Montag, September 30

Im Kanton Zürich garantiert man minderjährigen Asylbewerbern innert Wochenfrist einen Schulplatz. Das führe zu unnötiger Hektik, findet die SVP. In der Asylpolitik verschärft die Partei den Ton.

In Zürich entdeckt die SVP ihr Kernthema neu. Seit die Asylzahlen in die Höhe schnellen, intensiviert die Parteiführung den Kampf gegen das in ihren Augen herrschende «Asylchaos» im Land.

Im Kanton Zürich äussert sich das in einem Sperrfeuer an Vorstössen im kantonalen Parlament, das seit dem Frühjahr anhält. Die Handschrift des jungen Präsidenten Domenik Ledergerber und seines Fraktionschefs Tobias Weidmann ist erkennbar.

Der Ton ist wieder schärfer als in früheren Jahren. Zeitweise trat die SVP auch in Zürich gemässigter, fast schon angepasst auf. Oder sie beschäftigte sich mit Themen wie Wokeness oder dem Konflikt Stadt gegen Land, die in der Bevölkerung nicht richtig zündeten.

Nun legt die Zürcher Parteileitung den Fokus wieder klar auf das Thema, das die SVP – neben der EU-Kritik – erfolgreich machte: den Kampf gegen ein «links-ideologisches Asyl-Schlaraffenland», wie Ledergerber es nennt, und gegen eine «aus dem Ruder gelaufene Asylpolitik». Man müsse auf allen Staatsebenen Gegensteuer geben.

Am Montag hat die wählerstärkste Partei des Kantons ein neues Massnahmenpaket angekündigt. Dessen Ziel: Schulen und Gemeinden, die mit den Auswirkungen der hohen Asylzahlen konfrontiert sind, sollen entlastet werden.

Weniger Aufwand für die Schulen

Seit Beginn des Ukraine-Kriegs sind die Asylzahlen in der Schweiz stark angestiegen. Fast 20 Prozent aller Personen, die im Land um Asyl bitten, werden dem Kanton Zürich zugeteilt. Der Kanton wiederum verteilt die Personen auf die Gemeinden.

Die kantonale Asylquote ist schrittweise von 0,5 auf 1,6 Prozent erhöht worden. Das bedeutet, dass eine Zürcher Gemeinde mit 1000 Einwohner seit diesem Sommer Platz für 16 Asylbewerber schaffen muss. Insgesamt benötigen die Gemeinden über 25 000 Plätze. Eine stattliche Zahl, die manche Kommunen vor Probleme stellt.

Handlungsbedarf ortet die SVP namentlich in den Schulen. So ist es heute Usus, dass Kinder von Asylbewerbern innert Wochenfrist nach erstmaligem Aufenthalt im Kanton eingeschult werden. Für den Kantonsrat Tobias Infortuna ist das eine unsinnige Regelung. «Die sehr kurze Frist führt zu organisatorischer Hektik und lenkt vom Kernauftrag der Schulen ab», kritisiert er.

Mit einem Postulat fordert er den Zürcher Regierungsrat auf, Verordnungen, Anweisungen und Merkblätter so zu ändern, dass der Zeitpunkt für eine Einschulung «auf mindestens einen Monat» verlängert wird. Diverse andere Kantone kennten gar keine Fristen.

Infortuna berichtet von grotesken Situationen. Etwa von Missbrauchsfällen beim Status S, insbesondere bei Zu- und Wegzügen von Fahrenden. «Kaum mit Hochdruck eingeschult, melden sich Familien bereits wieder ab, reisen zu Verwandten weiter oder zurück ins Herkunftsland, oder sie ziehen auf dem Kontinent weiter.» So werde das System ad absurdum geführt.

Bedenken um das Kindswohl hat der SVP-Mann keine. Inländischen Kindern werde in den Sommerferien auch fünf Wochen schulfreie Zeit zugemutet, sagt er. Insofern sollte auch bei Kindern von Asylbewerbern eine längere Karenzfrist zur Einschulung möglich sein.

Generell müsse hinterfragt werden, ob die heutige Zürcher Praxis überhaupt dem Kindswohl diene, sich innert weniger Tage ein neues Leben aufbauen zu müssen – mit neuer Bleibe, Kultur, Sprache und Schulklasse.

Kostenersatz durch den Bund

Weiter verlangt die SVP von der Kantonsregierung einen Bericht, der die Kosten für die Schulung minderjähriger Kinder und Jugendlicher aus dem Asylbereich aufzeigt. Dieser Bericht soll dann die Grundlage dafür bieten, die Gemeinden finanziell zu entlasten. Die Partei zielt dabei auf die Integrationspauschale ab, die der Bund den Kantonen für die Aufnahme von Asylbewerbern zahlt.

Auch sonst brauche es mehr Transparenz darüber, welche Kosten das Asylwesen für die Kommunen wirklich verursache, findet die SVP. Neben der Schule zum Beispiel im Sozialwesen oder in der Gesundheitsversorgung. Ziel müsse «ein voller Kostenersatz» durch den Bund sein. Schliesslich trage dieser die Verantwortung für die Asylsituation. Diesem Grundsatz will die Partei unter anderem – mit Unterstützung der FDP – mit einer Standesinitiative zum Durchbruch verhelfen.

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