Mittwoch, Oktober 9

Mit ihren funktionalen Ursprüngen steht die Manteljacke als moderner Klassiker sowohl bei Luxusmarken wie auch bei Streetwear-Labels derzeit hoch im Kurs.

Der Schauspieler Jacob Elordi scheint immer für eine Schlagzeile zu taugen oder dafür, einen Trend auszurufen: Tatsächlich fällt er modisch immer wieder auf. Jüngstes Beispiel: Zu einem Dinner in Venedig, ausgerichtet von der Luxusmarke Bottega Veneta, trug er (selbstverständlich) ein Outfit genau dieses angesagten Labels, wählte aber statt eines traditionellen Anzugs ein dunkelblaues Ensemble, das in Kombination mit einem weissen T-Shirt (oder Tanktop) und einem Trucker-Cap an einen Blaumann-Handwerker-Look erinnerte.

Damit zeigt sich Elordi einmal mehr als modisch progressiv. Arbeitsjacken oder sogenannte Chore Jackets sind zwar nicht erst seit der aktuellen Workwear-Welle angesagt, neu ist aber, dass sie in edleren Versionen auch für elegantere Abendveranstaltungen durchaus infrage kommen.

Vom Arbeitskittel zum modischen Liebling

Stilistisch handelt es sich um eine leichte Jacke, die auf einstigen Arbeitsjacken basiert, also Kitteln, die im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert für die manuelle Arbeit als Schutz entwickelt wurden. Vor allem Landwirte, Eisenbahner und Handwerker trugen in Frankreich diese Mäntel, genannt «bleu de travail», was so viel wie «Arbeitsblau» bedeutet, wegen ihrer Zweckmässigkeit. Diese Mäntel aus strapazierfähigem Baumwolltwill sollten die darunterliegende Kleidung der Arbeiter schützen und gleichzeitig die Verstauung von Werkzeugen ermöglichen.

In den Vereinigten Staaten entstand zur etwa gleichen Zeit ein ähnliches Kleidungsstück, das mit Landwirten und Fabrikarbeitern assoziiert wurde. Marken wie Carhartt und Levi’s gehörten zu den ersten Herstellern dieser praktischen Jacken und passten sie an die amerikanische Arbeiterklasse an.

Als Chore Jacket oder Chore Coats (Chore steht im Englischen für Arbeit) hat sich diese Art von Garderobe in den letzten Jahren zu einem modernen Klassiker in der Herrenmode entwickelt. Stilistisch ist das Bekleidungsstück , das mal als Overshirt, mal als Jacke getragen werden kann, verwandt mit anderen utilitaristischen Jacken wie Safarijacke, Feldjacke oder Parka. Sehr nahe steht es auch der Jeansjacke, die ebenfalls robust und meist ungefüttert ist.

Kastenförmig

Die Chore-Jacke zeichnet sich durch folgende Merkmale aus: Ihre Silhouette ist kastenförmig, der Stoff robust, etwa strapazierfähiges Baumwollgewebe wie Moleskin oder Denim. Dazu kommen die Aussentaschen, teilweise mit Nieten verstärkt. In den neueren modischen Interpretationen kommt die Chore-Jacke meist mit vier grossen Vordertaschen, während als Verschluss üblicherweise Knöpfe oder Druckknöpfe verwendet werden. Bei einigen Modellen gibt es auch einen Kragen aus kontrastierenden Materialien wie Kord.

Für die 2008 gegründete britische Marke Universal Works, die Sportbekleidung, funktionelles Militärdesign, praktische Arbeitskleidung und britische Schneiderkunst stilistisch vereint, ist die Arbeiterjacke ein Kernstück: Für die «Bakers Jacket», die es seit den ersten Kollektionen gibt, liess sich der Markengründer David Keyte vom Vater, der Bäcker war, inspirieren. Über die Jahre wurden diverse Silhouetten entwickelt, die von dieser kultigen Jacke inspiriert sind, und die Kollektion wurde jährlich mit neuen Modellen erweitert. Im Web-Shop wird die Chore-Jacke als eigene Kategorie mit rund drei Dutzend Modellen aufgeführt.

Ein weiterer Tipp für jene, die es gerne besonders authentisch haben, ist die französische Marke Le Laboureur. Der 1956 gegründete Betrieb ist zwar nicht so weltberühmt wie die amerikanischen Pendants Filson oder Carhartt, stellt aber auch weiterhin Bekleidung für Handwerker wie auch modische Freizeitmodelle der Arbeitsjacken her.

Beliebt dank Heritage-Trend und Slow Fashion

Dass die einstige Uniform in den letzten Jahren Einzug in die Garderoben jenseits von Handwerkern und Konsorten gehalten hat, mag mit der gegenwärtigen Vorliebe für schnörkelloses, funktionales Design zu tun haben. Dazu kommt der Heritage-Trend, der authentische, traditionelle Bekleidung ausgräbt. Die Arbeiterjacke stellt eine Verbindung zur Vergangenheit her und steht für ein wieder erwecktes Interesse am Handwerk. Wer eine Chore-Jacke trägt, wirkt weniger piekfein, dafür hemdsärmeliger. Die robuste Konstruktion des Chore-Mantels entspricht ausserdem dem Anspruch an langlebige Bekleidung.

So ist das Stück längst fester Bestandteil einer jungen, urbanen Garderobe geworden, die dennoch etwas Zeitloses mit sich bringt. Modelle gibt es in jedem Segment, von Streetwear-Marken wie Supreme über Premiummarken wie A.P.C. bis hin zu High-Fashion-Labels. Das schlichte, vielseitige Design des Mantels macht es einfach, ihn mit Jeans, Chinos oder sogar formellerer Kleidung zu kombinieren – mal leger oder mal elegant getragen.

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