Mittwoch, Oktober 2


Die neusten Entwicklungen

Der nächste Eurovision Song Contest findet in der Schweiz statt. Welche Städte konkurrenzieren miteinander um die Austragung? Wer finanziert den Wettbewerb? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum ESC.

Die neusten Entwicklungen

  • Zürich bewirbt sich für den Eurovision Song Contest 2025. Das gab die Stadt in einer Medienmitteilung vom Donnerstag (27. 6.) bekannt. Zürich habe viel Erfahrung mit Grossanlässen, verfüge über passende Infrastruktur und Veranstaltungsorte, hiess es weiter. Genannt wurden das Hallenstadion, die Landiwiese und das Kongresshaus. Für die Durchführung und Planung beantrage der Stadtrat dem Gemeinderat einen Kredit von 20 Millionen Franken.
  • Das Zürcher Stadtparlament hat am Mittwoch (12. 4.) zwei Vorstösse gutgeheissen, die eine Kandidatur für die Austragung des ESC fordern. Ein Vorstoss kam aus dem linken, der andere aus dem rechten Lager. Während einige die Vorstösse als Zeichen der Unterstützung für die Stadtregierung interpretierten, sprachen FDP-Politiker davon, dass die Regierung nun vorwärts machen solle. Zwar hat sich auch Stadtpräsidentin Corinne Mauch (SP) für eine Kandidatur ausgesprochen, doch eine offizielle Kandidatur hat Zürich noch nicht eingereicht.
  • Basel-Stadt hat angekündigt, sich als Austragungsort für die nächste Ausgabe des Eurovision Song Contests (ESC) zu bewerben. Das meldet der Regierungsrat des Stadtkantons am Mittwoch (5. 6.) in einer Medienmitteilung. Nach eingehender Prüfung habe sich der Regierungsrat entschieden, bis Ende Juni ein Bewerbungsdossier auszuarbeiten. Mit deutlicher Mehrheit habe der Grosse Rat eine Resolution für die Austragung des ESC in Basel verabschiedet. Sollte Basel den Zuschlag erhalten, würde der ESC im St. Jakob-Areal durchgeführt. Neben der St. Jakobshalle werde mit Unterstützung des FC Basel 1893 auch der St. Jakob-Park als Austragungsort der Hauptshow geprüft. Um die geforderte Deckenlast in der St. Jakobshalle zu gewährleisten, müsste eine temporäre Deckenverstärkung installiert werden. Für eine Durchführung im Stadion wäre eine temporäre Überdachung notwendig.

Nemo hat den ESC 2024 gewonnen. Zum ersten Mal seit mehr als 30 Jahren geht der Sieg in die Schweiz. Das ESC-Reglement sieht seit 1958 vor, dass der Wettbewerb im Land des Vorjahressiegers durchgeführt wird. Der ESC 2025 findet also in der Schweiz statt. Wo genau, ist noch offen. Schweizer Städte, die über eine entsprechende Halle verfügen, können sich für die Durchführung des ESC bewerben. Die SRG entscheidet dann gemeinsam mit dem SRF als Gastgeberin und dem Veranstalter, der European Broadcasting Union.

Laut Angaben der SRG, dem Veranstalter des Anlasses, muss der Standort einen «umfangreichen Anforderungskatalog» erfüllen. Unter anderem muss die Anbindung an den öffentlichen Verkehr, die Grösse der Halle sowie die Traglast der Hallendecke stimmen. Mehrere Städte, darunter Genf, Basel, Zürich und St. Gallen haben sich bereits beworben. Nemo wünscht sich Biel, Nemos Heimatstadt, als Austragungsort. Die Stadt prüft eine Zusammenarbeit mit Bern.

Der ESC findet voraussichtlich vom 11. bis am 18. Mai statt. Der Zürcher Regierungsrat liess am Donnerstag (27. 6.) verlauten, er begrüsse die Kandidatur der Stadt Zürich als Austragungsort für den ESC. Er beantragt dem Kantonsrat einen Unterstützungsbeitrag von 5 Millionen Franken aus dem Gemeinnützigen Fonds. Der Anlass wäre aus kultureller, gesellschaftlicher und auch wirtschaftlicher Sicht ein Gewinn für den Kanton Zürich, heisst es weiter.

