten mit chronischen Blutkrankheiten können eine Blutarmut erleiden.
Schwangere können das Virus an den Fötus übertragen
Erkrankt eine Schwangere an den Ringelröteln, kann das den Fötus gefährden. Denn das Virus kann über die Plazenta an den Fötus weitergegeben werden – selbst dann, wenn die Infektion bei der Schwangeren ohne Symptome verläuft. Das Risiko, das Ungeborene anzustecken, ist bis zur 20. Schwangerschaftswoche besonders hoch. Das Virus befällt dann die blutbildenden Zellen und die Herzzellen des Fötus. Dieser kann dann unter Umständen nicht genügend Blut bilden und pumpen. Deshalb erhöht eine Infektion das Risiko einer Fehlgeburt, es liegt bei 2 bis 6 Prozent.
Nur die erste Infektion mit den Ringelröteln ist gefährlich. Wer sie einmal hatte, ist ein Leben lang geschützt. Für Schwangere kann es daher sinnvoll sein, abzuklären, ob sie eine Infektion mit dem Erreger bereits hinter sich haben. Dazu kann ein Arzt einen Bluttest durchführen, der Antikörper gegen den Erreger der Ringelröteln nachweisen kann. Etwa die Hälfte aller Frauen im gebärfähigen Alter ist bereits gegen die Ringelröteln immun und muss sich keine Sorgen machen.
Schwangere sollten den Kontakt mit infizierten Menschen am besten meiden. Insbesondere wenn die Schule oder der Kindergarten von bereits vorhandenen Kindern von einem Ausbruch betroffen ist, ist Vorsicht geboten. Nina Kimmich empfiehlt Schwangeren, die nicht immun sind, einen Mundschutz zu tragen, häufig die Hände zu waschen und möglichst nicht mit Spucke des Kindes in Kontakt zu kommen.
Das gilt auch dann, wenn das Kind keinen Ausschlag hat. Denn der typische Ausschlag der Ringelröteln erscheint meist erst eine bis anderthalb Wochen nach der Ansteckung. Doch gerade in der frühen Phase der Infektion sind die Ringelröteln besonders ansteckend. Das macht es schwierig, erkrankte Personen rasch zu erkennen und zu isolieren, um ein Weitergeben der Erkrankung zu verhindern. Gerade in Kindergärten und an Schulen kommt es daher immer wieder zu Ausbrüchen.
Der Fötus kann mit einer Bluttransfusion gerettet werden
Wenn eine Schwangere sich zum ersten Mal mit den Ringelröteln infiziert, muss der Fötus engmaschig überwacht werden. Regelmässige Ultraschall-Kontrollen können die Symptome einer Infektion beim Kind frühzeitig entdecken. Wenn eine starke Blutarmut festgestellt wird, kann über die Nabelschnur noch im Mutterleib eine Bluttransfusion durchgeführt werden.
Die stark erhöhten Zahlen an Infektionen mit Ringelröteln schlagen sich auch in erhöhten Zahlen von Schwangerschaften mit Komplikationen für das Ungeborene nieder. «Normalerweise führen wir Bluttransfusionen bei Föten wegen Ringelrötel-Infektionen ein- bis zweimal im Jahr durch. In den letzten Wochen haben wir es zwei- bis dreimal in der Woche gemacht», sagt Nina Kimmich.
In den letzten zwei Wochen sei die Zahl der Fälle erstmals wieder leicht rückläufig gewesen. Die schlimmste Phase der Ausbrüche könnte also bereits hinter uns liegen.