Montag, September 30

Konjunktursorgen in den USA haben auch die Investoren am hiesigen Aktienmarkt aufgeschreckt, selbst Qualitätstitel verloren zum Teil mehr als 10%. Noch ist die Volatilität hoch und es lohnt sich, eine Liste mit Kaufkandidaten zu erstellen.

Die Nervosität an den weltweiten Börsen bleibt auch nach dem Abverkauf hoch, das zeigt sich nicht zuletzt an den weiterhin starken Kursschwankungen. Der Schweizer Leitindex SMI schliesst am Dienstag noch 7% unter dem Stand vom 12. Juli, in Japan und in den USA hat bereits eine Gegenbewegung eingesetzt, mit weiterhin grossen Ausschlägen. Angesichts der fragilen Situation wagen wir keinen Marktausblick und geben auch keine unmittelbare Kaufempfehlung.

Doch wenn sich der Staub legt, sollten Anlegerinnen und Anleger bereit sein, am richtigen Ort zuzukaufen. Eine eigene Watchlist kann dabei helfen. Auf eine solche gehören Aktien, die man schon immer kaufen wollte, die aber zu teuer erschienen und nach einem Kursrutsch kaufenswert sein könnten. Die Idee dahinter: Die Korrektur ist in ihrer extremsten Phase zufällig, auch qualitativ hochwertige Titel werden stark abgestraft – teilweise zu stark.

The Market nimmt fünf Schweizer Aktien auf die Liste, von denen die Redaktion fundamental überzeugt ist und bei denen sich im Ausverkauf eine Einstiegsmöglichkeit ergeben könnte. Als Kaufsignal sollten Investorinnen und Investoren die Kursschwankungen im Auge behalten: Sobald sich diese beruhigen, kann man einen dosierten Einstieg wagen. Ein positives Zeichen ist ausserdem, wenn sich Aktien schnell vom Tief lösen und durch Kaufaufträge nach oben getrieben werden.

Turboladerspezialist Accelleron: -9% vom Höchst

Accelleron ist ein Paradebeispiel einer Aktie für die Watchlist, sollte es an den Börsen nochmals kräftig schütteln. Das Unternehmen ist Marktführer in einem strukturell wachsenden Geschäft, der hohe Serviceanteil garantiert auch künftige Einnahmen und verhilft erst noch zu einer besseren Marge. Ausserdem will der Spezialist für Turbolader auch künftig einen Grossteil des Gewinns an die Investoren ausschütten (Dividendenrendite 2024: 3,5%). Das ist auch der Börse nicht verborgen geblieben, zwischenzeitlich haben die Titel 67% an Wert gewonnen, das Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2024 erreichte 28.

Auf diesem Niveau rieten wir zwar, die Aktien mit langfristigem Blick im Portfolio zu behalten, wir wussten aber auch: Für grössere Kurssprünge ist die Luft dünn geworden. In den vergangenen Tagen ist die Bewertung etwas zurückgekommen, mit einem Minus von 9% haben die Titel aber unterdurchschnittlich gelitten. Eine breite Korrektur könnte nun allen, die den Aufwärtstrend verpasst haben, nochmals die Möglichkeit für den Einstieg bieten.

Chipzulieferer VAT Group: –26% vom Höchst

Schon fast 30% haben dagegen die Aktien von VAT seit dem Höchst Mitte Juli verloren. Im Gleichschritt mit ASML, dem niederländischen Hersteller von Halbleiterequipment, zeigte der Kurs des Zulieferers deutlich nach unten. Es sorgte nicht per se die drohende konjunkturelle Abschwächung in den USA für schlechte Stimmung, sondern die nachlassende Fantasie um das Thema künstliche Intelligenz (KI), was auf den hoch bewerteten Titeln lastete.

