Mittwoch, März 12

Mit Equinor und Orsted kürzen jetzt auch skandinavische Energiekonzerne ihre grünen Pläne. Die Gründe sind klar. Sie sollten es nicht sein.

Es sind gute Tage für Gegner grosser Windräder. Seit Anfang Februar zeichnet sich ab, dass weniger von den über 200 Meter hohen Spargeln gebaut werden als geplant. Orsted aus Dänemark, der weltgrösste Entwickler von Offshore-Windparks, kürzt seine Investitionen bis 2030 um einen Viertel.

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Auch der Ölkonzern Equinor aus Norwegen nimmt seine grünen Pläne zurück: die Ausgaben für erneuerbare Energien bis 2027 werden halbiert – das trifft ebenfalls vor allem Windkraftanlagen auf dem Meer. Stattdessen will Equinor mehr Erdöl und Erdgas fördern.

Dabei hat Offshore-Windkraft viele Vorteile: Auf dem Meer weht es stark, und es gibt viel Platz. Das erlaubt besonders grosse, leistungsfähige und effiziente Turbinen. Ausserdem stören sich keine Nachbarn an Anblick und Schattenwurf der Rotoren, von denen ein einzelner die doppelte Spannweite eines Airbus A380 erreichen kann.

Windkraft hat ein ähnliches Problem wie Atomkraft

Doch bei allen Vorteilen haben Offshore-Windparks ein Problem, das sie mit den Atomkraftwerken teilen, die ihre Gegner so verehren: Planung, Bau und Finanzierung sind langwierig und seit der Corona-Pandemie deutlich teurer geworden.

Die gestiegenen Zinsen machen es kostspielig, Geld für die kapitalintensiven Windparks aufzutreiben. Wegen der Inflation haben sich diese Projekte ohnehin verteuert. Auch gab es Engpässe in den Lieferketten und Qualitätsprobleme. Langwierige Bewilligungsverfahren lassen viel Zeit verstreichen, bis Geld aus der Stromerzeugung in die Kasse kommt – die Kosten fallen lange vorher an. Da ist es leichter und vor allem rentabler, Öl und Gas zu fördern.

Das denken sich auch die Anleger: Equinors Aktienkurs ist seit Mitte 2022 um 45 Prozent gefallen. Er liegt nun auf dem Niveau von 2018. In jenem Jahr verabschiedete sich der Konzern von seinem alten Namen Statoil, um den Aufbruch in eine grünere Zukunft zu markieren. Aber bei der Rendite kann die Zukunft nicht mit der fossilen Vergangenheit mithalten. Ein ähnliches Problem haben europäische Rivalen wie Shell und BP, die ebenfalls ihre Ambitionen im Bereich erneuerbarer Energien zurücknehmen.

Um einen Teil der grünen Verpflichtung auszulagern, hatte Equinor im vergangenen Oktober 10 Prozent an Orsted erworben. Doch der Windpark-Entwickler steckt selbst längst in Problemen. Bereits wurden Arbeitsplätze abgebaut und die Dividende wurde ausgesetzt. Doch der Aktienkurs ist immer weiter gefallen – seit Anfang 2021 um 80 Prozent.

Niemand braucht Investitionsruinen

Anfang Februar nahm der Orsted-CEO Mads Nipper den Hut. Nur wenige Wochen zuvor musste er abermals viel Geld auf ein Projekt in den USA abschreiben. Mit Präsident Trump steht die Zukunft neuer Windparks vor der amerikanischen Küste in den Sternen. Bewilligungen sind von Trump aus ideologischen Gründen nicht zu erwarten.

Von Vorteil ist für die amerikanischen Ölkonzerne, dass sie den Ausflug in grüne Gefilde nie mitgemacht haben. Sie stehen an der Börse deutlich besser da. Genau das ist das Problem: Traditionell erwarten Anleger dieser Branche hohe, stabile Gewinne und Dividenden. Damit sind die erneuerbaren Projekte schwer vereinbar. Umgekehrt werden die Konzerne keine Scharen klimabewegter und leidensfähiger Investoren anziehen, solange sie Zwitter voller Gegensätze sind.

Darum ist es angemessen, wenn die Öl- und Gasriesen bei ihren fossilen Leisten bleiben. Auch dort lässt sich viel für klimafreundlichere Effizienz tun. Ihr Rückzug kann für die Entwickler erneuerbarer Projekte neue Freiräume eröffnen. Wenn sie sich wie Orsted auf die rentabelsten Vorhaben konzentrieren, ist das nicht per se verwerflich – schliesslich nützt es niemandem, wenn grüne Investitionsruinen entstehen, die später mit Steuergeld saniert werden.

Schadenfreude, dass manche Windparkprojekte nun im Winde verwehen, ist fehl am Platze. Damit die Anlagen rentabel sind und die Energiewende vorankommt, müssen die Planungsauflagen und Bewilligungen erleichtert werden. Besonders an Orten, wo Menschen nicht tangiert sind. Die Windbranche steht in der Verantwortung, langfristig tragfähige Geschäftsmodelle zu entwickeln. Aber sie sollte das nicht tun müssen, wenn ihr eine Hand auf den Rücken gefesselt ist.

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