Auch die Sichtweise der Kantonspolizei wurde erwähnt: Grossveranstaltungen wie der ESC führten zu einem erhöhten Sicherheitsbedarf, die Auswirkungen beschränkten sich nicht auf die Stadt Zürich. Die Kantonspolizei wäre im ganzen Kanton mit Parallelveranstaltungen, einem erhöhten Verkehrsaufkommen sowie am Flughafen und am Zürcher Hauptbahnhof sehr stark gefordert. Über all diese genannten Aufgaben hinaus sei deshalb keine zusätzliche Unterstützung der Stadtpolizei möglich, ist zu lesen. Die Kosten für diese von der Kantonspolizei zusätzlich zu erbringenden Leistungen beliefen sich voraussichtlich auf rund 3 Millionen Franken. Diese Budgetmittel würden mittels Nachtragskredit beantragt.

Der ESC erbringe nachweislich eine grosse Wertschöpfung, beispielsweise durch einen substanziellen Anstieg der Touristenzahlen oder markante Umsatzsteigerungen im Detailhandel. Die Wertschöpfung übertreffe die Investitionen «bei Weitem». Der Regierungsrat erwarte daher auch ein Engagement von Privaten, die vom Anlass profitierten.

Regierungspräsidentin Natalie Rickli liess sich mit den Worten zitieren, der Kanton halte den Standort Zürich als Austragungsort ideal «aufgrund der Erreichbarkeit, des Flughafens, des Hallenstadions und des Messegeländes sowie des grosszügigen Hotelangebots».

Mehr zu Nemos Sieg am ESC 2024:

Nemo nach dem Sieg beim grossen Final des Eurovision Song Contest 2024.

Leonhard Föger / Reuters

Den grössten Teil der Kosten muss das Gastgeberland stemmen, nächstes Jahr also die Schweiz. Laut EBU beläuft sich der finanzielle Aufwand auf 10 bis 20 Millionen Euro, abhängig von den örtlichen Gegebenheiten und den verfügbaren Mitteln. Die aserbaidschanische Hauptstadt Baku liess sich den ESC 2012 fast 70 Millionen Franken kosten. In Kopenhagen waren es 2014 fast 50 Millionen Franken, Malmö wendete bei der Austragung 2013 rund 14 Millionen Franken auf.

Der Veranstalter EBU stellt dem Gastgeberland 6,2 Millionen Euro zur Verfügung. Dieser Betrag setzt sich aus den Beiträgen der teilnehmenden Rundfunkanstalten zusammen. Die Höhe der Teilnahmegebühr ist von der Grösse des Landes abhängig. Der Beitrag der Schweiz belief sich laut SRG 2019 auf einen sehr tiefen sechsstelligen Betrag. Den genauen Betrag nannte die SRG letztmals 2016, damals zahlte sie noch um die 65 000 Franken. Im Vergleich: Deutschland hat 2015 360 000 Euro bezahlt, 2023 waren es bereits 500 000 Euro.

Für die Stadt, die den ESC beherbergt, kann der Wettbewerb wirtschaftlich auch vorteilhaft sein, wie eine Studie der Universität Liverpool gezeigt hat. Liverpool war der Austragungsort des letztjährigen Wettbewerbs. Rund 62 Millionen Franken Einnahmen flossen dabei in die Gastronomie, die Hotellerie, den Detailhandel und den öffentlichen Verkehr. Dabei betrugen die Kosten etwa 40 Millionen Franken für die Stadt, den Staat und die BBC.

Grundsätzlich dürfen nur Länder teilnehmen, die von der Uno als eigenständiger Staat anerkannt und Mitglied der Europäischen Rundfunkunion (EBU) sind. Beim EBU handelt sich um einen Zusammenschluss von derzeit 72 Rundfunkanstalten in 56 Ländern Europas, Nordafrikas und Vorderasiens. Alle Teilnehmer müssen zudem einen finanziellen Beitrag leisten.

