Der Totalunterbruch während zweier Monate im Sommer hat grosse Folgen.
Die SBB sperren seit längerem vorübergehend Strecken für Bauarbeiten, gegenwärtig etwa jene von Weinfelden nach Kreuzlingen. Doch der Totalunterbruch, den sie nun zwischen Bern und Freiburg planen, hat eine andere Dimension. Vom 27. Juni bis zum 25. August fahren auf diesem wichtigen Abschnitt der Ost-West-Achse keine Züge mehr. Rund 33 000 Kundinnen und Kunden pro Tag sind betroffen. Der Grund ist unter anderem, dass die SBB die Fahrbahn zwischen Flamatt und Bern Bümpliz erneuern und in Schmitten den Bahnhof umbauen. Die Kosten belaufen sich auf 90 Millionen Franken.
Die Totalsperre habe viele Vorteile, sagten Vertreter der SBB am Freitag vor den Medien in Freiburg. So könnten die Bauarbeiten gebündelt und effizienter durchgeführt werden. Das erlaube es, die negativen Auswirkungen auf Reisende und Anwohner auf zwei Monate zu beschränken. «Wir führen die Bauarbeiten bewusst in den Sommermonaten aus, wenn die Nachfrage geringer ist», sagte Michael Berchtold, der Leiter der SBB-Region Mitte. Ohne Unterbruch würden die Arbeiten drei Jahre dauern. Zwischen Bern und Freiburg verkehren während der betroffenen Zeit Ersatzbusse.
Längere Fahrzeiten, mehr Umsteigen
Die Totalsperre hat auch für den Fernverkehr Folgen: Die IC-Züge von St. Gallen nach Genf fallen zwischen Bern und Freiburg aus, wie auch die IR-Züge von Luzern. Zwischen Zürich und Genf, den zwei grössten Schweizer Städten, verkehren während zweier Monate keine direkten Züge mehr. Denn im Dezember haben die SBB in der Westschweiz einen stark angepassten Fahrplan eingeführt, um die Pünktlichkeit zu erhöhen und Bauarbeiten durchzuführen. Die Züge von Zürich über die Jurasüdfusslinie via Biel/Neuenburg (IC 5) verkehren seither alle nach Lausanne. Reisende nach Genf müssen im Vorstadtbahnhof Renens umsteigen und eine rund zwanzig Minuten längere Fahrzeit in Kauf nehmen.
Genf ist auch eine Drehscheibe für den Fernverkehr nach Südfrankreich und Spanien, gerade während der Ferienzeit. Die noch längeren Fahrzeiten und das zusätzliche Umsteigen machen die Bahn gegenüber dem Flugzeug nicht attraktiver.
Zürich werde jedoch nicht abgehängt, sagte David Fattebert, der Leiter der SBB-Region West. Er verwies auf die Strecke über Basel und Mülhausen. Diese ist dank den TGV-Zügen von Strassburg nach Lyon und weiter nach Marseille, Montpellier oder Nantes ohnehin schneller als die Verbindung über Genf. Zudem verkehrt im Sommer ab Lausanne ein direkter TGV nach Marseille.
Gross sind die Folgen auch für die vielen Pendler aus dem Kanton Freiburg. Die SBB und die BLS setzen auf der Strecke nach Bern im Fern- und im Regionalverkehr Doppelstockzüge ein, die eine hohe Kapazität haben. Pro Zug sehen die SBB deshalb fünf Ersatzbusse vor, wenn nötig auch mehr. Um im Fernverkehr mehr Komfort zu bieten, sollen zudem möglichst viele Cars zum Einsatz kommen, sagte Fattebert. Die Direktbusse, die die schnellsten Züge ersetzen, verkehren alle zehn Minuten. Die Fahrzeit verlängert sich um eine halbe Stunde.
Reisenden zwischen der West- und der Deutschschweiz empfehlen die SBB, über die Jurasüdfussstrecke zu fahren. Die IC-Züge zwischen Lausanne und Zürich/Rorschach via Biel sollen den ganzen Tag mit zwei Neigezügen verkehren. Zudem setzen die SBB in den Hauptverkehrszeiten am Morgen und am Abend zwischen Neuenburg und Lausanne zusätzliche Züge ein.
Keine deutschen Verhältnisse
Die SBB verteidigen ihr Vorgehen. In der Westschweiz komme ein grosser Teil der Bahninfrastruktur ans Ende der Lebensdauer, insbesondere auf stark frequentierten Linien wie Genf–Bern. «Palliative Massnahmen reichen nicht mehr», formulierte es Fattebert.
Westschweizer Politiker zeigen für die SBB Verständnis. Der Totalunterbruch zwischen Bern und Freiburg sei bedauerlich, aber nötig, sagt der FDP-Fraktionschef und Neuenburger Nationalrat Damien Cottier. Er präsidiert den Verband Ouestrail, der sich für den Bahnausbau in der Romandie einsetzt. «Nun sehen auch die Deutschschweizer konkret das Problem, dass in der Westschweiz zu wenig in das Netz investiert worden ist.» Die SBB müssten die direkten IC-Züge von Zürich über die Jurasüdfusslinie nach Genf so schnell wie möglich wieder einführen.
Das strebten auch die SBB an, sagte Fattebert, ohne einen Zeitpunkt zu nennen. Zumindest zu den Spitzenzeiten bieten die Bundesbahnen einige Direktzüge zwischen Neuenburg und Genf an. Zudem haben sie auf Forderungen aus der Westschweiz reagiert: Seit einigen Wochen erfolgt der Anschluss von Genf nach Biel und Zürich in Renens teilweise am selben Perron. Das ist wegen der Gleisanlagen und des Güterverkehrs herausfordernd. Gemäss Fattebert werden die Anschlüsse in den meisten Fällen eingehalten.
Der Totalunterbruch zwischen Bern und Freiburg wird nicht der letzte bleiben. Auch auf der Neubaustrecke Mattstetten–Rothrist stehen bald grössere Bauarbeiten an. Trotzdem drohen in der Schweiz keine deutschen Verhältnisse, mit regelmässigen langen Sperrungen für Sanierungen. «Wir überlegen jedes Mal, was die beste Methode ist», sagte Fattebert. Dabei helfe, dass die SBB den Unterhalt nicht vernachlässigt hätten.