Montag, November 25

Derzeit wimmelt es von weissen und schwarzen Schwänen. Eine Flucht in Sachwerte wird dereinst unvermeidbar sein. Schutz bietet ein diversifiziertes Portfolio aus Aktien, einigen hochwertigen Anleihen mit kurzer Laufzeit und Gold.

«Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben»
Hermann Hesse, deutsch-schweizerischer Dichter, Schriftsteller und Maler (1877-1962)

Leider gibt es in meiner Wahrnehmung zunehmend mehr weisse und schwarze Schwäne in der Welt. Unter einem weissen Schwan versteht man eine Entwicklung, die absehbar ist und gravierende Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft hat. Weisse Schwäne sind beispielsweise:

  • Die Geburtenrate in Europa schrumpft, während die Bevölkerung in der Subsahara-Zone explodiert. Dies wird die Migrationsprobleme noch deutlich verschärfen.
  • Der Konflikt zwischen der bisherigen Hegemonialmacht USA und dem Herausforderer China wird weiter eskalieren. Diese Auseinandersetzung kennt keine Gewinner. Beide verfolgen primär ihre eigenen Interessen. Besonders wird es Länder treffen, die abhängige Vasallen einer der beiden Grossmächte sind. Staaten wie Indien, Brasilien und Saudi-Arabien, die sich nicht vor einen Karren spannen lassen, werden noch am besten fahren.
  • Die Schuldenorgien fast aller Industriestaaten dienen schwerpunktmässig der Aufblähung des Sozialstaates und der Aufrüstung unserer Armeen, die «kriegstüchtig» gemacht werden müssen. Dringend notwendige Investitionen in die marode Infrastruktur (Verkehrsinfarkt in allen Bereichen), Klimaschutz oder Bildung kommen dafür zu kurz. Die Notenbanken werden wieder in grossem Stil Staatsanleihen aufkaufen müssen, da sich nicht mehr genug Dumme finden lassen, die das finanzieren. Die Schulden werden weginflationiert (Finanzrepression), und eine Flucht in Sachwerte (Aktien, Gold) ist programmiert.

Schwarze Schwäne sind Ereignisse, die nicht vorhersehbar sind und eigentlich selten vorkommen, aber gravierende Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft haben. Die Covid-Pandemie 2020 und der Ukraine-Krieg seit 2022 fallen in diese Kategorie. Andere Beispiele könnten Terroranschläge, Bürgerkriege, Naturkatastrophen, längere Unterbrechungen der Energieversorgung (Blackout) oder politische Umbrüche etc. sein.

Verzwickte Börsenlage

Der deutsche Aktienindex Dax konnte soeben ein neues Allzeithoch erreichen. Dies passt so gar nicht zur allgemeinen wirtschaftlichen Lage, wie sie sich zum Beispiel im Konsum- und Geschäftsklima manifestiert. Auch international sieht es eher mau aus. China fällt als jahrelange Weltkonjunkturlokomotive wohl für längere Zeit aus. Und auch die Wirtschaftsentwicklung in den USA dürfte dies nicht ausgleichen können.

Wohin die Börsen in den nächsten Monaten tendieren, ist vor diesem Hintergrund völlig offen. Die erwarteten Zinssenkungen dürften in den Kursen bereits eingepreist sein. Am besten hält man ein gut diversifiziertes Depot aus Aktien, einigen kurzlaufenden Anleihen bester Bonität und Gold und versucht nicht, den Markt zu timen. Die Anlagen sollten dabei so gewichtet sein, dass man auch eine stärkere Korrektur gut durchhalten kann.

Gespaltene Gesellschaft

Am meisten Sorgen bereitet mir die zunehmende Spaltung der Gesellschaft. Wenn demokratisch gewählte Parteien nicht mehr miteinander sprechen, ist dies eine Bankrotterklärung für die Demokratie. Der woke rot-grüne Mainstream grenzt alle Andersdenkenden aus und diffamiert sie als Nazis, Querdenker oder Reichsbürger. Die Superdemokraten, die für Toleranz und gegen Hass und Hetze auf die Strasse gehen und dabei ihre Schilder hochrecken («Omas gegen rechts», «Kill the AfD», «AfD ist braun und stinkt nach Scheisse») übersehen in ihrer Überheblichkeit, dass sie damit die rechten Ränder nur stärken und die AfD weiter voranbringen.

Die Spaltung der Gesellschaft ist kein deutsches Phänomen. In den USA stehen sich Demokraten und Republikaner zunehmend unversöhnlich gegenüber. Und auch in Frankreich und vielen anderen europäischen Ländern sehen wir dasselbe Phänomen. Dass der Mainstream dabei nicht immer richtig liegt, mag folgende kleine Geschichte illustrieren. Sie ist einer Festschrift zum sechzigsten Todestag von Hermann Hesse entnommen:

«Zugleich war er, der heute ein Liebling der Intellektuellen genannt werden darf, damals ihr ärgster Feind. Sein am 3. November 1914 in der ‹Neuen Zürcher Zeitung› veröffentlichter Aufsatz ‹`Oh Freunde, nicht diese Töne› wandte sich gegen die Kriegsbegeisterung deutscher Schriftsteller und Künstler, die schliesslich in Nationalismus und Kriegshetze mündete. Das Ergebnis hat den jungen Hermann Hesse nachdrücklich geprägt: Freundschaften zerbrachen, Hassbriefe – öffentliche wie private – erreichten ihn. Er, der heute als Zeitgeist-Schriftsteller gilt, hatte es gewagt, sich gegen den Geist seiner Zeit zu stellen».

Peter E. Huber

Peter E. Huber ist Gründer und Geschäftsführer der Huber Portfolio GmbH in Oberursel. Er ist spezialisiert auf antizyklische Investitionen an den Aktien- und Anleihenmärkten. Zuvor war er Partner und Fondsmanager beim Vermögensverwalter StarCapital, den er 2016 an die Bellevue Group verkaufte. Huber hat in Mannheim Betriebswirtschaft studiert und danach für die Privatbank SMH in Frankfurt gearbeitet, bevor er sich 1981 selbständig machte.

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