Samstag, Dezember 21

Nach der Initiative gegen «goldene Fallschirme» hat die SVP nun das Referendum gegen eine Vorlage des Stadtrats ergriffen. Die Abstimmungsgeschäfte vom 24. November im Überblick.

Das Wichtigste in Kürze

  • In der Stadt Zürich soll neu geregelt werden, welche gewählten Behördenmitglieder Abgangsentschädigungen erhalten sollen und wie hoch diese ausfallen.
  • Die Stimmberechtigten haben im März zwar entschieden, dass nur noch Stadträte Abgangsentschädigungen erhalten sollen. Danach hat das Parlament aber beschlossen, dass auch andere gewählte Behördenmitglieder wie Schulpräsidentinnen oder Friedensrichter Anspruch auf Abgangsleistungen erhalten sollen. Und zwar nach den Regeln des städtischen Personalrechts. Ein SVP-nahes Komitee hat dagegen das Referendum ergriffen.

Worum geht es?

Hohe Abgangsentschädigungen für Behördenmitglieder haben in den letzten Jahren in Zürich immer wieder für Unmut gesorgt. Vor allem zwei Fälle machten Schlagzeilen: Sie betrafen die ehemalige SP-Stadträtin Claudia Nilsen und den ehemaligen Kreisschulpräsidenten Roberto Rodriguez, ebenfalls ein SP-Mitglied.

Rodriguez hatte sich 2021 in seinem eigenen Schulkreis Uto zum Schulleiter wählen lassen und für den Abgang aus dem Präsidium noch eine Abfindung von 651 000 Franken kassiert. Der Wirbel um den Fall war so gross, dass Rodriguez am Ende die neue Stelle nicht antrat, auf die Abgangsentschädigung verzichtete er derweil nicht.

Seine Parteikollegin Nilsen hatte drei Jahre zuvor gar 856 000 Franken erhalten, und dies, nachdem die damals 56-jährige Stadträtin aus eigenen Stücken nicht mehr zur Wiederwahl angetreten war.

2022 wurde die entsprechende Verordnung zwar revidiert und die Höhe der möglichen Abfindungen auf maximal 1,8 Jahressaläre beschränkt. Trotzdem blieb der politische Druck gross. Namentlich die SVP setzte sich gegen die «goldenen Fallschirme» ein. Am 24. November wird die Stadt Zürich über die Abgangsentschädigungen abstimmen, nachdem die SVP das Referendum gegen einen Beschluss des Parlaments ergriffen hat.

Hatten wir das mit den Abgangsentschädigungen nicht erst gerade?

Ja, und zwar Anfang März. Damals gelang der SVP mit ihrer Initiative gegen «goldene Fallschirme» ein seltener Abstimmungserfolg im rot-grünen Zürich. Sie wurde mit 55,8 Prozent angenommen, selbst linke Hochburgen wie die Kreise 4 und 5 stimmten dafür. In der Stichfrage obsiegte jedoch der Gegenvorschlag des Stadtrates. Wie die Initiative sah auch dieser vor, dass nur noch Stadträte Anspruch auf eine Abgangsentschädigung haben sollen. Der Gegenvorschlag sah aber einen höheren Betrag vor und zum Teil auch andere Bedingungen für die Bezugsberechtigung.

In den Abstimmungsunterlagen zum Gegenvorschlag fand sich damals jedoch ein brisanter Passus: Entschädigungen für weitere Behördenmitglieder sollten künftig vom Gemeinderat geregelt werden, soweit er dies als nötig erachte, hiess es dort. Und genau daran entzündete sich nun der Konflikt.

Der Gemeinderat beschloss nämlich kurz nach der Abstimmung, dass andere gewählte Behördenmitglieder – Stadtammänner, Friedensrichterinnen, Schulpräsidenten – dem städtischen Personalrecht unterstellt werden sollen. Und auch dieses kennt Regeln für Abfindungen oder Lohnfortzahlungen nach einer Entlassung.

Die SVP empfindet dies als skandalös und hat mit einem Komitee das Referendum gegen den Beschluss ergriffen. Das Komitee hatte die nötigen Unterschriften rasch beisammen. Deshalb wird die Stadt nun nochmals über Abgangsentschädigungen abstimmen.

Welche Regeln hat das Parlament beschlossen?

Neu sind zwar nur noch die Stadträte der Verordnung zu den Abgangsleistungen unterstellt, doch auch andere gewählte Behördenmitglieder können solche Entschädigungen erhalten. Dies analog zu den übrigen Verwaltungsangestellten.

Auch die Verwaltungsangestellten haben Anrecht auf eine Abgangsentschädigung, wenn sie mindestens fünf Jahre bei der Stadt gearbeitet haben, mindestens 35 Jahre alt sind und das Arbeitsverhältnis ohne ihr Verschulden aufgelöst worden ist. Für die gewählten Behördenmitglieder gelten neu folgende Regeln: Sie bekommen nur eine Entschädigung, wenn sie unfreiwillig nicht mehr für eine weitere Amtszeit nominiert oder nicht mehr gewählt werden. Zudem wird neu erzieltes Einkommen an die Abgangsentschädigung angerechnet.

Die Höhe der Entschädigung hängt vom Alter und von den Dienstjahren ab. Sie wird gleich berechnet wie für das übrige Verwaltungspersonal.

Die Argumente des Referendumskomitees

Aus Sicht der SVP soll die Vorlage des Stadtrats abgelehnt werden. Sie spricht von einer krassen Missachtung des Volkswillens und einem «demokratiefeindlichen Vorgehen» des Gemeinderats. Denn nur fünf Wochen nach dem Volksentscheid habe das Stadtparlament das Geschäft durchgewinkt, das Behördenmitgliedern weiterhin Abgangsentschädigungen zuschanzen wolle. Die SVP habe sich zwar im Parlament dagegengestemmt, sei aufgrund der Mehrheitsverhältnisse jedoch unterlegen. «Wir sind überzeugt, dass die Bevölkerung der Stadt Zürich eine derartige Geringschätzung eines demokratischen Volksentscheids nicht goutiert», schreibt das Komitee in seiner Stellungnahme in den Abstimmungsunterlagen.

Die Argumente der Befürworter

Der Stadtrat und die Mehrheit des Parlaments sehen es anders, wobei auch die anderen bürgerlichen Parteien auf der Seite des Stadtrats stehen. Die «Verordnung über Abgangsleistungen für Behördenmitglieder» sei dem Volkswillen entsprechend angepasst worden. Diese gilt nur noch für den Stadtrat. Damit fehlte aber eine Regelung für die anderen gewählten Behördenmitglieder. Um die Rechtslücke zu schliessen, müssten die übrigen Behördenmitglieder dem städtischen Personalrecht unterstellt werden. Dies gilt für alle Verwaltungsangestellten.

Die Parolen der Parteien

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