Mittwoch, Oktober 9
Nachgewürzt

Wolfgang Fassbender


Gastro-Tipps

Die Berner legen auch in kulinarischer Hinsicht eine erfreuliche Gelassenheit an den Tag. Was sich als Lokal einmal etabliert hat, bleibt viele Jahre angesagt. Langweilig ist das keinesfalls.

Ist Bern nun eine Gourmet-Metropole oder nicht? Diese Frage kann man so oder so beantworten. Wer sich nur auf die Bewertungen des «Guide Michelin» stützt, wird zum Schluss kommen, dass andere Schweizer Städte mehr zu bieten haben: Zürich, Genf oder Basel. Andererseits leisten die gehobenen Lokale Berns eine so zuverlässige, unspektakuläre Arbeit, dass sie oft durchs Trendraster fallen. Newcomer sind hier rar, auch die, die aufgeben oder ihr Konzept ändern, sind selten.

Zu den grossen Verlusten gehört sicher der «Äussere Stand» unter Küchenchef Fabio Toffolon. So ambitioniert ist seit Anfang 2020 wohl niemand mehr gestartet in Bern. Dass der Mann nun, zusammen mit seinem Bruder, im «The Chedi Andermatt» aktiv ist, sorgt für Trost.

Apropos Tränen trocknen: Auch jenseits der zehn Toplokale gibt es etwas zu erleben in Bern. Das Restaurant Kirchenfeld hat mir schon vor Jahren gut gefallen, und im «Nido» kann man mit Blick über die Stadt auf beachtliche Weise Pasta und andere italienische Speisen geniessen.

1. «Zoe»: gern ohne Fleisch

Einer der Newcomer Berns. Der Stern im «Guide Michelin» kam schnell und sehr berechtigt. Das Restaurant Zoe hat, vor allem dank der Küche von Fabian Raffeiner, rasch die verdiente Anerkennung erhalten. Ganz ohne Fleisch, Fisch und verwandte Produkte. Von meinem letzten Besuch ist mir nicht nur der BBQ-Lauch in Erinnerung, auch das Ambiente und die Weinkarte zeigen Stil.

Adresse: Restaurant ZOE, Münstergasse 39, 3011 Bern

2. «Wein & Sein»: Speisen und Getränke auf Sterneniveau

Der Name dieses Restaurants sagt schon alles aus. Hier kocht mit Pascal Melliger ein Könner, der noch wenig bekannt ist, und hier spielt Wein eine grössere Rolle als sonst in der gehobenen Gastronomie.

Für Dry-Aged-Poulet oder Forelle mit Rhabarber verleiht der «Guide Michelin» einen Stern, während Gault-Millau mit 15 Punkten Zurückhaltung übt. Daniela Jaun sorgt für Getränkeempfehlungen der herausragenden Art.

Adresse: Wein & Sein, Münstergasse 50, 3011 Bern

3. «Steinhalle»: Abwechslung garantiert

Markus Arnold gilt als einer der kreativsten Gastronomen der Stadt, ist für seinen Burger bekannt geworden und zieht seit Jahren ein Fine-Dining-Konzept durch, das seinesgleichen sucht. Das Menu wechselt nämlich regelmässig und zeigt immer wieder aufs Neue die Küche eines anderen Landes.

Ab dem 17. Mai ist Südkorea dran, danach folgt, ab Mitte Juli, eine Reise durch Japan. Zusammen mit dem Ambiente im Historischen Museum eine der grössten kulinarischen Attraktionen der Schweiz.

Adresse: Steinhalle, Helvetiaplatz 5, 3005 Bern

4. «Mille Sens»: bei Domingo zu Gast

Ein bisschen aus der Rolle der üblichen Gastronomie fällt das von Domingo S. Domingo geführte Lokal. Der Koch schert sich nicht um die sonst übliche Trennung von Casual und Fine Dining, serviert seine Rice Bowl ebenso wie das Berner Wagyu «nose to tail» oder seine Gourmet-Tavolata ab 94 Franken pro Person. Domingos Kochkurse gelten als legendär, die Weinkarte hat viel zu bieten.

