Der sozialdemokratische Stadtrat Raphael Golta greift zur Giesskanne und will damit die Qualität privater Kinderkrippen verbessern. Der Ansatz könnte kaum falscher sein.

Die Mitarbeiterinnen und wenigen Mitarbeiter privater Kinderkrippen in der Stadt Zürich dürfen sich freuen: Sie werden in den kommenden Jahren eine deutliche Lohnerhöhung erhalten – finanziert von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern.

Das zumindest ist in einer Vorlage von Stadtrat und Sozialvorsteher Raphael Golta (SP) vorgesehen, der die links-grüne Mehrheit im Stadtparlament vergangene Woche grundsätzlich zugestimmt hat. Wie viel diese Subventionen kosten werden, weiss man nicht. Das wird sich erst nach dem Abschluss der Verhandlungen um einen Gesamtarbeitsvertrag zwischen Kita-Vertretern und Gewerkschaften zeigen.

Aber das kümmert die Ratslinke nicht. Geld ist in Zürich bekanntlich reichlich vorhanden. Und schliesslich geht es um ein wichtiges Zukunftsthema: Die Betreuung von Babys und Kleinkindern soll verbessert, die «strukturelle Abwertung von feminisierten Berufen» soll abgebaut werden. Da kann man nicht progressiv genug sein, kleinliche Detailfragen wegen der Rechnung stören nur.

Eine Ahnung zumindest vermitteln folgende Zahlen, die auf einer Lohnerhebung der Stadt basieren: Ausgebildete Kita-Fachpersonen dürften künftig gut 1000 Franken, Kita-Leiterinnen rund 2000 Franken mehr verdienen pro Monat – und damit ungefähr gleich viel wie ihre Kolleginnen in städtischen Krippen.

Wer zahlt, befiehlt

So schön das für die einzelnen Kita-Angestellten sein mag: Es ist ein Unding, denn es läuft auf eine Teilverstaatlichung von Hunderten von privaten Betrieben hinaus, der sich diese kaum entziehen können. Wenn die eine Krippe im Quartier ihren Mitarbeiterinnen plötzlich spürbar mehr bezahlen kann, setzt das die andere unter Zugzwang und so weiter. Es dürfte schwierig werden, auf den städtischen Zustupf zu verzichten.

Kitas wiederum, die weiterhin selber bestimmen wollen, welchen Mitarbeiterinnen sie wie viel bezahlen wollen, dürften sich von dieser unternehmerischen Freiheit verabschieden müssen. Denn natürlich gilt auch hier: Wer zahlt, befiehlt zumindest mit. Daran lässt die Vorlage keinen Zweifel. Die Stadt verschafft sich die Kompetenzen, Vorgaben zum Lohn oder zu weiteren Anstellungsbedingungen in den von ihr subventionierten Kinderkrippen zu machen. Mindestlöhne, Lohnentwicklung, Arbeitszeit, Ferien, Weiterbildung: Auch da will die Stadt bei privaten Kita-Betreibern künftig zum Rechten sehen.

Aber wird dann alles besser?

Ohne Vater Staat geht nichts

Goltas «Qualitätsoffensive» scheint davon auszugehen, dass private Kitas in der Stadt Zürich einen schlechten Job machen und sich nur unzureichend um ihre Angestellten bemühen: Ohne Vater Staat sind die Unternehmen verloren, ohne Finanzspritze und noch mehr Vorgaben können Krippen ihre Mitarbeiterinnen nur unzureichend an sich binden. Nur mit staatlichen Mitteln sei eine gute Betreuung zu gewährleisten.

Das Gegenteil ist richtig: Die meisten Krippen in der Stadt leisten gute Arbeit, weil ihre Angestellten motiviert sind und Freude haben an ihrem Beruf. Das Kita-Geschäft hingegen ist hart. Viele Krippen sind defizitär, das wird sich mit der städtischen Lohnerhöhung nicht ändern. Das sollte jeder und jedem klar sein, die oder der sich für diese Branche entscheidet.

Geld allein löst keine Probleme. Was Kita-Betriebe dringend brauchen, ist mehr Flexibilität. Vielen Krippen wäre gedient, wenn die Krippenaufsicht Verständnis für den kniffligen Alltag einer Kita zeigen würde, anstatt auf einer strengen Auslegung der Vorgaben zu beharren. Zum Beispiel bei der Gruppengrösse: Es sollte möglich sein, dass die eine Kita-Gruppe 13 Kinder zählt und die andere 11, wenigstens an einem Tag in der Woche – zumal eine Gruppe laut Gesetz «in der Regel» höchstens 12 Kinder umfasst.

«In der Regel» bedeutet: Vertretbare Ausnahmen wären durchaus möglich. Darüber sollten die Behörden einmal nachdenken – auch wenn sie sich künftig nicht nur als Aufsicht, sondern als Teilhaber von Stadtzürcher Krippen verstehen sollten.

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