Donnerstag, Januar 30

Europas grösster Software-Konzern hat sein Cloud-Wachstum im vierten Quartal beschleunigt; 2025 soll es so weitergehen. KI wird zunehmend zum Geschäftstreiber. Die Panik um DeepSeek bestätige die eigene KI-Strategie, meint SAP-Chef Klein.

Der Morgen der Jahreszahlen-Präsentation begann für SAP-Chef Christian Klein und seinen Cheffinanzer Dominik Asam angenehm: Mehrere Analysten beglückwünschten sie zuerst einmal zu einem hervorragenden vierten Quartal, bevor sie Fragen stellten.

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Tatsächlich belegten die Zahlen, dass die Wachstums- und Gewinnmaschine SAP immer noch rund läuft. Dazu trägt zunehmend auch Künstliche Intelligenz (KI) bei. Die Turbulenzen um das vergangene Woche vorgestellte chinesische Sprachmodell DeepSeek, das die KI-Welt umzukrempeln droht, schien Christians Kleins Laune sogar noch zu verbessern. Dies beweise nur, dass SAP mit seiner KI-Strategie richtig liege, erklärte der SAP-Chef. SAP baut nicht selbst Large Language Models (LLM), sondern «wir gehen Partnerschaften ein, wir sind agnostisch. Wenn ich das gestern sehe, ist das absolut die richtige Strategie.»

Im Schlussquartal 2024 hat sich das Cloud-Wachstum von Europas grösstem und wertvollsten Software-Konzern beschleunigt. Der sogenannte Cloud Current Backlog – der in dem Quartal vereinbarte Cloud-Umsatz der nächsten zwölf Monate – legte währungsbereinigt um 29% auf 18,1 Mrd. € zu. Damit summierte sich der gesamte Auftragsbestand für Software in der Cloud per Ende 2024 auf 63,3 Mrd. €, 40% mehr als vor einem Jahr. Die Verträge laufen im Durchschnitt etwas mehr als drei Jahre.

Die Cloud-Orders in den SAP-Büchern sind damit fast fast doppelt so hoch wie der 2024 verbuchte Konzernumsatz von 34,2 Mrd. €. Das macht das Geschäft des Unternehmens zunehmend vorhersehbar. Der Umsatz stieg im Gesamtjahr um 10%, der bereinigte Betriebsgewinn um 26% auf 8,2 Mrd. €. Klassische Lizenzverträge verkauft SAP kaum noch, der entsprechende Umsatz sank 2024 um 21% auf 1,4 Mrd. €.

Das Cloud-Bestellplus von 29% im vierten Quartal übertraf die im dritten Quartal erreichten plus 25%. «Wir sind auf einem resilienteren Wachstumspfad als je zuvor», sagte Klein. Im vierten Quartal überzeugte er deutsche Grosskunden wie BASF, Robert Bosch und Schaeffler sowie internationale Konzerne wie BP, Chevron, Schindler und Ford, ihre Geschäftssoftware in die Cloud zu transferieren. Sie alle hätten sich für das auf Bestandeskunden ausgerichtete Programm «Rise with SAP» entschieden, erklärte der Konzernchef.

Zudem würde SAP jedes Quartal netto Hunderte neuer Kunden bei kleinen und mittelgrossen Unternehmen gewinnen. SAP ist weltgrösster Anbieter bei Enterprise Resource Planning (ERP), Software für die Steuerung von Geschäftsprozessen wie Buchhaltung und Einkauf bei Unternehmen.

34 000 SAP-Kunden nutzen schon KI

Im Berichtsquartal inkludierten die Hälfte der neuen Cloud-Vertragsabschlüsse KI-Anwendungen – womit KI für SAP zunehmend zum Geschäftstreiber wird. Das Unternehmen hatte im Herbst 2023 den selbst entwickelten KI-Assistenten Joule am Markt eingeführt, und baut seither die Anwendungsmöglichkeiten immer weiter aus. Laut Klein half Joule auch SAP-intern im vergangenen Jahr kräftig mit, Kosten zu senken.

Inwieweit Joule für zusätzliche Umsätze sorgt, wollte Klein aber nicht beantworten. «Dass 34 000 unserer Kunden KI nutzen, ist ein Zeugnis dafür, dass sehr viel Wert darin steckt.» Und SAP sitze «an dieser Schnittstelle zwischen Geschäft und Technologie».