Adresse: Mille Sens, Schweizerhof-Passage, Spitalgasse 38, 3011 Bern

5. das Gourmetrestaurant im Kasino: gern vegetarisch

Man hört zwar nicht mehr gar so viel von diesem Restaurant wie früher, aber die abwechslungsreiche Küche und die riesige Weinkarte liefern schon zwei Gründe, die Kornhausbrücke zu überqueren. Erbsentarte und Seeländer Blumenkohl, zwei Gänge aus dem neuen vegetarischen, mit 105 Franken fair bepreisten Menu, klingen besonders spannend.

Adresse: Casino Bern, Casinoplatz 1, 3011 Bern

6. «Jack’s Brasserie»: Geschichte seit 1911

Historisches Allzwecklokal im «Schweizerhof», einem der eindrucksvollsten Hotels der Stadt. Benannt nach dem legendären Hotelier Jack Gauer, hat sich die Brasserie unentbehrlich gemacht. Die Küche ist viel kreativer, als sie angesichts der Location und der vielen Stammgäste sein müsste. Eine Karottenvariation und das Wellington vom Kalbsbäckli sind gute Beispiele für kulinarische Moderne. Weltgewandter Service, gut ausgesuchte Weine.

Adresse: Jack’s Brasserie, Bahnhofplatz 11, 3001 Bern

7. «Haberbüni»: Schneiders Paradies

Nicht mehr Berner Altstadt, aber so nah zu selbiger, dass sich ein Besuch immer wieder lohnt. Mit seinem unverwechselbaren Stil hat sich der Betrieb unter der Leitung von Markus Schneider in die Herzen der Berner gespielt.

Mein erster Besuch vor mehr als 23 Jahren hinterliess mich begeistert, und auch heute noch wird hier das etwas andere Essen serviert. 99 Franken fürs sechsgängige Menu? Ein Schnäppchen mit vielen Ideen! Wirsingtaco mit Lamm oder Rhabarber mit Macadamianüssen gibt es bernweit wohl nur hier.

Adresse: Restaurant Haberbüni, Könizstrasse 175, 3097 Liebefeld

8. «Darling»: verliebt in Produkte

Fast noch ein Geheimtipp, obwohl der Betrieb schon mehr als zwei Jahre existiert. Die Menukarte ist schlicht, die Speisen kosten nicht die Welt, aber die Qualität der Zutaten ist mehr als beachtlich. Mönchsbart mit Salzzitrone oder Lammragout mit Frühlingsgemüse schmecken deshalb so gut, weil die Zutaten regionaler und saisonaler eingekauft werden, als dies bei vielen anderen Restaurants der Fall ist. Tolles Preis-Leistungs-Verhältnis.

Adresse: Restaurant Darling, Kasernenstrasse 29, 3013 Bern

9. «Brasserie Vue»: ein Hauch von Weltstadt

Manchmal soll man in der Brasserie Vue Staatsgäste treffen, aber in aller Regel sind es doch nur Parlamentarierinnen, Journalisten und Touristinnen, die das Flair des Hotels Bellevue erleben wollen. Klar, man kann hier viel Geld ausgeben, aber man muss es nicht, denn ausser Austern und Seezunge gibt es auch Berner Zungenwurst und Käsesoufflé. Der Ausblick ist unschlagbar.

Adresse: Brasserie Vue, Kochergasse 3/5, 3011 Bern

10. «Moment»: Carte blanche

Ein spannendes Konzept. Man kann hier der Küche Carte blanche geben und das vier- oder fünfgängige Überraschungsmenu bestellen. Entweder rein pflanzlich oder mit Fisch und Fleisch angereichert. Dienstags und mittwochs dagegen lassen sich auch die Klassiker des Hauses einzeln ordern: Bärlauchravioli vielleicht oder die Poularde mit Mangold.

Adresse: Moment, Gerechtigkeitsgasse 56, 3011 Bern

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