Samstag, Oktober 5

Das Nationalteam hat trotz dem Ausscheiden im Viertelfinal vieles richtig gemacht. Unklar ist, wie es mit dem Coach Murat Yakin weitergeht.

Die Tränen schienen in Strömen zu fliessen bei den Schweizern. Ein Penaltyschiessen bedeutet immer auch ein Stück Lotterie. Und das Nationalteam hatte am Samstag das schlechtere Ende gegen eine englische Mannschaft, die in der Verlängerung fast nichts mehr unternommen hatte. Die Schweizer hatten die eine oder andere Gelegenheit verpasst. Doch das Märchen, das sie weiterschreiben wollten, endete jäh und abrupt. «Penaltyschiessen ist auch Glückssache», sagte der Trainer Murat Yakin nach dem Spiel, «es tut mir leid für die Mannschaft, dass wir nicht weitergekommen sind.»

Der Viertelfinal in Düsseldorf ist die Endstation für eine Schweizer Nationalmannschaft, die eine bedeutende Chance verpasst hat auf einen Exploit: die Qualifikation für einen Halbfinal an einem grossen Turnier und vielleicht noch mehr. Damit kommen die Schweizer nicht über das bisher beste Turnierergebnis hinaus; wie schon 2021 scheitern sie in der Runde der besten acht europäischen Teams und wie schon 2021 erst im Penaltyschiessen. Doch die Art und Weise, wie sich das Team von Murat Yakin 2024 präsentiert hat, ist trotz dem Schweizer Tränenmeer bemerkenswert.

Chance nicht gepackt

Die Generation um den Captain Granit Xhaka wollte zwar die Grenzen verschieben und Geschichte schreiben für das kleine Fussballland. Das haben die Schweizer nicht geschafft gegen die Fussballgrossmacht England, die als Turnierfavorit nach Deutschland gereist war und auch gegen die Schweiz noch nicht in grosser Form aufgetreten ist. Doch die Engländer wirkten immerhin stark verbessert gegenüber den enttäuschenden Darbietungen in der Gruppenphase und dem glücklichen Weiterkommen gegen die Slowakei.

Das ist vielleicht der einzige Vorwurf, den sich die Schweizer gefallen lassen müssen: Sie packten die Chance gegen einen alles andere als übermächtigen Gegner zu wenig entschlossen, um für den Schweizer Fussball Sporthistorisches zu erreichen. Vieles an diesem Turnier haben die Schweizer richtig gemacht und gegen Deutschland beim 1:1 sowie mit dem 2:0 gegen Italien im Achtelfinal gezeigt, dass sie reifer und erfahrener geworden sind. Vor allem aber wirkte die Mannschaft am Turnier fokussiert und zeigte einen optimistischen, freudvollen Fussball. Sie hat die Menschen in der Schweiz hinter sich gebracht, ohne Diskussionen und Bedenken.

Zur Erinnerung: Das war an den vorangegangenen Turnieren meist anders. Fast drei Jahre ist es her, dass die Schweizer an einem ähnlichen Punkt standen wie am Samstag in Düsseldorf. Spanien hiess damals in Sankt Petersburg der EM-Viertelfinalgegner in der Gazprom-Arena. Die Schweizer hatten sich gegen Frankreich im Penaltyschiessen qualifiziert, nachdem sie einen 1:3-Rückstand aufgeholt hatten. Zwar schied die Mannschaft unter Murat Yakins Vorgänger Vladimir Petkovic erst nach dem verlorenen Penaltyschiessen aus, doch die Schweizer hatten einen wilden Parcours hinter sich mit der 0:3-Blamage gegen Italien und einem durchzogenen Startspiel gegen Wales. Dazu kam die Debatte über gefärbte Haare und das Gehabe von überbezahlten Nationalspielern, die nur mit der Wut im Bauch Leistung bringen können.

Zukunft von Yakin ist offen

Das gelungene Turnier in Deutschland hat zwar nicht die Grenzen verschoben, aber es hat die Mannschaft und vor allem den Trainer für den Affären-umtosten Auftritt an der WM in Katar rehabilitiert. Murat Yakin und mit ihm Staff und Spieler haben nach der qualvollen EM-Qualifikation die richtigen Schlüsse gezogen, um an der EM in Deutschland auf ihr bestes Niveau zu kommen. Yakin blieb ruhig, vertraute auf seine Intuition und traf Entscheide, deren Logik sich im Verlauf des Turniers zu offenbaren begannen.

«Wie wir zusammen gelebt haben, wie wir zusammen geträumt haben, das hat mich sehr gefreut», sagte Yakin, «ich glaube, wir können stolz sein auf das, was wir hier gezeigt haben.» Über seine Zukunft als Nationaltrainer wollte sich Yakin nicht festlegen. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt, sagte er, aber es habe ihm viel Spass gemacht, mit den Spielern zu arbeiten und wie sie seine Ideen umgesetzt haben.

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