Donnerstag, März 13

Hauseigentümer sollen Besetzer leichter von ihrem Grundstück vertreiben können. Diese Verschärfung fand im Nationalrat eine Mehrheit.

Wer sich diese Woche die Debatte im Nationalrat zu Gemüte führte, fühlte sich ins Zürich vergangener Zeiten zurückversetzt. Da stand Mauro Tuena am Rednerpult, die prägende Figur der Stadtzürcher SVP in den zehner Jahren. «Mit diesen Hausbesetzungen haben wir nur Scherereien», schmetterte er in den Saal.

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Seine Kontrahentin Jacqueline Badran, ehemalige Zürcher SP-Stadtparlamentarierin, konterte: «Was ist Ihr mentales Problem? Welches Problem wollen Sie eigentlich lösen?»

In Bundesbern wird derzeit über ein sehr zürcherisches Problem diskutiert. Nämlich die Frage, wie mit Hausbesetzungen umzugehen ist. Es geht um die Rechte der Hauseigentümer. Die will der Bundesrat im Falle von Hausbesetzungen stärken. Badran interpretierte dies als direkten Angriff auf eine bewährte Praxis in der Stadt Zürich.

Das Ziel: Katz-und-Maus-Spiele verhindern

Die Stadt Zürich hat bei Hausbesetzungen seit den achtziger Jahren eine zurückhaltende Handhabe. Ein Hausbesitzer muss über eine Bau- oder Abbruchbewilligung verfügen – andernfalls schreitet die Polizei bei einer Besetzung nicht ein. Die Praxis hat sich herausgebildet, nachdem sich Stadt und Besetzer oft ein Katz-und-Maus-Spiel geliefert hatten. Kaum hatte die Stadt ein Areal geräumt, kehrten die Besetzer auch schon wieder zurück.

Zürich ist nicht die einzige Stadt, die dies so regelt. Die jetzige Gesetzesverschärfung geht denn auch auf einen Vorstoss von Olivier Feller, FDP-Nationalrat aus der Waadt, zurück.

Politisch heiss diskutiert wurden Hausbesetzungen in der Stadt Zürich zuletzt im Zusammenhang mit dem Koch-Areal in Zürich Altstetten, das im Jahr 2013 besetzt wurde. Nachbarn störten sich am nächtlichen Lärm und am Abfall. Bürgerliche Politiker ärgerten sich über den rechtsfreien Raum. Das Areal wurde vor zwei Jahren geräumt, bis 2026 werden dort nun 300 Genossenschaftswohnungen gebaut.

Jüngst liefen Hausbesetzungen, wie zum Beispiel jene der alten Post Wipkingen, politisch ruhiger ab. Auch, weil Nachbarn nicht im grossen Stil betroffen waren.

Nun allerdings stellt sich die Frage, ob die Bundespolitik die kommunale Politik übersteuern wird.

Der Nationalrat ist dem Begehren auf Verschärfung am Dienstag jedenfalls gefolgt; die Behandlung durch den Ständerat steht noch aus. Deren Stossrichtung ist klar. In seiner Botschaft schreibt der Bundesrat, er wolle «den Besitzerinnen und Besitzern ermöglichen, rascher eine Zwangsräumung des Grundstücks zu erwirken».

Dennoch geht der Zürcher Stadtrat nicht davon aus, dass die Stadtpolizei ihre Praxis ändern muss. Eine Praxis, die übrigens keine Erfindung von Rot-Grün ist, sondern auf die Zeiten der bürgerlichen Dominanz im Stadtrat zurückgeht.

Derzeit will sich das Sicherheitsdepartement zwar nicht äussern. Doch vor fünf Jahren gab der Stadtrat in der Vernehmlassung eine Einschätzung ab.

Eine rein zivilrechtliche Anpassung

Der Stadtrat war damals der Ansicht, bei dem Gesetz gehe es allein um eine Anpassung im Zivilrecht. Das polizeiliche Vorgehen bei der Räumung von besetzten Liegenschaften sei hingegen eine gefestigte und vom Bundesgericht mit Sanktionen belegte Praxis.

Eine Räumung alleine um der Räumung willen führe zu hohem Aufwand und sei nicht nachhaltig, so der Stadtrat. «Diese polizeiliche Erfahrung wird auch dann nichts von ihrer Gültigkeit einbüssen, wenn künftig ein zusätzliches zivilrechtliches Instrument gegen Hausbesetzungen vorhanden ist.»

Einen Automatismus für ein zwingendes Eingreifen der Polizei lässt sich nach dieser Lesart aus der Gesetzesverschärfung somit nicht ableiten. Ob diese Einschätzung tatsächlich stimmt, wird sich wohl erst weisen, wenn ein Hausbesitzer die Gerichte um Klärung bemüht. Sprich: wenn er auf einer Räumung beharrt.

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