Samstag, Oktober 5

Der Verband der Elektrizitätsunternehmen unterstützt den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrats, nicht aber die Volksinitiative «Blackout stoppen».

Der Entscheid des Bundesrats, das Neubauverbot von Kernkraftwerken aus dem Gesetz zu streichen, hat in der Stromwirtschaft keine Hochstimmung ausgelöst. Alle grossen Energieversorger beeilten sich vergangene Woche damit, klarzustellen, dass für sie der Bau neuer Kernkraftwerke bis auf weiteres keine Option sei.

Von «enormen finanziellen Risiken aus betriebswirtschaftlicher Sicht» sprach der Axpo-Chef Christoph Brand, von einer «nicht gegebenen Wirtschaftlichkeit» die Berner BKW: Neue Kernkraftwerke würden daher nur dort gebaut, wo der Staat entweder direkt selber baue oder die Anlagen in hohem Mass staatlich gefördert würden. Alpiq schliesslich betonte, dass der Bau neuer Reaktoren derzeit schlicht ausser Frage stünde.

Alle Optionen offenhalten

Dessen ungeachtet hat sich der Verband Schweizer Elektrizitätsunternehmen (VSE) am Mittwoch an einer Vorstandssitzung für den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrats zur «Blackout stoppen»-Initiative ausgesprochen, der das bestehende Technologieverbot für die Kernkraft aus dem Gesetz streichen will. «Wir müssen uns langfristig alle Optionen beim Ausbau der Energieproduktion offenhalten», sagt der Verbandsdirektor Michael Frank auf Anfrage der NZZ, «deshalb ist der strategische Ansatz des Bundesrats mit der Technologieneutralität der richtige.»

Keine Unterstützung vom Verband erhält dagegen die Initiative «Blackout stoppen». Das Volksbegehren verlangt, dass die Stromversorgung in der Schweiz jederzeit sichergestellt sein muss und sämtliche umwelt- und klimaschonenden Arten der Stromerzeugung zulässig sind, also auch die Kernenergie. Aus Sicht des VSE weist die Initiative inhaltliche Schwächen auf. Er kritisiert, dass die Kernenergie im Initiativtext nicht explizit erwähnt wird, obwohl sie das Hauptanliegen ist. Zudem würde die Initiative Unsicherheiten bei der Regelung der Verantwortlichkeiten für die Stromversorgung schaffen und fossile Notfallkraftwerke verunmöglichen.

Der Bau neuer Kernkraftwerke bleibt auch gemäss dem VSE für die Stromwirtschaft bis auf weiteres kein Thema. «Es gibt gibt kein konkretes AKW-Projekt – und das wird auch in nächster Zeit so bleiben», sagt Direktor Frank. Er hält es angesichts der grossen Risiken und Unsicherheiten bei Planung, Bau und Betrieb für praktisch ausgeschlossen, dass die Schweiz ein Kernkraftwerk der bestehenden Generation baut. Ob eine neue Generation an Reaktoren sich am Markt durchsetzen werde, sei gemäss heutigem Kenntnisstand ungewiss.

Der Entscheid des 13-köpfigen Vorstands, in dem unter anderem auch Vertreter der AKW-Betreiber Axpo, BKW und Alpiq einsitzen, fiel dem Vernehmen nach allerdings nicht einstimmig aus. Einzelne Vertreter der Strombranche befürchten, dass die Aufhebung des Neubauverbots eine Energiewende mit angezogener Handbremse zur Folge hat, da der politische Druck für den Ausbau von Sonnen-, Wind- und Wasserstrom dadurch abnehmen könnte.

Umweltverbände in der Pflicht

Der VSE-Direktor Frank jedoch widerspricht. Auch ohne AKW-Bauverbot führe kein Weg an einem raschen Ausbau der erneuerbaren Energien vorbei. «Schaffen wir es, die im Stromgesetz verankerten Ausbauziele zu erreichen, wird es kein neues Kernkraftwerk brauchen. Darauf müssen wir hinarbeiten», sagt er. In der Pflicht stünden nicht zuletzt die atomkritischen Umweltverbände. Wollten sie ein Kernkraftwerk verhindern, müssten sie ihren Widerstand gegen Kraftwerksprojekte aufgeben.

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