Sonntag, Oktober 6

Die OECD-Mindeststeuer gilt auch für die bisher steuerbefreite Zürcher Kantonalbank. Doch das tangiert die Bank wenig. Denn als Staatsbank zahlt sie die Steuern ja in die eigene Tasche.

Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) geniesst Privilegien, die andere Banken in der Schweiz nicht haben. Wie viele andere Kantonalbanken verfügt sie nicht nur über eine Staatsgarantie, was gerade in unsicheren Zeiten wie ein Magnet für Kundengelder wirkt. Hinzu kommt, dass die ZKB auch steuerbefreit ist, sowohl nach dem kantonalen Steuergesetz als auch dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer. Die vom Kanton kontrollierte Bank zahlt also keine Gewinn- und Kapitalsteuern.

Verzwanzigfachung des Steueraufwands

Das ändert sich jetzt. Allerdings nicht, weil der Kanton Zürich seine Meinung geändert hat, sondern auf Drängen der OECD. Im Rahmen dieser Organisation haben sich rund 140 Staaten darauf geeinigt, die Gewinne internationaler Grosskonzerne mit mindestens 15 Prozent zu besteuern. Betroffen sind Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 750 Millionen Franken. Und weil die ZKB im vergangenen Jahr einen Geschäftsertrag von 3,2 Milliarden Franken verbuchte, fällt sie eindeutig unter diese Regelung.

Die vom Stimmvolk im Juni 2023 beschlossene OECD-Mindeststeuer kommt 2024 erstmals zur Anwendung, in Form einer nationalen Ergänzungssteuer. Sie hinterlässt im Halbjahresergebnis der ZKB deutliche Spuren. So stieg der Steueraufwand gegenüber dem Vorjahr von 4 Millionen auf 88 Millionen Franken. Der grösste Teil davon, rund 85 Millionen, ist auf die OECD-Steuer zurückzuführen. Der Rest verteilt sich vor allem auf Tochtergesellschaften wie Swisscanto, die nicht steuerbefreit sind.

Die Folge: Der Konzerngewinn sank in den ersten sechs Monaten um 11 Prozent auf 601 Millionen Franken. «Aussagekräftiger ist aber wegen des OECD-Effekts der Vergleich des Gewinns vor Steuern», sagt ZKB-Finanzchef Martin Bardenhewer. Vor Steuern stieg der Gewinn von 681 auf 689 Millionen Franken. Zwar konnte das gute Zinsergebnis von 2023 nicht gehalten werden, weil die Umschichtung von Kundengeldern in höher verzinste Anlagen an Dynamik verlor. Das positive Marktumfeld stärkte hingegen das Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft.

«Es ändert sich nichts»

Die entscheidende Frage für viele Regionalpolitiker lautet aber: Was ändert sich durch die OECD-Mindeststeuer für den Kanton und die Gemeinden, die von der ZKB jährlich hohe Gewinnausschüttungen erhalten? Bardenhewer sagt: «Es ändert sich nichts. Die OECD-Mindeststeuer hat keine Auswirkung auf die Summe oder den Verteilschlüssel der Ausschüttungen.» Auch in Zukunft würden die Ausschüttungen zu zwei Dritteln an den Kanton und zu einem Drittel an die Gemeinden gehen.

Ohne Kunstgriff wäre das allerdings nicht möglich. Denn die Ergänzungssteuer fliesst vollumfänglich an den Kanton. Und die Bank hätte nach dieser Zahlung eigentlich weniger Geld für Gewinnausschüttungen zur Verfügung.

Für die Gemeinden hätte dies Einbussen zur Folge, nicht aber für den Kanton, der ja von der ZKB neuerdings Steuern erhält. Schätzungen ergaben, dass die Gemeinden nach der Einführung der OECD-Mindeststeuer ohne Gegenmassnahmen bei einem ZKB-Jahresgewinn von 1 Milliarde Franken (2023 lag der Gewinn bei 1,2 Milliarden) pro Jahr rund 50 Millionen Franken weniger erhalten hätten.

Zu solchen Abstrichen zulasten der Gemeinden kommt es aber nicht. Denn der Zürcher Kantonsrat hat rasch vorgesorgt – noch bevor überhaupt klar war, wann der Bundesrat die Steuer einführen würde. Das Kantonalbankgesetz ist so angepasst worden, dass die Steuerzahlungen an den Kanton mit den Ausschüttungen verrechnet werden. Was der Kanton also an OECD-Mindeststeuern erhält, reduziert einfach die Ausschüttungen. Insgesamt bleibt alles beim Alten.

Die Eigner halten sich schadlos

«Entscheidend ist, dass sich für den Eigner nichts ändert», sagt Finanzchef Bardenhewer. Denn um kleine Beträge geht es nicht. Die ZKB schüttet zumeist ungefähr 45 Prozent des Jahresgewinns an den Kanton und die Gemeinden aus, wobei es keine fixe Regel gibt. Der Rest wird zur Stärkung des Eigenkapitals den Reserven zugewiesen. Gemäss ZKB wurden so in den letzten zehn Jahren rund 2,6 Milliarden Franken an den Kanton und 1,4 Milliarden an die Gemeinden ausgeschüttet.

Mit der Gesetzesanpassung führt die ZKB die OECD-Mindeststeuer ad absurdum. Ausser mehr Bürokratie ändert sich nichts. Was die Bank neu an Steuern zahlen muss, fliesst zuerst dem Staat zu und dann an den (fast identischen) Eigentümer zurück. Für private Firmen ist solche Bauernschläue leider keine Option. Sie können nicht damit rechnen, dass sich ihre Eigner schadlos halten, zumal Bern die zusätzlichen Steuereinnahmen kaum an die Aktionäre zurückzahlen wird.

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