Montag, Januar 20

Gemäss einer NGO sind die SBB eine der teuersten Bahnen Europas. Ein von den Transportunternehmen bestellter Vergleich zieht ein anderes Fazit.

Die Schweiz betrachtet ihre Bahn gerne als die beste. Eine Analyse der NGO Transport & Environment kam im Dezember jedoch zum Schluss, dass die SBB lediglich Mittelmass seien. In einem Vergleich von 27 europäischen Bahngesellschaften landeten die Bundesbahnen auf dem elften Platz. Am besten schnitt Trenitalia ab. Es folgen das private Unternehmen Regiojet, das in Tschechien den Markt aufmischt, und die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB).

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Die SBB belegten zwar bei der Zuverlässigkeit den Spitzenplatz. Bahnreisen in der Schweiz und Grossbritannien seien aber besonders teuer, hielt die NGO fest. Die SBB seien nach dem Unternehmen Eurostar – es führt unter anderem die Hochgeschwindigkeitszüge durch den Kanaltunnel – und der britischen Great Western Railway gar die teuerste Bahn Europas. Die NGO gewichtete in ihrem Vergleich den Billettpreis wesentlich stärker als Kriterien wie die Zuverlässigkeit. Das erklärt das mittelmässige Abschneiden der SBB.

Preislich im Mittelfeld

Die Bundesbahnen und die Branche der Transportunternehmen nutzen nun den jüngsten Preisvergleich der ÖV-Lobby Litra, um sich zu wehren. Die Pauschalaussage, der öV sei in der Schweiz viel teurer als im Ausland, sei so nicht korrekt, teilte diese am Montag mit. Das für die Litra erstellte Papier kommt zum Schluss, dass die Schweiz preislich in fast allen Bereichen im Mittelfeld liege. Sie biete für landesweite Reisen ein vergleichsweise günstiges Angebot, dank der Spartageskarte. Am tiefsten seien die Preise in Österreich und Italien, von Fahrten aufs Land abgesehen. Am höchsten seien die Billettpreise in Grossbritannien.

Der Vergleich untersuchte diverse Kategorien von Reisen. Tägliche Fahrten für Erwachsene innerhalb einer Stadt seien in der Schweiz vergleichsweise günstig. Nur in Italien und Österreich koste die Fahrt mit dem öV weniger. Auch für tägliche Fahrten zwischen zwei Städten lägen die Preise für Erwachsene im Mittelfeld – gut kommen dabei vor allem Personen weg, die ein GA haben. Auch Erwachsene, die zwei Mal pro Monat von der Stadt aufs Land führen, würden im internationalen Vergleich gut weggekommen.

Die Schweiz ist gemäss dem Vergleich aber auch das Land, das für wöchentliche Geschäftsreisen ohne Abonnemente am teuersten ist. Auch die Preise für tägliche Fahrten innerhalb einer Metropolitanregion seien für Erwachsene und Jugendliche in der Schweiz im oberen Mittelfeld. Vergleichsweise teuer sei der Schweizer öV zudem für Senioren. Nur Lausanne biete spezifische Seniorentarife für regelmässige Fahrten, heisst es in der Studie.

Der Preisvergleich erfolgte kaufkraftbereinigt. Für Kunden aus dem Ausland, die auch nicht über vergünstigte Abonnemente verfügen, ist Bahnfahren in der Schweiz besonders teuer.

Hohe Qualität, geringes Tempo

Angesichts der durchzogenen Bilanz betont die Branche, der Preis sei nur einer der Faktoren, die es zu betrachten gelte. Entscheidender sei, was die Passagiere für ihr Geld erhielten, sagte der Litra-Präsident Martin Candinas gemäss einer Mitteilung. Im europäischen Vergleich sei die Angebotsdichte in der Schweiz bedeutend besser. Hierzulande seien auch ländliche Regionen bestens angebunden, im Gegensatz zu anderen Ländern, wo sich das Angebot auf lukrative Hochgeschwindigkeitsstrecken zwischen Städten konzentriere.

Gemäss der Studie liefern die Schweizer ÖV-Unternehmen bei der Pünktlichkeit sowie der Dichte des Angebots und des Netzes die beste Qualität. Schlecht schneidet die Schweiz bei der Geschwindigkeit ab: Sie liegt vor den Niederlanden auf dem vorletzten Platz. Nur auf wenigen Neubaustrecken erreichen die Züge 200 km/h. Das Schweizer Bahnsystem ähnelt einer grossen S-Bahn, mit häufigen Verbindungen, aber vergleichsweise langsamen Zügen.

Um attraktiv zu bleiben, sind zeitgemässe, flexible Angebote gefragt. Unter dem Namen «myRide» testet die Branche seit dem vergangenen Jahr ein neues Preissystem. Dabei sollen sich Kunden nicht mehr zum Voraus festlegen müssen und die zurückgelegten Distanzen berechnet erhalten statt Zonen oder festgelegten Tarife. Wer regelmässig reist, soll günstiger fahren. Das Projekt stösst dem Vernehmen nach jedoch bei einflussreichen Akteuren auf Widerstände. Es gelte offene Fragen und finanzielle Risiken zu klären, teilte die federführende Alliance Swisspass am Montag mit. Ende des Jahres will die Branche entscheiden, ob das neue Preissystem eingeführt wird.

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