Der grösste Schweizer Telekomkonzern will den italienischen Markt endgültig zu seinem zweiten Standbein machen. Das kann er machen – aber nicht, solange der Bund noch Mehrheitsaktionär ist.
Die Swisscom will in Italien expandieren und ihre Konkurrentin Vodafone aufkaufen. Betriebswirtschaftlich leuchtet das ein: Der italienische Markt ist wettbewerbsintensiv und stark fragmentiert, durch die geplante Fusion erhält die Swisscom-Tochter Fastweb ein eigenes Mobilfunknetz und kann ihren Kunden künftig Bundle-Angebote machen. Zudem verfügt die Swisscom über genügend Geld, um den acht Milliarden Euro schweren Zukauf zu tätigen.
Aus politischer Warte werfen die Pläne jedoch ein Schlaglicht auf eine alte Frage: Ist die Swisscom ein Staatskonzern oder ein privates Unternehmen?
Vom Staatskonzern zum Gemischtwarenladen
In letzter Zeit verhielt sie sich vor allem so, als sei sie Letzteres. So investiert die Swisscom nicht nur im Ausland, sondern ist in den vergangenen Jahren auch stark in die Breite gewachsen. Aus dem ehemaligen Staatsbetrieb mit Grundversorgungsauftrag ist ein Gemischtwarenladen geworden.
Die Swisscom betreibt Kinos, ein Nachrichtenmedium und einen Fussballsender, ihr Hauptgeschäft sind mittlerweile IT-Dienstleistungen in der ganzen Schweiz. Auch ins KI-Geschäft will sie einsteigen, wie sie kürzlich bekanntgegeben hat.
Das alles geschieht mit staatlicher Rückendeckung, schliesslich gehört das grösste Schweizer Telekomunternehmen nach wie vor mehrheitlich dem Bund. Indem sie die Netzinfrastruktur der ehemaligen PTT erhielt, verfügte die Swisscom bei ihrer Gründung vor 25 Jahren über einen Startvorteil gegenüber der Konkurrenz und dominiert noch heute den Telekommarkt. Im Gegenzug fliessen der Bundesverwaltung über 500 Millionen Franken als Dividenden zu.
Sollte ein mehrheitlich vom Schweizer Staat kontrolliertes Unternehmen in die italienische Infrastruktur investieren? Schliesslich könnte auch das hiesige Breitbandnetz Investitionen gebrauchen, der Ausbau ist in jüngerer Zeit ins Stocken geraten – auch weil die Swisscom ihre Marktmacht dazu nutzt, die Bestrebungen ihrer Konkurrenz auszubremsen. So sind derzeit wegen eines Streits zwischen der Swisscom und der Wettbewerbskommission eine halbe Million Glasfaseranschlüsse blockiert.
Das Geld, das sie durch ihre starke Marktposition verdient hat, nutzt sie nun, um im italienischen Markt mitzumischen und sich dort ein zweites Standbein aufzubauen. Weil sie im Heimatmarkt kaum noch neue Ideen hat, schaut sie sich lieber im Ausland um. Für ein privatwirtschaftlich organisiertes Unternehmen wäre das kein Problem, im Fall der Swisscom sind damit jedoch indirekt Risiken für die Eidgenossenschaft verbunden.
Im Ausland verbrannte sie sich oft die Finger
Vergangene Auslandabenteuer der Swisscom endeten oft im Debakel. So machte sie in den frühen 2000er Jahren grosse Verluste durch eine Beteiligung an der deutschen Debitel. Auch Investitionen in Ungarn, Indien und Malaysia erwiesen sich als verlustreich, Pläne zur Expansion nach Österreich und Tschechien scheiterten.
Im Jahr 2005 untersagte der Bundesrat unter der Führung von Christoph Blocher deswegen die Übernahme der irischen Eircom. Seither ist es der Swisscom nicht mehr erlaubt, sich an ausländischen Grundversorgungsunternehmen zu beteiligen.
Der Einstieg in Italien stand zu Beginn ebenfalls unter keinem guten Stern, in den ersten Jahren musste die Swisscom grosse Abschreibungen vornehmen. Dass der Bundesrat dieses Mal wieder eingreift, davon ist dennoch nicht auszugehen. Inzwischen ist das Geschäft in Italien zu einem wichtigen Wachstumstreiber des Unternehmens geworden. Dennoch: Als Hauptbesitzer trägt der Bund, und damit der Steuerzahler, das unternehmerische Risiko, das die Swisscom mit der Investition eingeht, mit.
Es wird deswegen Zeit, aus der Swisscom endgültig ein privatwirtschaftliches, börsenkotiertes Unternehmen zu machen. Ein Verkauf der Beteiligung würde dem Bund Einnahmen bescheren und den Wettbewerb in der Schweiz beleben. Und wenn die Swisscom dann immer noch davon träumt, ein europäischer Grosskonzern zu sein, steht ihr nichts mehr im Weg.