Samstag, Oktober 5

Axa Schweiz kehrt in den Versicherungsverband zurück. Die Branche hält sich in wirtschaftspolitischen Fragen aber immer noch zu oft zurück. Dies muss sich ändern.

Die Schweizer Versicherungsbranche feiert die Rückkehr einer verlorenen Tochter. Axa Schweiz tritt dem Schweizerischen Versicherungsverband (SVV) auf Anfang nächsten Jahres wieder bei, nachdem sie ihn Ende 2020 verlassen hatte.

Damals sollen unter anderem Meinungsverschiedenheiten über den EU-Rahmenvertrag zum Austritt von Axa Schweiz geführt haben. Der damalige SVV-Präsident Rolf Dörig polarisierte innerhalb des Verbandes. Er nahm kein Blatt vor den Mund, sprach gerne Klartext zu Themen wie Europa und der Zuwanderung in die Schweiz und ist mittlerweile der SVP beigetreten. Axa Schweiz ist hingegen die Tochtergesellschaft eines französischen Konzerns, allein dadurch waren Meinungsverschiedenheiten programmiert.

Versicherer sprechen wieder mit einer Stimme

Nach der Übergabe des SVV-Präsidiums von Dörig an Stefan Mäder Mitte 2023 war der Weg nun frei für die Rückkehr von Axa Schweiz in den Verband. Diese ist zu begrüssen, denn dadurch spricht die Schweizer Versicherungswirtschaft wieder mit einer Stimme. Der Branche hat es in den vergangenen Jahren nicht geholfen, dass Politiker und Behördenvertreter separate Gespräche mit dem Verband sowie mit Axa Schweiz führen mussten.

Das ist aber nicht der einzige Grund, weshalb die Branche trotz ihrer enormen Grösse in der Öffentlichkeit oftmals wenig wahrgenommen wird. Vor allem in der Wirtschaftspolitik ist der Verband im Vergleich etwa mit der Bankiervereinigung kaum sichtbar – und das muss sich ändern.

Der Wiedereintritt von Axa Schweiz in den Verband bietet eine gute Gelegenheit dafür, dieses Problem anzugehen. Doch von allein wird dies nicht passieren. Vielmehr ist ein Umdenken an der Verbandsspitze nötig. Für die Schweizer Wirtschaft ist es wichtig, dass ihre Branchenverbände sich den Vorstellungen der Gewerkschaften geeint entgegenstellen – zumal wenn diese nach gewonnenen Abstimmungen Oberwasser haben.

Die Schweizer Versicherungswirtschaft sollte dabei als wichtige Stimme gehört werden: Der Versicherungssektor erzielte 2022 eine Bruttowertschöpfung von 26,6 Milliarden Franken und weist 51 000 Vollzeitstellen auf, wie Zahlen des Wirtschaftsforschungsinstituts BAK Economics zeigen.

Trotz dieser Grösse war von den Versicherungen in manchen wirtschaftspolitischen Fragen in den vergangenen Jahren wenig zu hören. Dies gilt beispielsweise für die Frage der Beziehungen der Schweiz zur EU. Der Verband ist hier ein gebranntes Kind – hatten die Diskussionen über dieses Thema doch nicht zuletzt dazu geführt, dass sich Axa Schweiz und der SVV auseinandergelebt hatten.

Viele Versicherungsmanager scheuen auch geradezu das Licht der Öffentlichkeit und betonen, dass sie lieber im Stillen seriöse Arbeit leisten und Skandale wie im Bankensektor vermeiden wollten. Das ist löblich – es macht es aber auch schwerer, den Nutzen der Versicherer für die Volkswirtschaft aufzuzeigen, wenn man wenig bekannt ist.

Die Fehlinformationen zu wenig gekontert

Immerhin hat der SVV bei den diesjährigen Abstimmungen zur Altersvorsorge klar Position bezogen. Doch selbst bei diesem Kernthema könnte er noch angriffiger agieren. Der Abstimmungskampf zur BVG-Reform hat gezeigt, dass die Gegenseite nicht davor zurückschreckt, Fehlinformationen zu verbreiten, um etwa die Pensionskassen zu diskreditieren. Dem ist scharf entgegenzuwirken.

Zudem könnten die Versicherer mehr dazu beitragen, den Menschen in der Schweiz das Drei-Säulen-System und vor allem die unter Druck stehende berufliche Vorsorge zu erklären. In Sachen Altersvorsorge ist der Aufklärungsbedarf in der Schweizer Bevölkerung weiterhin gross.

Angriffiger werden, näher bei den Leuten sein und die Finanzbildung der Bevölkerung verbessern: Für die Schweizer Versicherer gäbe es also viel zu tun. Dass sie dabei in Zukunft wieder vereint marschieren, kann nur von Vorteil sein.

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