Montag, September 30

Die mögliche Zinswende in den USA hat bereits vorige Woche weltweit die Aktienpreise fallen lassen. Nun suchen die Anleger in Asien ein Boden der jüngsten Baisse – besonders in Japan.

Auch am Montag sind die asiatischen Aktien eingebrochen. Der Straits-Times-Index in Singapur verlor in der ersten halben Handelsstunde mehr als drei Prozent, der südkoreanische Kospi-Index mehr als vier Prozent. Besonders hart traf es aber wieder einmal die Aktien an der grössten und liquidesten Börse Asiens: Tokio.

Der japanische Nikkei-225-Index brach zeitweise um mehr als sieben Prozent ein und ging mit 34.247 Punkten 4,6 Prozent unter dem Schlusskurs vom Freitag in die Mittagspause. Damit hat der Nikkei allein in den vergangenen zwei Handelstagen 11,7 Prozent und seit seinem Allzeithoch von 42.426 Punkten am 11. Juli dieses Jahres 19,3 Prozent an Wert verloren.

Drastische Aufwertung des Yen

Keine Börse der Welt hat damit stärker auf die jüngsten Turbulenzen an den Finanzmärkten reagiert als die in Tokio. Der in Japan lebende Ökonom Jesper Koll führt den Absturz auf die drastische Aufwertung des Yen zurück: «Die heftigen Marktbewegungen sind eine schonungslose Erinnerung daran, dass kurzfristig die globale Konjunktur und Währungsschwankungen die wichtigsten Treiber für die japanischen Kapitalmärkte bleiben».

Noch im Juli hatte ein historischer Yen-Verfall den Nikkei-225 auf neue Rekordstände getrieben. Denn je schwächer der Yen, desto höher die Gewinne japanischer Konzerne aus ihren Auslandsgeschäften durch die Umrechnung in die japanische Währung. Seit dem 11. Juli stieg der Yen allerdings an Wert, bevor er nach den Zinsentscheidungen der japanischen und der amerikanischen Notenbank in der vergangenen Woche sprunghaft an Wert gewann.

Allein über das Wochenende sank der Dollar zeitweise um fast drei Prozent auf unter 145 Yen. Damit hat der Yen seit Anfang Juli über 16 Yen oder mehr als zehn Prozent gegenüber der globalen Leitwährung verloren. Das hat unmittelbare Auswirkungen auf die Gewinnerwartungen. «Eine Aufwertung des Yen um zehn Yen reduziert die Unternehmensgewinne um etwa acht Prozent», erklärt Koll.

Das spiegelte sich in den Aktienkursen der japanischen Auto- und Elektronikhersteller wider. Die Aktie von Toyota verlor trotz starken Quartalszahlen zum zweiten Mal in Folge drastisch an Wert, zeitweise sogar um acht Prozent. Mit 2371 Yen lag das Papier kurz vor der Mittagspause um 30 Prozent unter dem Wert von Anfang Juli.

Wann ist die Talsohle erreicht?

Die grosse Frage für die Anleger ist nun, wann die Talsohle erreicht wird. Hajime Kitano, Chefstratege bei Phillip Securities, hält japanische Aktien selbst unter Berücksichtigung der schrumpfenden Zinsdifferenz zwischen Japan und den USA bereits für überverkauft und hat seine Anlageempfehlung von «neutral» auf «kaufen» angehoben.

Andere erwarten weiterhin volatile Märkte, da die plötzliche doppelte Zinswende in Japan und den USA den Höhenflug des Yen gebrochen haben könnte. Immer mehr Investoren gehen davon aus, dass sich die Zinsdifferenz zwischen den USA und Japan, die derzeit den Yen-Kurs bestimmt, im kommenden Jahr deutlich verringern könnte.

Die Zinsen für langfristige US-Anlagen sind bereits um 90 Basispunkte auf 3,8 Prozent gefallen. Allerdings erwarten die Märkte nun, dass die US-Notenbank im September die Zinsen um 0,5 Prozentpunkte senken könnte, um die schwächelnde US-Wirtschaft anzukurbeln.

Auf der anderen Seite hat die Bank of Japan in der vergangenen Woche mit einer überraschenden Leitzinserhöhung von 0 auf 0,1 auf 0,25 Prozent die Spekulationen um eine baldige Zinswende in Japan verstärkt.

Die japanische Investmentbank Nomura rechnet nun mit drei weiteren Zinsschritten von jeweils 0,25 Prozent bis Ende 2025. Ökonom Koll hält daher einen Dollar-Yen-Kurs von 115 bis 120 Yen in den kommenden sechs bis zwölf Monaten für ein «vernünftiges Ziel».

Unter den Devisenmarktteilnehmern gelten das Februar-Hoch des Yen von 145,90 Yen zum Dollar und das Januar-Hoch von 140,80 Yen als nächste Meilensteine. Sollte sich dieser Trend bestätigen, dürfte sich die Neubewertung japanischer Aktien fortsetzen.

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