Mittwoch, Februar 26

Die Amerikaner sichern sich einen Teil der zukünftigen Gewinne. Kiew hofft, damit den wichtigsten Partner im Land zu behalten.

Nach kurzen und erbitterten Verhandlungen haben sich die USA und die Ukraine auf ein Rohstoff-Abkommen geeinigt. Wie der amerikanische Präsident Donald Trump bestätigte, soll sein Amtskollege Wolodimir Selenski für die Unterzeichnung am Freitag nach Washington reisen. «Soweit ich das verstehe, ist es ein grosser Deal, ein sehr grosser Deal», sagte Trump gegenüber Reportern.

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Der Vertragsentwurf, aus dem die «Ukrainska Prawda» und die «Financial Times» zitieren, sieht einen gemeinsamen Fonds vor. In diesen soll die Hälfte aller zukünftigen Gewinne aus der Ausbeutung ukrainischer Rohstoffe fliessen. Dazu kommen zusätzliche Zahlungen beider Seiten, die noch verhandelt werden müssen. Mindestens einmal jährlich wird Geld aus dem Fonds in die ukrainische Wirtschaft investiert. Er soll «Sicherheit und Wohlstand» fördern, heisst es im Text.

Belastung für Verhältnis USA-Ukraine

Die Amerikaner hatten den Ukrainern den Vorschlag für ein Rohstoff-Abkommen Mitte Februar als Ultimatum präsentiert. Der Finanzminister war mit einem Vertrag nach Kiew gereist, der den sonst gefasst auftretenden Selenski so empörte, dass er laut Medienberichten sehr laut wurde. Trump klagte danach öffentlich über die schlechte Behandlung seines Gesandten. Er nannte Selenski einen Diktator und machte sein Volk für Russlands Angriffskrieg verantwortlich.

Dass die Ukrainer eine Einigung über Rohstoffe mit den USA wollten, machten sie gleichwohl stets klar. Selenski hatte bereits im Herbst ein solches Arrangement angeboten, allerdings mit dem Ziel, sich dadurch langfristige Sicherheitsgarantien der Amerikaner zu erkaufen. Indem Trump aber die eigene Hilfe mit einer halben Billion Dollar fünfmal zu hoch bezifferte und die Rohstoffe ultimativ als Zahlung bereits geleisteter Unterstützung einforderte, stellte er die Verhandlungen auf den Kopf.

Die Ukrainer können nun für sich in Anspruch nehmen, immerhin die einschneidendsten Passagen aus dem Vertrag entfernt zu haben. So fehlt nun die Zahl von 500 Milliarden Dollar und die Verpflichtung der Ukrainer, bis zu diesem Betrag zwei Dollar für jeden amerikanischen beizutragen. Auch sind nun bestehende Einnahmen aus Rohstoffen, vor allem aus Öl und Gas, ausgenommen. Dies bedeutet, dass das laufende ukrainische Budget nicht zusätzlich belastet wird.

Kiew erhält zudem mehr Mitspracherechte. In der ersten Version des Vertrags war die Rede davon gewesen, dass die USA den nach amerikanischem Recht funktionierenden Fonds vollständig kontrollieren würden. Nun richten sich die Anteile nach den finanziellen Beiträgen, die beide Partner leisten. Zudem kann keine Seite ohne Zustimmung der anderen Anteile verkaufen. Das wahrt die Souveränität des osteuropäischen Landes immerhin teilweise.

Wahrscheinlicheres Engagement der Amerikaner

Gleichwohl bleiben entscheidende Fragen ungeklärt. Die wichtigste ist jene der Sicherheitsgarantien: Die Amerikaner leisten formal keine. Trump liess auch offen, ob Washington die Forderung fallengelassen hat, mit den Rohstoffgewinnen ausschliesslich für geleistete Hilfe entschädigt zu werden. Eine Verpflichtung für zukünftige Unterstützung gehen die USA keine ein. Die Verhandlungen darüber folgen erst.

Dennoch sieht die ukrainische Regierung ihr Ziel erreicht, die Amerikaner längerfristig im Land zu behalten. Dass der Fokus auf zukünftigen Projekten liegt, macht dies tatsächlich wahrscheinlicher: Besonders die Ausbeutung der sogenannten kritischen Rohstoffe und seltenen Erden, an denen die Ukraine sehr reich ist, findet gegenwärtig nur in begrenztem Masse statt. Viele der Vorkommen sind unerschlossen, was grosse Investitionen erfordern wird.

Hier haben sich die Amerikaner nun eine führende Position gesichert. Sie müssten aber auch erhebliche eigene Mittel beitragen, wenn sie Geld verdienen wollen. Der nun geäufnete Fonds ist erst dann eine Alternative, wenn die Rohstoff-Phantasien der Geopolitiker auch wirklich Realität geworden sind.

Ist es Trump damit aber ernst, braucht es amerikanische Vorinvestitionen. Die Ukrainer können diese mitten im Krieg kaum stemmen. Woher dieses Geld in den USA kommen soll, bleibt unklar. Die Firmen waren bisher jedenfalls äusserst zurückhaltend mit einem Engagement im Kriegsland.

Viele Bodenschätze in Frontnähe

Damit stellt sich auch die Frage, ob finanzielle Mittel der Amerikaner reichen. Gerade die grossen Lithium-Reserven liegen entweder in Frontnähe oder auf besetztem russischem Gebiet. Braucht es für ihre Sicherung oder gar Rückeroberung am Ende doch amerikanische Waffen oder gar Truppen?

Bemerkenswerterweise hatte eine frühere Version des Vertrags offenbar eine Klausel enthalten, die den USA für Rohstoffvorkommen auf Gebieten, die von Russland befreit würden, sogar mehr als die Hälfte der Profite sicherte. Diese wurde nun entfernt, möglicherweise auch, weil sich die Ukrainer gegen amerikanische Absprachen mit Russland hinter ihrem Rücken absichern wollten.

Dass Trump nicht sonderlich interessiert, ob er mit Kiew oder Moskau ins Geschäft kommt, hat er selbst klargemacht. Er weiss allerdings auch, dass er gegen die Ukrainer mehr in der Hand hat, weil sie abhängig von amerikanischer Militärhilfe sind. Selenski ist deshalb bereit, sehr weit zu gehen, um einen ihm feindselig gegenüberstehenden Trump wenigstens ökonomisch zum Verbündeten zu machen – in der Hoffnung, sich so einen Platz am Verhandlungstisch über die Zukunft der Ukraine zu sichern.

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