Geht es nach dem Regierungsrat, soll alleine die Stadt Zürich über 100 Millionen Franken an den Kanton abliefern.
Wer in Zürich vor ein paar Jahren ein Haus oder eine Wohnung erworben hat, darf sich über einen wunderbaren Wertzuwachs freuen. Das Zürcher Häuschen, das 2013 noch für weniger als eine Million Franken zu haben war, ist jetzt 1,5 Millionen Franken wert. Die Wohnung, die damals für vergleichsweise bezahlbare 800 000 Franken auf den Markt kam, wird nun für 1,1 Millionen Franken gehandelt.
Dies zeigen Daten des Kantons zur Entwicklung des Zürcher Immobilienmarktes. Es handelt es sich um Medianwerte – die Hälfte der Verkaufspreise liegt also über diesem Wert, die Hälfte darunter.
Profitiert von dieser Wertsteigerung haben nicht nur die Hauseigentümer, sondern auch die Gemeinden. Bei jedem Verkauf einer Liegenschaft schneiden sie sich eine Scheibe des Gewinns ab. Und diese Zahlungen sind in den letzten Jahren grösser und grösser geworden.
Noch vor zehn Jahren lagen die Grundstückgewinnsteuern aller Zürcher Gemeinden bei etwa einer halben Milliarde Franken pro Jahr. Im Jahr 2023 waren es dann bereits 1,25 Milliarden Franken. Alleine die Stadt Zürich nahm 460 Millionen Franken ein.
Leer ausgegangen ist bis jetzt die Kantonskasse. Anders als in den meisten anderen Kantonen wird in Zürich die Steuer nicht zwischen Gemeinden und Kanton aufgeteilt.
Der Kanton Zürich will das System nun umkrempeln. Er will künftig ein Viertel der Steuer für sich beanspruchen. Dies hat der Zürcher Finanzvorsteher Ernst Stocker (SVP) am Dienstag bekanntgegeben.
Die Erträge, die seiner Kasse winken, sind erklecklich – alleine 2023 wären es gut 300 Millionen Franken gewesen. Zum Vergleich: Ungefähr die gleiche Summe erhält der Kanton Zürich von der Schweizerischen Nationalbank für den Rekordabschluss 2024.
Die Gemeinden anzapfen will Stocker, weil seine Kasse in finanziellen Schwierigkeiten steckt. «Der Kanton ist derzeit nicht in der Lage, seine Investitionen aus eigener Kraft zu finanzieren», sagte der Finanzdirektor vor den Medien. Schon jetzt müsse der Kanton grosse Infrastrukturprojekte verschieben, gleichzeitig steige die Staatsverschuldung.
Die SVP ist gegen die Pläne ihres Regierungsrats
Nicht zuletzt wegen der steigenden Landpreise sind die Infrastrukturprojekte zudem teurer als früher. Bereits wenn der Kanton ein Projekt plane, würden die Preise anziehen, sagte Stocker. «Die Grundstückpreise steigen schon, wenn man im Richtplan einen Strich einzeichnet.»
Von diesen höheren Landpreisen würden die Gemeinden indirekt über die Grundstückgewinnsteuer profitieren, während der Kanton höhere Ausgaben tragen müsse.
Dass die Gemeinden 25 Prozent der Steuer künftig an den Kanton abtreten sollen, sei ihr Beitrag zur Finanzierung der Infrastrukturprojekte, findet die Regierung. Denn von einem Ausbau der kantonalen Infrastruktur, zum Beispiel Strassen, würden sie auch profitieren.
Damit der Kanton sein Viertel der Grundstückgewinnsteuern erhält, muss das kantonale Steuergesetz geändert werden. Ein Spaziergang werden dürfte dies nicht. Noch während der SVP-Finanzdirektor am Dienstag seine Pläne den Medien vorstellte, verschickte seine Partei eine Mitteilung, in der sie seine Ideen zurückwies.
Die Abschöpfung sei ein massiver Eingriff in die finanzielle Autonomie der Gemeinden, schreibt die SVP. Statt neue Einnahmen zu erfinden, müsse der Kanton effizienter mit den vorhandenen Mitteln umgehen.
Die SP wiederum kritisierte, der Kanton nehme den Gemeinden und gebe den Konzernen – das ist eine Anspielung auf die Pläne des Kantons, die Gewinnsteuern der Unternehmen zu senken. Eine entsprechende Vorlage kommt im Mai an die Urne.
Finanzausgleich soll angepasst werden
Schrauben will der Kanton Zürich auch an einer anderen wichtigen Einnahmequelle seiner Gemeinden, beim Finanzausgleich. Dies sagte die für die Gemeinden zuständige Justizdirektorin Jacqueline Fehr (SP) am Dienstag. 13 Jahre nach der letzten grossen Reform sei es angezeigt, die Grundlagen zu überprüfen.
Eine wichtige Diskussion wird dabei um die beiden grossen Städte Zürich und Winterthur entbrennen. Sie erhalten bis jetzt einen Ausgleich für besondere Lasten, die sie tragen müssen, unter anderem in der Kultur, im Verkehr oder in der Sicherheit.
Die SVP hat dazu am Dienstag eine Motion eingereicht. Sie verlangt, dass die beiden Städte künftig nicht nur ihre Nachteile als Zentrumsstädte geltend machen können, sondern ihnen auch der Nutzen angerechnet wird, den sie aus ihrer Lage ziehen. Oder anders gesagt: Zürich und Winterthur dürften künftig weniger Geld erhalten.
Die SVP knüpft damit an eine Idee an, welche vor rund einem Jahr bereits die FDP lanciert hatte.
Mehr folgt.