Sonntag, September 29

Deutschland zählt zu den wichtigsten Handelspartnern der Schweiz. Doch die Verflechtung hat deutlich abgenommen. Ein anderes Land ist dafür umso wichtiger geworden, wie eine Datenanalyse zeigt.

«Wenn Deutschland die Grippe hat, hustet die Schweiz.» Dieses Sprichwort besagt, dass die Schweiz leidet, wenn Deutschlands Wirtschaft schwächelt. Das liegt an der engen wirtschaftlichen Beziehung. 2023 gingen 15,5 Prozent aller Schweizer Exporte nach Deutschland. Bei den Importen in die Schweiz beträgt der deutsche Anteil sogar ein Viertel.

Deutschlands Wirtschaft ist in der letzten Zeit eingebrochen. 2023 schrumpfte die Wirtschaftsleistung um 0,3 Prozent. Im ersten Quartal 2024 wuchs das Bruttoinlandprodukt nur leicht um 0,2 Prozent. Damit ist Deutschland das Schlusslicht der grossen Industrieländer.

Das Schweizer Bruttoinlandprodukt stieg im ersten Quartal ebenfalls nur schwach. Anders als Deutschland legte die Wirtschaft aber im Vorjahr um 1,3 Prozent zu. Auch 2024 dürfte die Schweizer Wirtschaft leicht wachsen.

Warum entwickelt sich die Schweizer Wirtschaft robust, obwohl die des Nachbarlandes schwächelt?

Zum einen ist die Schweiz besser durch die Corona- und die Energiekrise gekommen. Die Preissteigerungen waren deutlich geringer als in Deutschland, und die Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften ist höher. Beides befeuert wiederum den inländischen Konsum.

Die USA sind der wichtigste Exportpartner

Zum anderen hat die Bedeutung Deutschlands als Handelspartner im langjährigen Vergleich abgenommen. Schweizer Firmen verdienen vermehrt Geld mit Exporten in die USA. Diese haben Deutschland 2021 erstmals als wichtigstes Exportland abgelöst. Mittlerweile stehen sie für fast 18 Prozent des Schweizer Exportwerts.

Im Jahr 2023 verkauften Schweizer Unternehmen Waren im Wert von 48,8 Milliarden Franken in die USA. Deutschland ist mit 42,6 Milliarden Franken aber immer noch die zweitwichtigste Destination – und das mit grossem Abstand. Das drittwichtigste Exportland, Italien, kommt nur auf die Hälfte des Werts der Waren, die nach Deutschland gehen.

Ein wichtiger Grund für die Verschiebung bei den Exportländern sind die Pharma-Exporte. Deren Anteil ist in den letzten dreissig Jahren kräftig gewachsen. Sie machen mittlerweile ein Drittel des Schweizer Exportwerts aus. Das wichtigste Exportland für Pharmagüter sind die USA.

Das ging auf Kosten der Ausfuhren von Maschinen, die vor allem nach Deutschland gehen. Deren Anteil am gesamten Schweizer Exportwert ist deutlich gefallen. Seit einigen Jahren ist ausserdem der Wert der Exporte von Uhren und von Produkten der organischen Chemie höher als jener von Maschinen.

Die meisten Waren kommen aus Deutschland

Anders bei den Importen: Hier bleibt Deutschland unangefochten das wichtigste Partnerland. 2023 führte die Schweiz Waren aus Deutschland im Wert von 56,3 Milliarden Franken ein. An zweiter Stelle kommt Italien. Von dort importierte die Schweiz Produkte im Wert von 23,1 Milliarden Franken.

Zwar ist auch der Anteil deutscher Einfuhren in den letzten dreissig Jahren deutlich geschrumpft. Deutsche Produkte sind wertmässig aber immer noch mehr als doppelt so wichtig wie italienische Importe und dreimal so wichtig wie Waren aus Frankreich und China. Die USA spielen als Herkunftsland eine vergleichsweise geringe Rolle.

Pharmazeutische Produkte sind mittlerweile auch das wichtigste Importgut der Schweiz. Sie stehen für ein Viertel des Werts der eingeführten Produkte. Vor dreissig Jahren waren es nur 3 Prozent. Weitere wichtige Importgüter sind Maschinen, Fahrzeuge, elektrische Geräte und Treibstoffe. Auch bei den Importen hat die Bedeutung von Maschinen relativ betrachtet abgenommen. Sie kommen aber immer noch an zweiter Stelle mit einem Importanteil von 9 Prozent.

Deutsche Pharma, Maschinen und Autos gehen in die Schweiz

Anders als bei den Exporten, wo die USA als Hauptmarkt für Pharmaprodukte hervorstechen, ist bei den pharmazeutischen Importen Deutschland das wichtigste Herkunftsland. 18 Prozent der importierten Pharmaprodukte kommen aus dem Nachbarland. Bei Maschinen ist die Dominanz Deutschlands noch ausgeprägter. Hier beträgt Deutschlands Importanteil mehr als ein Drittel, für Autos ist er noch höher.

Obwohl bei den Importen Deutschland immer noch eine äusserst wichtige Rolle spielt, zeigt sich, dass zum Beispiel mittlerweile die meisten elektrischen Geräte aus China kommen. Vor dreissig Jahren wurde dieser Markt ebenfalls von deutschen Produkten bestimmt.

Die deutsche Wachstumsschwäche mag daher vor allem für die Schweizer Maschinenindustrie und die Automobilzulieferer problematisch sein, für die Deutschland immer noch das wichtigste Partnerland ist. Gesamtwirtschaftlich ist sie hingegen weniger schlimm. Die Exportländer haben sich längst diversifiziert, bei den Importländern ist die Bedeutung Deutschlands zumindest teilweise zurückgegangen.

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