Eine Analyse in fünf Grafiken.

Mitten in der Innerschweizer Bergidylle lädt die Schweiz an diesem Wochenende zur «hochrangigen Konferenz zum Frieden in der Ukraine». Delegationen aus 92 Ländern und Vertreter von acht internationalen Organisationen werden erwartet. 4000 Armeeangehörige und unzählige Polizisten sind im Einsatz, um die Sicherheit der anreisenden Polit-Elite zu gewährleisten. Das Wochenende kostet die Schweiz rund 15 Millionen Franken, 1,6 Millionen soll der Bund allein für Kost und Logis im Luxusresort auf dem Innerschweizer Berg ausgeben.

Das Bild, das die Schweiz damit vermitteln will, ist klar: Um der kriegsversehrten Ukraine den Frieden zu bringen, scheut das Land keinen Aufwand. Doch das Bild trügt: Seit Kriegsbeginn im Februar 2022 hat die Schweiz trotz ihrer beträchtlichen Wirtschaftskraft nur begrenzte Unterstützung für die Ukraine geleistet.

Das zeigt das internationale Ranking der Ukraine-Helfer, das vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) erstellt wird. Wer die Schweiz dort finden möchte, muss in der Statistik länger suchen. Das Land rangiert gemessen an seiner Wirtschaftskraft auf Platz 34 von 39 Geberländern.

Die Schweiz schneidet schlecht ab

Bilaterale Zusagen sowie der Anteil an EU-Hilfen der 39 tatkräftigsten Länder, gemessen an ihrer Wirtschaftskraft, in Prozent

Andere sprechen Milliarden, die Schweiz Millionen

Bis Ende April hat die Schweiz der Ukraine Unterstützungsleistungen im Wert von rund 790 Millionen Franken zugesagt. Damit liegt das Land deutlich hinter tatkräftigen Unterstützern wie den USA, Deutschland oder Grossbritannien zurück. Diese unterstützen die Ukraine mit Hilfen in Milliardenhöhe. Die Schweiz leistet aber auch weniger als kleinere Länder wie Dänemark, die Niederlande oder Belgien.

In absoluten Zahlen rangiert die Schweiz im Mittelfeld der Geberländer

Bilaterale Direkthilfe der EU und der 29 tatkräftigsten Länder, in Milliarden Franken

Allerdings gewährt die Schweiz im Gegensatz zu den meisten Geberländern als neutrales Land keine Militärhilfe. Teure Waffensysteme oder dringend benötigten Munitionsnachschub, die positiv zu Buche schlagen könnten, liefert die Eidgenossenschaft also nicht.

Das Aussendepartement (EDA) betont, dass sich die Schweiz stattdessen auf die humanitäre Unterstützung des kriegsversehrten Landes konzentriere. Tatsächlich bestand der grösste Teil der bisherigen Ukraine-Hilfe, etwa 560 Millionen Franken, aus humanitärer Unterstützung. Ein Blick auf die vom Bund getätigten Zusagen zeigt, dass die Schweiz vor allem im ersten Kriegswinter regelmässig Hilfsgüter schickte, darunter Winterkleider, Generatoren, Heizkörper und medizinische Vorräte. Danach tätigte Bern lange keine grösseren, handfesten Zusagen mehr. Im September 2023 sprach der Bund dann 100 Millionen Franken für die humanitäre Minenräumung, weitere Hilfszusagen fielen seither aber deutlich geringer aus.

Die Schweizer Ukraine-Hilfen erlebten am Ende des ersten Kriegsjahres ihren Höhepunkt, nahmen danach aber ab

Bilaterale Direkthilfe der Schweiz an die Ukraine seit Kriegsbeginn im Februar 2022, in Millionen Franken

Zwar kündigte der Bundesrat im April an, die Ukraine bis 2036 mit zusätzlichen 5 Milliarden Franken zu unterstützen. Eine erste Tranche von 1,5 Milliarden soll aber erst 2025 ausgezahlt werden. Zudem ist die Finanzierung des Pakets noch nicht geklärt.

Selbst bei der humanitären Hilfe wird die Schweiz überholt

Auf Kritik, dass die wohlhabende Schweiz, die sich gerne ihrer humanitären Tradition rühmt, mehr für die Ukraine leisten sollte, wird in Bundesbern gern entgegnet, dass die Schweiz abgesehen von der Militärhilfe zu den grössten Unterstützern der Ukraine gehöre. Für die humanitären Direkthilfen mag das stimmen. Allein die USA, Deutschland und Japan leisten in absoluten Zahlen mehr bilaterale humanitäre Hilfe als die Schweiz.

Doch dieses Bild ist unvollständig. Abgesehen von den USA ist die grösste Unterstützerin der Ukraine die Europäische Union. Der Staatenbund sagte dem kriegsversehrten Land bis Ende April über 35 Milliarden Franken an humanitärer und wirtschaftlicher Hilfe zu. Neben der Lieferung von Hilfsgütern gewährt die EU der Ukraine regelmässig Kredite. Die schnell zur Verfügung gestellten Gelder fliessen nicht nur in Reparaturarbeiten an beschädigter Infrastruktur, sondern sichern auch die Finanzierung von Sozialversicherungen, Spitälern, Schulen und anderen staatlichen Dienstleistungen. Die Milliarden dafür stammen aus den Mitgliedsländern der EU, die jeweils entsprechend ihrer Wirtschaftskraft einen Teil der Kosten tragen.

Addiert man die EU-Beiträge zu den bilateralen Direkthilfen der Länder, rutscht die Schweiz als Nicht-EU-Land schnell aus der Spitzengruppe ins Mittelfeld ab. So leistet das Land beispielsweise weniger nichtmilitärische Hilfe als das ebenfalls neutrale Österreich und nur wenig mehr als Irland, das auch neutral ist.

Selbst ohne Militärhilfen bleibt die Schweiz im Mittelfeld der Geberländer

Humanitäre und wirtschaftliche Direkthilfe sowie der Anteil an den EU-Hilfen der 30 tatkräftigsten Länder, in Milliarden Franken

Wirtschaftliche Direkthilfen

Die Schweiz ist auch bei der Flüchtlingsaufnahme Mittelmass

Die Schweiz knackt die Milliardengrenze für die Ukraine nur in einem Bereich: bei den Ausgaben für die erleichterte Aufnahme und Unterstützung von ukrainischen Flüchtlingen in der Schweiz. Über 2,5 Milliarden Franken hat der Bund seit Kriegsbeginn 2022 beispielsweise für Unterstützungsleistungen an die Kantone oder zusätzliche Verwaltungskosten ausgegeben.

In der Schweiz sind rund 65 000 Personen mit dem Schutzstatus S registriert, der für ukrainische Flüchtlinge gilt. Länder wie Deutschland, Polen, Tschechien, die baltischen Staaten sowie Irland, Island und Zypern haben gemessen an ihrer Einwohnerzahl mehr Flüchtlinge aufgenommen. Die Schweiz bleibt damit auch bei der Aufnahme von Flüchtlingen nur internationales Mittelmass.

Exit mobile version