Die EBU hat jedoch die Möglichkeit, Länder aus dem Wettbewerb auszuschliessen. Weissrussland ist seit 2021 nicht mehr dabei, weil das Land die Medien- und Meinungsfreiheit unterdrückt. Russland ist seit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine im Jahr 2022 ebenfalls vom Wettbewerb verbannt.

Vor dem ESC 2024 war ein Ausschluss Israels gefordert worden. Die EBU liess Israel jedoch zum Wettbewerb zu, mit der Begründung, dass nicht Regierungen, sondern öffentlichrechtliche Rundfunksender am ESC gegeneinander anträten. Allerdings wies sie mehrere israelische Songs zurück oder forderte die Entfernung politischer Botschaften aus den Liedtexten. So wurde Israel vorgeworfen, der Song «October Rain» beziehe sich auf das Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023. Das Land nahm mit einer überarbeiteten Version des Stücks teil und holte damit den fünften Platz.

Auch Aktionen eines antretenden Künstlers können zu dessen Ausschluss und damit zum Ausschluss des Landes führen. 2024 hat die EBU nach dem Halbfinal den niederländischen Sänger Joost Klein ausgeschlossen. Grund sind polizeiliche Ermittlungen, wie die Rundfunkunion am Tag des Finals mitteilte. Hintergrund ist die Beschwerde einer Mitarbeiterin, die genauen Umstände sind jedoch unklar. Das niederländische TV hat Beschwerde eingereicht.

Der ESC versteht sich auf dem Papier als unpolitischer Wettbewerb. Dennoch wurden in den vergangenen Jahren immer wieder politische Botschaften auf der ESC-Bühne platziert.

2016 gewann die ukrainische Sängerin Jamala mit dem Lied «1944» den ESC. Der Song bezieht sich auf die Deportation der Volksgruppe der Krimtataren durch die Sowjetunion, bei der Zehntausende starben. Die EBU beurteilte damals weder Titel noch Inhalt des Liedes als politisch.

2019 hielten die Bandmitglieder der isländischen Band Hatari bei der Punktvergabe Schals mit palästinensischen Fahnen in die Kamera. Damals fand der Wettbewerb in Tel Aviv statt. Die EBU bestrafte das isländische Fernsehen später mit einer Busse. Interessant ist, dass Hatari bereits vor dem ESC angekündigt hatte, die Veranstaltung für eine Stellungnahme zu nutzen.

Angesichts der angespannten Lage im Nahen Osten ging die EBU 2024 harscher gegen politische Botschaften vor. So musste der irische Act Bambie Thug laut eigenen Angaben seine Körperbemalung anpassen. Eigentlich hatte Bambie Thug («Doomsday Blue») in der Ogham-Schrift, die in Irland im frühen Mittelalter genutzt wurde, die Wörter «Waffenstillstand» und «Freiheit» auf den Körper schreiben wollen – als Hinweis auf die Lage im Gazastreifen. Dies wurde Bambie Thug jedoch vom Organisator untersagt. Aufgrund der aufgeheizten Lage setzte der Gastgeber Schweden auf eine hohe Polizeipräsenz in Malmö. Tausende protestierten vor der Arena gegen eine Teilnahme Israels. Am Abend des Finals kam es zu Festnahmen, unter anderem wurde die Klimaaktivistin Greta Thunberg abgeführt.

Seit 2008 finden zwei Halbfinale statt, in denen sich jeweils die Hälfte der teilnehmenden Länder messen. Pro Vorrunde können sich zehn Länder für den Final qualifizieren. In den Halbfinals entscheiden allein die Stimmen der Zuschauer, welche Länder in die Endrunde vorrücken. Die grössten Geldgeber, die so genannten «Big Five», müssen sich nicht extra qualifizieren. Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Italien und Spanien stehen automatisch im Final – seit 2023 treten sie aber dennoch an den Halbfinals auf. Der Vorjahressieger muss sich ebenfalls erst im Finale behaupten.

