Donnerstag, November 28

Die in London ansässige Schweizer Schmuckdesignerin spricht über ihre Anfänge, ihre Vorlieben für Farben und darüber, wie es ist, mit Basquiat ein Bild zu malen.

Cora Sheibani, wann haben Sie Ihre Passion für Schmuck entdeckt?

Ich habe Schmuck schon immer geliebt und bereits als Kind selbst gemacht. Es gab damals in Zürich einen Laden, «Schmuck-it-yourself», mit Perlen und Zubehör, diesen liebte ich heiss.

Wie beschreiben Sie Ihre heutigen Entwürfe?

Ich fertige Schmuck, den ich gerne trage. Ich wollte von Anfang an Echtschmuck von hoher Qualität entwerfen, der nicht offensichtlich teuer aussieht, dafür aber so stilvoll, fröhlich und tragbar wirkt wie Modeschmuck.

Sie beschreiben Ihre Entwürfe als «zeitbeständig». Was bedeutet das?

Sie sollen sich im Laufe der Zeit bewähren. Ich hasse das Wort «zeitlos» im Schmuckdesign. Das bedeutet, dass etwas aus keiner bestimmten Epoche stammt. Das ist uninteressant. Ich will Schmuck machen, der irgendwann «out of fashion» oder «démodé» ist. Denn wenn man das nicht riskiert, dann heisst das, dass die Entwürfe nie in Mode waren.

«Heute gibt es Leute, die Understatement in toller Qualität zu schätzen wissen.»Cora Sheibani, 2024

Wie war das, als Sie 2002 als Schmuckdesignerin starteten?

Ich wollte etwas Kreatives in Teilzeit von zu Hause machen, während ich eine junge Familie hatte. Ich war naiv und dachte, mein eigenes Schmucklabel würde gut funktionieren.

Was genau empfinden Sie denn heute als naiv?

Ich wollte mit den besten Goldschmieden und guten Materialien arbeiten. Das Verständnis dafür fehlte aber damals oft. Das hat sich heute verändert. Man kann etwa ein weisses T-Shirt für 250 Franken verkaufen. Das ging vor 25 Jahren nicht. Heute gibt es Leute, die Understatement in toller Qualität zu schätzen wissen.

Ihren Schmuck präsentieren Sie an sich selbst fotografiert – weshalb?

Weil ich anfangs kein Geld für Models hatte. Man macht, was man sich leisten kann und was einem zur Verfügung steht. Das Arbeiten mit den eigenen Grenzen macht einen dafür kreativer. Genauso hat es auch mein Vater getan, als er begann, seine Ausstellungen mit Motiven von der Schweiz zu bewerben, weil die Fotos der Werke, die ausgestellt werden sollten, nicht rechtzeitig zum Drucktermin parat waren.

Ist dieses pragmatische Denken gar eine Familientugend?

Ich glaube eher, dass wir ziemlich direkt sind.

Sie arbeiten seit 2001 mit dem Appenzeller Goldschmied Sebastian Fässler zusammen – wie kam es dazu?

Sebastian ist ein Familienfreund. Er arbeitet einfach in tollen Qualitäten, und er ist auch der Grund, weshalb ich weiterhin weitestgehend in der Schweiz pro­duziere. Er kennt mich schon so lange, und wir haben meist die gleichen Ideen. Ich arbeite aber auch gern mit Regula Kilchsperger. Mit einer Frau Ohrringe zu entwickeln, die wirklich weiss, was man gut und gerne trägt, macht Spass.

Kräftige Farben sind für Sie ein wichtiges Identitätsmerkmal.

Absolut. Ich bin eine «Farbperson». Ich bin mit Memphis-Möbeln von Ettore Sottsass und Michele De Lucchi in meinem Kinderzimmer aufgewachsen. Kräftige Farben waren also schon früh ein Teil meines Lebens und haben mich geprägt. Unser Haushalt war alles andere als beige in beige.

Ihre neue Kollektion ist nun voll subtiler Farben, mit grauen Akzenten . . .

Ja. Ich versuche, immer wieder etwas Neues auszuprobieren.

Nach vielen Kollektionen mit figurativen Motiven – Kuchen, Kakteen, Augen, Blumentöpfen – fällt die neue Kollektion auch durch geometrische Strenge mit quadratischen Steinen auf.

Ich mag Schmuckentwürfe mit Konzept. In der neuen Kollektion «Facets & Forms» geht es um das Lichtspiel verschiedener Edelsteinschliffe. Die Steine in den Stücken sind alle quadratisch, weisen aber vier bis zwölf verschiedene Schliffarten auf: mal ein «Buff-Top» ohne Facetten, mal ein «Princess»-Schliff, aber auch ein altmodischer «Portrait-Cut» oder eine Art flacher «French-Cut». Aber wissen Sie, alle diese Bezeichnungen sind in der Schmuckbranche nicht vereinheitlicht. Es ist verblüffend.

Haben Sie dabei auch neue Schliffarten für sich entdeckt?

Ja, eine flache Doppelpyramide namens «Context-Cut». Das Problem ist, dass man jeden Einschluss sieht, man kann also nur die beste Qualität von Steinen verwenden, was diese Schliffart viel kostspieliger macht.

Kann man zu viel Schmuck tragen?

Es gibt kein richtig oder falsch. Man hat mir schon gesagt, dass ich als Schmuckdesignerin viel mehr Schmuckstücke gleichzeitig tragen sollte. Nebst meinem Ehering trage ich etwa nie mehr als einen Ring an einer Hand. Das ist einfach nicht mein Stil.

Sie sind ein wandelndes Schmucklexikon – ein Tipp für Schmuckliebhaber?

Die Ex-«Vogue»-Schmuckredaktorin und Autorin Carol Woolton und ihr Podcast «If Jewels Could Talk» und «Gem X», ein «Jewelry Social Club».

Ihr Schmuck wird auch als widersprüchlich umschrieben – ein Wesenszug Ihrer Persönlichkeit?

Vielleicht. Meine Mutter sagte einmal: Wer will schon normal sein? Ich bin mit der Idee aufgewachsen, dass man beim Kreieren etwas Neues schaffen wolle. Aber die Tatsache, etwas zu schaffen, was es noch nicht gibt, ist ja schon ein Widerspruch. Ich bin glücklich, der Norm zu widersprechen.

Zum Abschluss eine Anekdote aus der Kindheit: Sie haben mit Jean-Michel Basquiat zusammen ein Bild gemalt – wie war das?

Als Vierjährige fand ich, dass er so viel besser malen konnte als ich. Für mich malte er überhaupt nicht kindlich.

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