Mittwoch, Oktober 9

Staatliche Preiskontrollen und populistische Ausgabenpläne: Die Demokratin präsentiert ein Wirtschaftsprogramm, mit dem sie jene Probleme, die sie zu lösen vorgibt, noch verschärfen dürfte.

Die Zeit des Honeymoon nähert sich dem Ende. In den vergangenen Wochen ritt Kamala Harris auf einer Welle wachsender Beliebtheit, ohne dass richtig klarwurde, für welche Inhalte die neue demokratische Bewerberin fürs Präsidentenamt eigentlich stand. Ihre dauerfröhliche Ausstrahlung und der erfrischende Kontrast zum dauergriesgrämigen Donald Trump waren Grund genug, um der Vizepräsidentin zuzujubeln. Doch irgendwann kommt in jedem Wahlkampf der Zeitpunkt, an dem neben Atmosphärischem auch ein Mindestmass an Substanz nötig wird.

Auf den Spuren von Nixon

Dieser Zeitpunkt ist jetzt. Harris hat daher erstmals angedeutet, wie sie wirtschaftspolitisch tickt und mit welchen Massnahmen sie als Präsidentin die weltgrösste Volkswirtschaft umzugestalten gedenkt. Im Fokus ihrer programmatischen Rede in North Carolina stand dabei jenes Problem, das die meisten amerikanischen Haushalte mit mittlerem und niedrigem Einkommen am meisten beschäftigt: die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten. Ob beim Kauf von Nahrung oder bei den Kosten fürs Wohnen, das Leben hat sich in den USA markant verteuert.

So korrekt Harris das drängendste Problem der Wähler erkennt, so falsch liegt sie mit ihren Rezepten. So setzt die Kandidatin auf staatlichen Dirigismus, auf eine Ausschaltung des Marktes und auf populistische Anklagen, bei denen Grossunternehmen grundsätzlich böse sind und nur kleine Tante-Emma-Läden das Gute verkörpern. Nirgends zeigt sich dies deutlicher als bei Harris’ Ankündigung eines «landesweiten Verbots von Preiswucher bei Lebensmitteln». Geht es nach Harris, sollen Firmen, die zu viel Geld für Lebensmittel verlangen, vom Staat bestraft werden.

Das mag Applaus bringen, doch die Folgen wären verheerend. So verschärfen staatliche Preisgrenzen immer die Knappheit und somit die Teuerung. Das beweisen Venezuela ebenso wie Kuba. Und das zeigte sich in den 1970er Jahren auch in den USA, wo Richard Nixon die Inflation mit Preiskontrollen bekämpfen wollte – und grandios scheiterte. Teuerung lässt sich nicht per Dekret verbieten. Auch lässt sich nicht objektiv feststellen, ob ein Preis zu hoch ist. Darüber entscheidet in einem Markt der Wettbewerb – und nicht ein Stab von Bürokraten.

Der Staat finanziert Wohnungskäufer

Wenig ausgereift ist auch der Vorschlag von Harris, all jenen, die erstmals Wohneigentum erwerben, 25 000 Dollar an Zuschüssen in die Hand zu drücken. Solche Grosszügigkeit wird nicht dafür sorgen, dass sich mehr Familien eine Hypothek leisten können. Sie wird zur Folge haben, dass die Preise für Wohneigentum noch stärker steigen, zumal die Nachfrage entsprechend steigt. Man mag solche Marktlogik unschön finden. Sie zu negieren, führt aber dazu, dass mit öffentlichen Geldern jene Probleme, die man zu lösen verspricht, verschlimmert werden.

Niemand bestreitet, dass das Leben für viele amerikanische Familien härter geworden ist und sie das Gefühl haben, finanziell an Ort zu treten. Die für Harris unbequeme Wahrheit lautet aber: Präsident Biden hat mit einer viel zu expansiven Ausgabenpolitik dazu beigetragen, dass der global bereits hohe Inflationsdruck in den USA noch stärker anstieg. Harris trägt hier eine politische Mitverantwortung. Dennoch scheint sie gewillt, den Fehler Bidens zu wiederholen. Sie schmiedet Pläne, die bei ihrer Umsetzung primär preistreibende Wirkung hätten.

Bei der Präsidentschaftswahl gehe es um zwei Visionen, betonen die Demokraten: Harris stehe für die Zukunft, Trump für die Vergangenheit. Gesellschaftlich mag das stimmen. Ökonomisch aber vertreten beide Kandidaten überholte Ideen, die ihre Untauglichkeit im Kampf gegen hohe Preise schon oft bewiesen haben. Trump setzt auf Abschottung und Zölle, was den Import und den Konsum verteuert; Harris propagiert eine planwirtschaftliche Preispolitik, was zu aufgestauter Inflation führt. Schwer zu sagen, was schlimmer ist. Klar ist: Keine der beiden Visionen steht für eine erfolgreiche Zukunft.

Exit mobile version