Das betrifft auch VAT. Der Hersteller von Vakuumventilen profitierte wie die gesamte Branche vom Optimismus rund um KI. Nun ist gerade beim Schweizer Zulieferer viel Luft aus dem Kurs gewichen, die Aktien notieren praktisch auf dem Stand von Anfang Jahr. Und am grundsätzlichen Aufwärtstrend in der Halbleiterbranche ändert der Hype um KI wenig, davon wird VAT mit einem Marktanteil von 70% bei Ventilen für diese Industrie profitieren.

2024 dürfte noch ein Übergangsjahr sein, der neue Investitionszyklus des Halbleitersektors nimmt aber allmählich Fahrt auf. «Insbesondere in der zweiten Jahreshälfte geht man von einem Aufwärtstrend aus, gefolgt von einem noch stärkeren Wachstum 2025», hielt VAT bei der Publikation des Halbjahresergebnisses fest. Damit bestätigt das Unternehmen bestehende Erwartungen einer rosigen Zukunft – denn auch 2026 und 2027 wird es gemäss Prognosen aufwärtsgehen.

Das erwartete starke Wachstum relativiert die stolze Bewertung der Aktien, auf Basis der Konsensschätzungen für 2024 respektive 2025 resultiert noch ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 52 und 36 – auf dem Höchst waren es für das laufende Jahr 65 gewesen. Damit sind die Titel historisch betrachtet nicht besonders günstig, aber die Prämie gegenüber dem Mehrjahresschnitt hat sich aufgelöst.

Pharmaauftragsfertiger Bachem: –18% vom Höchst

Strukturell aufwärts geht es auch in der Pharmaauftragsfertigung. Die Nachfrage nach Medikamenten steigt, gleichzeitig hält der Trend zur Auslagerung der Produktion durch grosse Pharmakonzerne an. Gerade der Bereich der Peptide ist sehr vielversprechend, sind diese Moleküle doch die Grundlage der stark gefragten Präparate gegen Volkskrankheiten wie Diabetes und Übergewicht sowie für die Behandlung von Krebserkrankungen. In diesem Feld agiert Bachem.

Im ersten Halbjahr hat das Unternehmen zwar die Analystenprognosen knapp verfehlt, Umsatz und Gewinn stiegen nur leicht. Doch an den Jahreszielen halten die Baselbieter fest, 2024 sollen die Einnahmen in Lokalwährungen im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich zulegen und die Ebitda-Marge stabil bleiben. Im zweiten Halbjahr rechnet Bachem dank der guten Auftragslage mit einer deutlichen Steigerung. Das entspricht etwa den bisherigen Erwartungen.

Viel wichtiger aber ist, dass die Produktion im Gebäude K in Bubendorf 2025 endlich anlaufen und im ersten Halbjahr Fahrt aufnehmen soll. Hier hat das Unternehmen stark ins zukünftige Wachstum investiert: Es ist bislang Bachems grösste Anlage zur Herstellung hoher Volumina von Peptiden und Oligonukleotiden, die als Grundlage für die Schlankmachermedikamente dienen. Ein grosser Teil der Produktionskapazität ist laut dem Unternehmen bereits mit Abnahmeplänen unterlegt.

Das verspricht sehr gute Jahre für Bachem. Ausserdem präsentierte sich der Pharmasektor in vergangenen Abschwüngen als besonders konjunkturresistent. Dennoch haben die Aktien seit dem Höchst Mitte Mai gegen 17% verloren und damit etwas mehr als Branchenprimus Lonza. Die Bewertung ist zurückgekommen. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 48 für 2024 sind die Valoren im Vergleich zu den vergangenen Jahren etwa durchschnittlich bewertet.