Im Final entscheiden Zuschauer und Jurys gemeinsam, wer den ESC gewinnt. Die Jurys werden von allen teilnehmenden Ländern gestellt. Sie bestehen aus jeweils fünf Mitgliedern. Die Punkte, die ein Land erhält, setzen sich zur Hälfte aus den Stimmen vom Zuschauer-Voting und aus den Punkten der Fachjurys zusammen.

Jedes Land kann pro Teilnehmer maximal 24 Punkte vergeben, 12 von der Jury, 12 vom Publikum. Man kann nur für andere Länder stimmen, nicht für den Teilnehmer des eigenen Landes. Das Land mit den meisten Punkten gewinnt. Haben zwei Länder genau gleich viele Punkte, wird das Zuschauer-Voting höher gewichtet. Erhält ein Land sowohl von der Jury als auch von den Zuschauern keine Punkte, dann heisst es: «zero points».

Am Final sind alle Einwohner der teilnehmenden Länder zur Abstimmung zugelassen. Die Stimme kann telefonisch, per SMS, per App oder über die Website abgegeben werden. Die Abstimmung läuft im Final bereits ab dem ersten Song.

In der Vorausscheidung können nur die Einwohner der Länder, die am jeweiligen Halbfinal teilnehmen, abstimmen. Die Stimmen können in einem Zeitfenster von 15 bis 25 Minuten nach dem letzten Song abgegeben werden.

Seit 2023 dürfen auch Fans aus der ganzen Welt abstimmen, deren Länder nicht am Wettbewerb teilnehmen. Sie dürfen am längsten abstimmen, das Voting ist jedoch kostenpflichtig. Sie können ihre Stimmen an beiden Halbfinals und am Final abgeben und haben dafür insgesamt rund 24 Stunden Zeit, auf mehrere Fenster verteilt, die sich jeweils um Mitternacht vor den drei Shows öffnen. Die Stimmen dieser Fans haben jedoch weniger Gewicht, sie zählen summiert so viel wie die Stimme eines Teilnehmerlandes.

Der ESC findet seit 1956 statt. Die Schweizer Schlagersängerin Lys Assia gewann damals mit ihrem Lied «Refrain» den allerersten Eurovision Song Contest. Seither gab es drei weitere Schweizer Siege. Nach Assia haben Céline Dion (1988) und Nemo (2024) den ESC für die Schweiz entschieden. Deutschland hat zweimal den ersten Platz geholt, 1982 mit Nicole und 2010 mit Lena.

Am meisten Erstplatzierungen zählen Irland und Schweden mit jeweils sieben Siegen. Grossbritannien, Frankreich, die Niederlande und Luxemburg haben je fünf Mal gewonnen.

Nemo kommt gebürtig aus Biel, lebt aber seit mehreren Jahren in Berlin. Anders als viele frühere Schweizer ESC-Teilnehmer ist Nemo in der Musikszene so etwas wie ein alter Hase, und das mit 24 Jahren. 2016 machte Nemo, damals ein drahtiger Jugendlicher mit Zahnspange im Stimmbruch, mit seinem Auftritt am Live-Rap-Event «Bounce Cypher» auf sich aufmerksam. In den Jahren darauf gewann Nemo etliche Preise, unter anderem einen Prix Walo, einen Energy Music Award und mehrere Swiss Music Awards. Auf dem Höhepunkt der ersten Erfolgswelle nahm sich Nemo eine mehrjährige Auszeit.

Nach der Rückkehr outete sich Nemo 2023 öffentlich als nonbinär. Nemo identifiziert sich also weder als weiblich noch als männlich. Nemos ESC-Song «The Code», in dem von Pop über Falsett bis Rap alles zu hören ist, thematisiert die persönliche Entdeckungsreise Nemos bis zum Comingout.
Zum Porträt von Nemo

Nemo - The Code (LIVE) | Switzerland🇨🇭| Grand Final | Eurovision 2024

Exit mobile version