Mittwoch, Oktober 9

Das VBS stimmt zu, den Liefertermin für Panzerabwehrwaffen mit Deutschland abzutauschen. Die Waffen sollen an die Ukraine weitergegeben werden. Ist dieser Tausch neutralitätskonform?

Das Verteidigungsdepartement (VBS) hat einer deutschen Anfrage zugestimmt, die Liefertermine für einen Teil der schultergestützten Panzerabwehrlenkwaffe RGW90 abzutauschen. Dies sei mit der Neutralität vereinbar, der Bundesrat wurde informiert.

Die Schweiz hat den Kauf von mobilen Panzerabwehrlenkwaffen RGW90 des deutschen Herstellers Dynamit Nobel Defence GmbH im Rüstungsprogramm 2016 beschlossen. Die drei Tranchen sollten dieses und nächstes Jahr geliefert werden. Die ersten zwei Lieferungen sind planmässig erfolgt, und das System konnte in der Truppe eingeführt werden.

Der letzte Liefertermin wird nun mit Deutschland abgetauscht, das heisst, Deutschland erhält die Lieferung vor der Schweiz. Berlin plant die Waffen an die Ukraine weiterzugeben. Durch den Abtausch wird die letzte Tranche deshalb ein Jahr später als geplant in der Schweiz ankommen, ungefähr 2026.

Dieser Tausch wirft die Frage auf, ob er mit der Neutralität der Schweiz vereinbar ist. Das Bundesamt für Rüstung Armasuisse schreibt deshalb vorsorglich in seiner Mitteilung, dass der Lieferzeitpunkt in der Kompetenz des VBS liege und dass der Abtausch mit der Neutralität vereinbar sei.

Die Systeme werden sich zu keinem Zeitpunkt in der Schweiz befinden, weswegen sie nicht unter die Ausfuhrbestimmungen des Kriegsmaterialgesetzes fallen. Dieses verbietet einen Export von Kriegsmaterial in Kriegsgebiete grundsätzlich.

Die Schweiz tauscht zum zweiten Mal

Es ist nicht das erste Mal, dass das VBS so einem Abtausch zustimmt. Im Juni 2022 wurde ein Liefertermin für schultergestützte Mehrzweckwaffen des Typs NLAW («Next Generation Light Anti-Tank Weapon») an Grossbritannien abgetreten. Diese Waffen werden für mittlere und grössere Distanzen eingesetzt, um gegnerische Panzer und Stellungen zu bekämpfen. Grossbritannien hatte einen Teil dieser Waffen an die Ukraine geliefert, weswegen es die eigenen Bestände wieder aufstocken wollte.

Das VBS stimmte zu, eine von zwei Lieferungen an die Briten abzutreten. Es sei aus militärischer Sicht «gut verkraftbar», schrieb Armasuisse in seiner Mitteilung von damals, da die Schweizer Armee über weitere Waffensysteme zur Panzerabwehr verfüge. Die Ausbildung der Truppe könne ausserdem mit der planmässigen Lieferung und Simulatoren begonnen werden.

Armasuisse schreibt in der neusten Mitteilung, dass solche Anfragen der Schweiz die Gelegenheit böten, «ihre wichtigen Partner punktuell zu unterstützen, dies innerhalb der Neutralität und ohne Auswirkungen auf die Einführung der Waffensysteme». Die Schweiz unterstreiche damit ihre Absicht, die internationale sicherheitspolitische Zusammenarbeit zu stärken.

Parlament ringt um Lösung beim Kriegsmaterialgesetz

Das Schweizer Kriegsmaterialgesetz hat bei Partnerländern immer wieder für Unmut gesorgt seit dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022. Beispielsweise durfte Deutschland keine Munition aus Schweizer Produktion für den Gepard-Panzer an die Ukraine liefern, Dänemark keine Radschützenpanzer aus der Schweiz und Spanien keine Flugabwehrkanonen. Seit bald zwei Jahren beschäftigt sich das Parlament mit gesetzlichen Möglichkeiten, um trotz der Schweizer Neutralität in Ausnahmefällen Waffenlieferungen an Kriegsparteien zu ermöglichen. Bis jetzt scheiterten fast alle Vorstösse.

Noch hängig ist eine parlamentarische Initiative, die verlangt, dass das Kriegsmaterialgesetz angepasst wird. Staaten mit ähnlichen Werten wie die Schweiz sollen Kriegsmaterial nach einer Frist von fünf Jahren weitergeben dürfen.

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