Laborausrüster Tecan: –16% vom Höchst

Etwas anders gelagert ist der Fall bei Tecan. Die Aktien des Laborausrüsters erreichten das diesjährige Höchst im März und stehen damit schon länger unter Druck. Insbesondere die Gewinnwarnung von Sartorius schreckte die Anleger auf. Und beim deutschen Wettbewerber hält die Unsicherheit an: Wegen der hohen Volatilität und eingeschränkter Prognostizierbarkeit blicke man vorsichtiger auf die zweite Jahreshälfte, teilte das Management Mitte Juli mit. Ähnlich wie Bachem profitiert aber auch Tecan vom starken Wachstum und von der Konjunkturresistenz der Pharmabranche, sollte sich das Umfeld noch stärker eintrüben.

Die Laborausrüster haben gerade einen Sonderzyklus hinter sich. Die gesamte Branche hatte 2023 unter einem Post-Pandemie-Blues gelitten: Die Nachfrage der Kunden war nach Einkäufen wegen Covid gesättigt, die Lager voll und der Umsatz ging entsprechend zurück. Tecan schlug sich dank dem breiten Kundenportfolio schon damals verhältnismässig gut, insbesondere die Profitabilität überraschte positiv. Auch jetzt gehen Schweizer Analysten und Fondsmanager im zweiten Halbjahr weiterhin von einer Erholung aus, die Gewinnschätzungen für 2024 blieben in den vergangenen Wochen ziemlich stabil.

Angesichts des Kursrückgangs in den vergangenen Wochen ist mittlerweile aber schon einiges an Pessimismus eingepreist, bei einem Niveau um 300 Fr. und einem Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2025 – über das schwierige 2024 hinausblickend – von 26 sind die Aktien aus Sicht von The Market wieder attraktiv bewertet. Wer mehr Sicherheit braucht, kann die Präsentation des Halbjahresergebnisse am 13. August abwarten.

Zementhersteller Holcim: –14% vom Höchst

Beflügelt durch die fortschreitende Transformation, die in die Aufspaltung des Konzerns münden soll, hatten die Aktien von Holcim dieses Jahr zwischenzeitlich rund 30% zugelegt und notierten bei 85 Fr. auf einem neuen Allzeithoch. Allmählich wurde die Luft dünn – und das schon, bevor Konjunktursorgen die Titel in den vergangenen Tagen rund 12% einbrechen liessen.

Eine kräftige Rezession in den USA würde zwar nicht spurlos am Baukonzern vorbeigehen, bei dem das US-Geschäft ein namhafter und lukrativer Teil des Umsatzes ausmacht und bald separat an die Börse kommen soll. Infrastruktur bleibt aber auch unabhängig von der neuen Regierung ein heisses Thema: Holcim ist in mehr als hundert umfangreiche Projekte involviert, darunter etwa den Bau von grossen Rechenzentren. Das Unternehmen befindet sich ohnehin in sehr guter Verfassung. Bereits im ersten Halbjahr hat es bewiesen, dass Wachstum nicht alles ist: Trotz leichtem Volumenrückgang wurde die Profitabilität stark gesteigert. Das ist Ausdruck der neuen Holcim; nach schwierigen Jahren verdient sie endlich ihre Kapitalkosten.

Holcim-Aktionäre werden ab Mitte 2025 zwei Aktienkategorien halten, amerikanische, in Dollar denominierte Titel für die noch zu benennende US-Holcim sowie weiterhin an der Schweizer Börse SIX in Franken gehandelte Valoren. Die beiden Unternehmen werden laut dem neuen CEO der Rest-Holcim Miljan Gutovic die bisherige Strategie vorantreiben und gar beschleunigen, was attraktive Wachstums- und Gewinnaussichten verspricht. Ausserdem sollen auch in Zukunft 40 bis 50% des Gewinns an die Aktionäre ausgeschüttet werden.

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist in den vergangenen Jahren sukzessive gestiegen und liegt nach dem Kursrückgang für das laufende Jahr bei 13. Das liegt etwa im Schnitt der vergangenen Jahre und ist angesichts der deutlich verbesserten operativen Lage attraktiv. Hinzu kommt die erwartete Dividendenrendite von knapp 4% für das laufende Jahr.

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