Ambition für 2025 aufgestockt, ausser für den Free Cashflow

«Wir legen die Latte höher – nicht nur für 2025, sondern auch mittel- und langfristig», sagte Klein. Die Cloudumsätze sollen dieses Jahr etwas stärker als bisher angenommen um 26 bis 28% auf 21,6 Mrd. bis 21,9 Mrd. € wachsen. Auch der bereinigte Betriebsgewinn soll mit 10,3 Mrd. bis 10,6 Mrd. € leicht besser ausfallen als bisher vorhergesagt.

Leicht unter den Erwartungen der Analysten fällt allerdings die Prognose für den Free Cashflow aus (8 Mrd. €). Dies dürfte ein Grund sein, weshalb der Aktienkurs am Dienstag trotz der auf breiter Front übertroffenen Erwartungen kaum reagierte und am Nachmittag leicht im Plus lag.

Der im vergangenen Jahr begonnene Konzernumbau wird SAP auch in diesem Jahr etwas teurer zu stehen kommen als erwartet; Aufwendungen von 0,7 Mrd. € sind dafür budgetiert, etwas mehr als vorhergesagt. Im Schlussquartal führten Restrukturierungskosten von 1,5 Mrd. € zu einem negativen Free Cashflow von 918 Mio. €; immerhin war der Abfluss etwas niedriger als prognostiziert. Für das gesamte Geschäftsjahr erreichte der Free Cashflow 4,1 Mrd. € und damit etwas mehr als die zuletzt leicht auf 3,5 Mrd. bis 4 Mrd. € erhöhte Prognose.

«Rule of 40» bleibt fest im Blick

Die sogenannte Rule of 40 hat SAP damit weiter fest im Blick, wie Finanzchef Asam gegenüber The Market am Rande der Pressekonferenz bestätigte. Diese bei Cloud-Softwareunternehmen übliche Finanzkennzahl addiert prozentuales Umsatzwachstum und Free-Cashflow-Marge. 2023 waren es 25. Asam bekräftigte frühere Aussagen, 2025 «auf halbem Weg»» zum Zielwert von 40 zu sein. Danach werde man sich eher «asymptotisch» annähern.

«Wir sehen eine Cloud-Beschleunigung über das Jahr 2025 hinaus», sagte Klein. Der derzeitige Cloud Backlog könnte 2025 allerdings erstmals langsamer wachsen, wegen der stark vergrösserten Vergleichsbasis. SAP werde dennoch 2025 ein beschleunigtes Wachstum der Cloud-Erlöse zeigen.

Der Konzernumsatz, der 2025 um gut 11% zulegen dürfte, soll das Wachstum 2026 und 2027 weiter beschleunigen. Dann werden immer mehr Kunden ihre Prozesse in der Cloud haben, wo für SAP grössere Erlöse zu erwirtschaften sind. Mehr als die Hälfte der SAP-Kunden haben derzeit noch keine Cloud-Verträge unterschrieben. Der Softwareriese hat allerdings angekündigt, Ende 2027 die Standardwartung auslaufen zu lassen. Damit steigt der Druck für die Kunden, auf die neuen Systeme umzustellen.

Grössere Übernahmeabenteuer plant der Konzern – anders als vor der Ära Klein – offenbar nicht. SAP brauche keine Übernahmen, um das Wachstum weiter zu treiben, sagte Klein. «Wir würden nichts ausschliessen, haben aber keinen unmittelbaren Bedarf.»

Nachdem SAP zuletzt mehrere Mitglieder der obersten Managementebene verloren hat, wird die Führung nun wieder breiter aufgestellt: Chefstratege und Chief Operating Officer (COO) Sebastian Steinhäuser (39), 2020 von Boston Consulting zu SAP gestossen, steigt nach nur 13 Monaten in dieser Funktion in den Vorstand auf. Darüber hinaus wird ein «erweiterter Vorstand» als Beratungsgremium gebildet.

Die Bewertung wird noch sportlicher

Nach den kräftigen Kursavancen sind die SAP-Aktien mittlerweile sehr sportlich bewertet: Das vorwärtsgerichtete Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 45 ist doppelt so hoch wie im historischen Schnitt.

Für 2026 liegt das KGV bei 33 und damit auf Höhe des Medians vergleichbarer Softwareunternehmen von 34, wie die Analysten von Barclays kalkulieren. Was für SAP spricht, ist das absehbar starke weitere Wachstum, eine ausserordentlich gute Vorhersehbarkeit und Verlässlichkeit der Ergebnisse – und dies alles auch in einem unsicheren Makroumfeld. Insofern dürften die Aktien bei vielen Investoren weiterhin ganz oben auf ihren Lieblingslisten stehen.

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