Donnerstag, Juli 4

Drei Wochen nach seiner Verletzung ist Djokovic bereits wieder auf dem Tennis-Court. Wurde er tatsächlich operiert, oder war das Ganze nur ein Bluff?

Wimbledon, das wahrscheinlich wichtigste Rendez-vous im jährlichen Tenniskalender, begann am Montag mit den ersten Auftritten jener beiden Spieler, die gemeinhin auch als Topfavoriten auf den Sieg gelten: Carlos Alcaraz und Jannik Sinner. Die beiden überstanden ihre Startaufgaben ohne grössere Probleme.

Die zwei Jungstars haben die beiden ersten Major-Turniere der Saison gewonnen (Sinner Ende Januar in Melbourne, Alcaraz vor drei Wochen in Paris) und sind deshalb auch die Favoriten der englischen Buchmacher auf den Sieg im All England Lawn Tennis Club. Zum Favoritenkreis gehören aber auch der Deutsche Alexander Zverev, der Russe Daniil Medwedew und der Pole Hubert Hurkacz.

Eine Operation wird zunehmend mysteriös

Und dann gibt es da ja auch noch Novak Djokovic. Der Serbe hat das Turnier im Südwesten Londons bereits sieben Mal gewonnen. Mit einem weiteren Titel zöge er mit Roger Federer gleich. Lange schien es, als könnte Federer zumindest diesen Rekord gegenüber dem 37-jährigen Serben verteidigen. Vor einem Jahr war Djokovic im Final überraschend Carlos Alcaraz unterlegen und hatte den Titel Nummer acht denkbar knapp verpasst.

Nun, vor dem nächsten Anlauf, verletzte er sich vor etwas mehr als drei Wochen in Roland-Garros am Knie und musste im Viertelfinal gegen den Norweger Casper Ruud aufgeben. Bereits am Tag danach soll er sich noch in Paris einer Meniskusoperation unterzogen haben. Auf Instagram teilte er danach seinen Anhängern mit: «Ich verarbeite noch alles, aber freue mich, euch mitteilen zu können, dass die OP gut verlaufen ist.»

Knieoperationen sind für einen Tennisspieler heikel. Das weiss man nicht zuletzt in der Schweiz. Roger Federer hatte sich 2020 am Tag nach seiner Halbfinalniederlage gegen Djokovic beim Einlassen eines Bades für seine Töchter am Meniskus verletzt und musste sich einer Operation unterziehen. Es war der Anfang vom Ende seiner grossen Karriere. Zwar versuchte der Baselbieter noch während rund eineinhalb Jahren, auf die Tour zurückzukehren. Das Knie erlaubte es ihm allerdings nicht mehr, wettkampfmässig Tennis zu spielen. Rückschlag folgte auf Rückschlag, im Herbst 2022 zog er die Konsequenzen und verabschiedete sich am Laver-Cup in London in einem Doppel an der Seite von Rafael Nadal aus dem Tenniszirkus.

Djokovic hingegen will sich nicht einmal drei Wochen nach seinem Eingriff bereits wieder den Konkurrenten stellen. Schnelle Heilungen nach Eingriffen am Knie hat es immer wieder gegeben. Die Schweiz erinnert sich gerne an «das Knie der Nation»: Pirmin Zurbriggen hatte sich 1985 bei der Abfahrt in Kitzbühel am Meniskus verletzt und sich danach in der Muttenzer Rennbahnklinik einer Operation unterziehen müssen.

Vor der WM in Bormio wurde seine Genesung zum Wettlauf gegen die Zeit. Ein ganzes Land fieberte damals mit dem Walliser mit. Und Zurbriggen schafft es tatsächlich. Rechtzeitig zum Beginn der Weltmeisterschaft war er zurück auf der Piste und gewann in Bormio Gold in der Abfahrt und der Kombination, dazu auch noch Silber im Riesenslalom. Während der Abfahrt sassen 1,7 Millionen Zuschauer vor dem Fernseher. Diese Einschaltquote ist für das Schweizer Fernsehen bei einer Sportveranstaltung bis heute Rekord.

Ausgerechnet ein Serbe sät Zweifel an der OP

Doch Skifahren ist für das Knie weniger belastend als Tennis mit seinen abrupten Richtungswechseln und dem vielen Bremsen und Anlaufen. Djokovic hat fraglos eine aussergewöhnliche Muskulatur, die ihm nun geholfen haben dürfte. Trotzdem wuchsen in den vergangenen Tagen in Wimbledon die Zweifel daran, ob sich der Serbe tatsächlich hat operieren lassen oder ob sein Tweet von Anfang Juni nicht doch ein Marketing-Gag gewesen ist.

Geschürt hat die Zweifel ausgerechnet Bozidar Maljkovic, der Präsident des Serbischen Olympischen Komitees, der einheimischen Medien gegenüber sagte, er habe mit Djokovics Onkel Goran gesprochen und von diesem die Auskunft erhalten, dass Djokovic nicht operiert worden sei.

Jedenfalls trainierte der langjährige Dominator der Tour, der im Ranking mittlerweile noch als Nummer zwei geführt wird, in der letzten Woche auf dem Rasen des All England Lawn Tennis Club. Rat soll er sich zuvor unter anderem bei Stan Wawrinka und der Skirennfahrerin Lindsey Vonn geholt haben, die ungewollt viel Erfahrung im Umgang mit Verletzungen gesammelt hat.

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Noch ist nicht ganz sicher, dass Djokovic am Dienstag tatsächlich zu seiner Erstrundenpartie gegen den Tschechen Vit Kopriva (ATP 123) antreten wird. In seiner Medienkonferenz vor dem Turnier äusserte er sich sibyllinisch zu seiner Gesundheit. «Das Knie hat bis jetzt gut auf die Belastung reagiert. Das stimmt mich positiv und führte auch zur Entscheidung, in Wimbledon anzutreten. Doch mir bleibt ja noch etwas Zeit, bis ich erstmals spielen muss.»

Das ist die übliche Taktik angeschlagener Sportler. Schwächen zeigt man nur im äussersten Notfall. Sollte Djokovic tatsächlich antreten, gehört er fraglos zum Kreis der Favoriten. Nach einem lockeren Trainingsmatch am Freitag gegen den Russen Daniil Medwedew sagte er gegenüber britischen Medien: «Ich habe ein paar Trainingssätze gespielt. Der Test war sehr erfolgreich, darüber bin ich natürlich froh. Ich war schmerzfrei.» Es war eine Art Kampfansage an seine Konkurrenten.

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