Freitag, Januar 31

Als erste grosse Fussballliga startet die DFL ein Pilotprojekt. Davon erhofft sich die Liga mehr Akzeptanz für den VAR.

Am Wochenende wird die Fussball-Bundesliga eine Premiere erleben: In vier Stadien der ersten und einem Stadion der zweiten Bundesliga werden die Schiedsrichter ihre Entscheidungen nach einem Einsatz des Videoassistenten (VAR) dem Publikum per Durchsage kommunizieren. Ein Schritt, von dem sich die Deutsche Fussballliga (DFL) mehr Transparenz bei der Entscheidungsfindung erhofft, wie Alex Feuerherdt, der Sprecher der DFB Schiri GmbH, sagt.

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Feuerherdt ist eine Koryphäe, wenn es um Schiedsrichter in Deutschland geht. Er selbst verfügt über die Lizenz und ist in der Schiedsrichterausbildung tätig. Einst diskutierte er im Podcast «Collinas Erben», benannt nach dem legendären italienischen Schiedsrichter, zur Sache der Unparteiischen – eine Arbeit, die ihm auch den Respekt der Bundesliga-Schiedsrichter einbrachte. Als der VAR 2017 eingeführt wurde, sah Feuerherdt dem Ereignis mit grossen Erwartungen entgegen: «Ich dachte anfangs: Wir werden dann gar nicht mehr über Fehler diskutieren. Denn die werden ja rausgefiltert. Heute muss ich selber darüber lachen.»

Die Kritik am bisherigen System ist gross

Inzwischen überwiegt nicht nur bei ihm die Erkenntnis, dass das Verfahren seine Tücken hat. Fehler ereignen sich nach wie vor, was umso schwerer wiegt, da gerade die Kontrollinstanz diese doch vermeiden sollte. Auch sorgte die Dauer von der Entscheidung bis zur Verkündung der Entscheidung immer wieder für Irritationen.

Einer, der dies öffentlich thematisierte, ist Hans-Joachim Watzke, der Geschäftsführer von Borussia Dortmund. Auf einer Jahreshauptversammlung des Klubs sagte er: «Das killt relativ viele Emotionen. Wenn der VAR eine Zukunft haben will, dann müssen wir das besser in den Griff kriegen. Das ist ganz klar, weil der Fussball von Emotionen lebt.»

Ein weiterer Umstand, der immer wieder auf Kritik stiess, betraf die Kommunikation im Stadion. «Die Zuschauer im Stadion sehen ja nicht das, was die Zuschauer am Fernsehen sehen», sagt Feuerherdt. Es gehe darum, diese Erkenntnislücke zu schliessen.

Es wird schon länger darüber nachgedacht, für mehr Verständnis zu werben und dem Publikum im Stadion die Entscheide zu kommunizieren. Als Vorbild dienen die amerikanischen Profiligen, die dies in relativ reibungsloser Prozedur Woche für Woche vorführen. Auch bei der Frauen-Weltmeisterschaft kam dieses Verfahren zum Einsatz, ebenso in der australischen Liga.

Pilotphase bis zum Saisonende

Konkret wird dies so aussehen: Der Schiedsrichter wendet sich nur nach einer Überprüfung am Monitor oder der Revision einer Tatsachenentscheidung wie Abseits an das Publikum. Er soll zur Haupttribüne sprechen und dem Publikum erklären, um welche Szene es geht, was die Ursache für das Einschreiten des VAR war und welches Urteil gefällt wird. Die Erklärung des Schiedsrichters wird auch am Fernsehen zu hören sein.

Es ist ein durchaus komplexer Vorgang. Der Schiedsrichter kann dem Publikum das Urteil über sein Headset kommunizieren. Mit diesem hält er ohnehin Kontakt zu seinen Assistenten und auch zum sogenannten Kölner Keller, in dem die Videoüberprüfung stattfindet.

Die Bundesliga ist die erste grosse Fussballliga, die sich einem solchen Projekt verschreibt. Es handelt sich um eine befristete Pilotphase bis zum Saisonende. Am Wochenende kommt das Verfahren bei den Erstligapartien Bayern München gegen Kiel, St. Pauli gegen den FC Augsburg, Frankfurt gegen Wolfsburg, Leverkusen gegen Hoffenheim und in der zweiten Bundesliga bei Düsseldorf gegen Ulm zum Einsatz.

Dass das Projekt während der Pilotphase nur in neun Stadien läuft, hat damit zu tun, dass es die Spielorte jener Klubs sind, die Mitglieder der Fussballkommission der DFL sind: Leverkusen, Bayern München, Dortmund, Frankfurt, Freiburg, St. Pauli, Leipzig, Düsseldorf und Greuther Fürth.

Einige Schiedsrichter hatten Bedenken

Unter den Schiedsrichtern, so Feuerherdt, sei die Neuerung durchaus positiv aufgenommen worden. Probedurchläufe hat es im Trainingslager im Winter in Portugal gegeben. Allerdings hatten manche Sorge, dass es nicht auf Anhieb gelingen werde, ohne Panne zu kommunizieren: «Einige Schiedsrichter sagten: ‹Eine super Idee, aber hinterher verhaspele ich mich›», sagt Feuerherdt.

Letztlich aber überwiegt die Überzeugung, dass es wichtiger sei, die Akzeptanz zu verbessern. Es gehe vor allem darum, sich gegenüber der Kritik, die in den vergangenen Jahren seit der Einführung des VAR immer wieder geäussert worden sei, «nicht taub zu stellen», sagt Feuerherdt.

In gewisser Weise wirkt die Variante typisch deutsch. Eine Methode, der auch nach einigen Jahren noch mit Skepsis begegnet wird, soll legitimiert werden, indem man sie besser erklärt. «Mitnehmen» und «einordnen» sind vertraute Vokabeln, wenn es um ein solches Prozedere geht. Im Grunde ist eines klar: Es ist ein rein kommunikativer Akt.

Die Qualität der Entscheidungen wird davon nicht berührt sein. Die Frage, ob dies der letzte Versuch sei, um Verständnis für den VAR zu werben, bevor dieser abgeschafft werde, verneint Feuerherdt ausdrücklich.

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