Samstag, Januar 4

Die Konjunktur kommt nicht richtig in Schwung. Der Schweizer Wirtschaft läuft es zwar besser als anderen Ländern – aber sie bleibt unter ihren Möglichkeiten.

Zum Jahresanfang knallen keine Champagnerkorken für die Schweizer Wirtschaft. Die Konjunktur hat sich jüngst eher eingetrübt, wie die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) zum Jahreswechsel festgehalten hat. Das KOF-Konjunkturbarometer sank im Dezember unter den langfristigen Durchschnittswert. Dies signalisiere, dass die Aussichten für die Schweizer Wirtschaft «eher verhalten» seien.

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Prognosen nach unten korrigiert

Eigentlich hatte man gehofft, dass sich die Wirtschaftslage vor allem in den europäischen Nachbarländern langsam aufhellen sollte und dies Schwung auch in die Schweiz brächte. Doch in wichtigen Absatzmärkten der Schweizer Exportwirtschaft, allen voran in Deutschland und Frankreich, läuft es immer noch harzig. Die KOF erwartet, dass die Konjunktur in Europa erst ab Mitte 2025 erstarken wird.

Das schlägt auf die Prognosen durch. Die KOF hat jüngst ihre Schätzungen für 2024 und 2025 leicht nach unten korrigiert. Dies haben ebenfalls die Ökonomen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) getan. Die Konjunkturbeobachter erwarten nun für das abgelaufene Jahr ein reales Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 0,9 Prozent. Im Jahr 2025 sollen es knapp 1,5 Prozent werden.

Damit steht die Schweiz zwar nicht schlecht da. Im internationalen Vergleich ist festzustellen, dass die Wirtschaft immerhin wächst. Im Nachbarland Deutschland kommt man seit zwei Jahren nicht vom Fleck, die Wirtschaft steht ständig am Rande einer Rezession. Damit würde kaum jemand in der Schweiz tauschen wollen.

Unter dem Wachstumspotenzial

Dennoch operiert auch die Schweizer Wirtschaft unter ihren Möglichkeiten. In normalen Zeiten ist sie zu einem realen BIP-Wachstum von 1,8 Prozent pro Jahr fähig – dies entspricht dem langjährigen Durchschnitt. Doch in letzter Zeit wurde dieser Wert nicht erreicht.

Nach einem ausgeprägten Nach-Corona-Boom sank das reale BIP-Wachstum bereits im Jahr 2023 auf nur noch 1,2 Prozent. Im Jahr 2024 könnte es knapp 1 Prozent geworden sein. Und auch 2025 dürfte mit den prognostizierten 1,5 Prozent der grosse Aufschwung ausbleiben. Mithin droht der Schweiz das dritte Jahr mit unterdurchschnittlichem Wachstum in Folge.

Noch ernüchternder fällt das Fazit aus, wenn man auf das BIP pro Kopf blickt, das am meisten verwendete Mass für materiellen Wohlstand. Die Wirtschaftsleistung pro Einwohner dürfte seit 2023 kaum gewachsen sein. Während das BIP in den letzten Jahren um rund 1 Prozent zugenommen hat, ist auch die Bevölkerungszahl wegen der starken Zuwanderung um knapp 1 Prozent pro Jahr gestiegen. Die Schweiz bewegt sich also beim Wohlstand seit einiger Zeit seitwärts.

Schwacher Aussenhandel – starke Binnenwirtschaft

Hinter dem grossen Bild verbergen sich gegenläufige Entwicklungen. Auf der einen Seite liegt es vor allem am Auslandsgeschäft, dass es in der Schweiz nicht richtig rundläuft. Besonders die exportorientierte Industrie leidet unter dem schlechten Wirtschaftsgang in wichtigen europäischen Absatzmärkten wie Deutschland oder auch in China.

Ein durchgreifender Aufschwung ist erst zu erwarten, wenn die Weltwirtschaft wieder anziehen wird. Doch ob dies bald passiert, ist fraglich. Die meisten Prognostiker orten derzeit grosse Risiken für die Weltwirtschaft, von einem drohenden Handelskrieg unter dem künftigen US-Präsidenten Donald Trump bis zu den Spannungen im Nahen Osten oder den chinesischen Drohgebärden gegenüber Taiwan.

Auf der anderen Seite entwickelt sich die Binnenwirtschaft in der Schweiz robust. Vor allem der Privatkonsum ist eine Stütze für die Konjunktur. Zentraler Treiber ist dabei die hohe Zuwanderung, die für steigende Konsumausgaben und wachsende Beschäftigung sorgt. Mithin ist das Bevölkerungswachstum für die Schweiz ein zweischneidiges Schwert. Einerseits treibt es die Binnenwirtschaft an. Anderseits resultiert daraus gegenwärtig vor allem ein Wachstum in die Breite: Der Wohlstand nimmt kaum zu, weil sich die Wirtschaftsleistung auf mehr Einwohner verteilt.

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