Samstag, Januar 11

Am Rennweg kommt es zu grossen Veränderungen: Die Confiserie wird zwei Jahre lang umgebaut.

Das Interieur der Edelconfiserie Honold am Rennweg in der Zürcher Altstadt ist geradezu rührend altmodisch. Der braunrote Steinboden, die Vitrinen aus Glas, die Holzverkleidung oberhalb der Regale: Hier hat sich seit über fünfzig Jahren kaum etwas verändert. Einzig der Tea-Room im ersten Stock hat vor über zehn Jahren eine Auffrischung erhalten.

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Die Inhaberin Cristina de Perregaux weiss, dass der Laden wie aus der Zeit gefallen scheint. Sie sagt: «Die Leute kommen wegen der Produkte zu uns, nicht weil sie die Einrichtung schön finden.»

Bekannt und beliebt sind etwa die Butterbrezel, das Birchermüesli oder das Pain de Gênes, ein Biskuit aus fein geriebenen Mandeln ohne Mehl. Fritz Honold, der weitgereiste Urgrossvater von Cristina de Perregaux, brachte das Rezept einst von Genua in die Schweiz mit. Er lebte und arbeitete im Haus am Rennweg, genauso wie de Perregaux’ Grossvater.

Die Brezeln gehören seit je zu den Verkaufsschlagern bei Honold, die Canapés ebenfalls.

120 Jahre alt wird Honold dieses Jahr, und Confiserien wie diese gibt es nur noch wenige in Zürich. Die Zuckerbäckerei befindet sich nach wie vor in Familienbesitz, de Perregaux führt sie in vierter Generation. Sämtliche Produkte werden selbst hergestellt.

Seit den Anfängen 1905 sind fünf Filialen hinzugekommen, soeben hat eine weitere in Erlenbach eröffnet. Nun steht Honold vor einer grossen Veränderung: Das Stammhaus am Rennweg wird ab dem Sommer zwei Jahre lang saniert und bleibt in dieser Zeit geschlossen.

Ein radikaler Schritt, der aber nötig sei, sagt die Chefin. Nicht nur, weil das Interieur eine Auffrischung braucht. Sondern auch, weil die Liegenschaft an bester Lage wahrlich unternutzt ist: Die meisten Etagen stehen leer.

Bis zum Jahr 2013 befand sich die gesamte Produktion am Rennweg, eine Seltenheit mitten in der lebhaften Altstadt. «Es war ein Bienenhaus», sagt die 58-Jährige. «Manchmal ging der Feueralarm los, wenn die Nuss-Rösterei in Betrieb war.» Schliesslich wurden Backstube, Confiserie, Traiteur und Büros nach Küsnacht ausgelagert, wo Honold eine Filiale mit Café betreibt.

Im Haus am Rennweg werden in den oberen Stockwerken Wohnungen eingebaut und vermietet. Den Tea-Room im ersten Stock wird es nicht mehr geben. Er binde Personal, und wenn wenig Gäste anwesend seien, sei dies nicht wirtschaftlich, sagt de Perregaux. Die Schliessung schmerzt sie. Lange war der Tea-Room das Herz von Honold, ihr Grossvater hatte ihn einst gestaltet.

Wie genau das Stammhaus nach der Renovation aussehen wird, steht noch nicht fest. «Wir sind in den letzten Zügen mit der Planung.» Klar ist: Im Café im Erdgeschoss der Confiserie, das heute 75 Sitzplätze hat, wird es künftig weniger Stühle geben.

Trubel um das Schoggi-Tram

Cristina de Perregaux hat die Leitung von Honold im Jahr 2011 als Quereinsteigerin übernommen. Sie wuchs in mehreren Ländern auf und verbrachte die Ferien oft bei den Grosseltern in Zürich. «Es war das Paradies, denn bei meinen Eltern gab es nur am Wochenende Schokolade.» Obwohl ihr Herz an der Confiserie hing, konnte sie sich lange nicht vorstellen, für das Familienunternehmen zu arbeiten. In London studierte sie Speech Sciences. Später zog sie in die Schweiz und arbeitete als klinische Logopädin am Zürcher Universitätsspital.

Dann kam das Jahr 2005, und Lotti Honold, die die Confiserie damals leitete, bat ihre Nichte um Hilfe. Zum 100-jährigen Bestehen des Familienunternehmens rollte ein Schoggi-Tram durch die Stadt, in dem die Passagiere Schokolade degustieren konnten.

Einen Franken kosteten die Billette, und der Andrang war riesig. «Die Leute, die leer ausgingen, waren wütend oder weinten», erinnert sich de Perregaux. «Also habe ich sie an den Rennweg geschickt und ihnen gesagt, sie könnten für einen Franken eine heisse Schokolade und ein Pain de Gênes kaufen.»

Ihre Tante habe gar keine Freude daran gehabt, sagt sie und lacht. «Aber ich habe ihr gesagt: Das sind unsere zukünftigen Kunden.» Nach dieser Aktion begann sie Teilzeit bei Honold zu schnuppern. Und sie übernahm das Geschäft schliesslich, als ihre Tante verkaufen wollte. Das Schoggi-Tram gibt es bis heute. Jeweils im November ist es eine Woche lang in Zürich unterwegs.

Das Schoggi-Tram verkehrte erstmals zum 100-Jahre-Jubiläum von Honold.

Neben dem Stammhaus am Rennweg betreibt Honold in der Stadt Zürich zwei weitere Filialen, am Zürichberg und in Witikon. Es ist kein Zufall, dass sich Honold in einer gut betuchten Nachbarschaft niedergelassen hat. Zwei kleine Filialen am Stadelhofen und am Bahnhof Enge rentierten nicht und mussten schliessen. Die Geschäfte in Herrliberg und Küsnacht hingegen seien ein Erfolg, deshalb habe man sich entschieden, eine weitere Filiale in Erlenbach zu eröffnen.

«Die Leute kommen nicht eigens in die Stadt, um bei uns ein Brot und ein Canapé zu kaufen», sagt de Perregaux. «Deshalb müssen wir zur Kundschaft gehen.» De Perregaux ist bewusst: Eine Schwarzwäldertorte für fast fünfzig Franken kann und will sich nicht jeder leisten.

Die Preise sind so hoch, weil sie auf personalintensive Handarbeit statt auf maschinelle Produktion setzt. De Perregaux ist stolz darauf, dass viele Mitarbeitende seit Jahren für Honold tätig sind. Der Chocolatier ist dem Unternehmen seit 27 Jahren treu. «Unsere Leute schätzen es, dass sie an verschiedenen Stellen eingesetzt werden», sagt de Perregaux.

Einmal im Jahr etwa werden mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abbestellt, um kiloweise italienische Trauben von den feinen Ästen zu befreien und sie in Cognac einzulegen. Erst zwölf Monate später werden sie mit Schokolade überzogen und gehen als «Honold-Trauben» in den Verkauf.

Auch die Rohmaterialien müssten von bester Qualität sein, sagt de Perregaux. Das Mehl für die Brote etwa bezieht Honold von einer alteingesessenen Mühle in Birmenstorf, die in sechzehnter Generation geführt wird.

Die Produkte von Honold werden von Hand hergestellt. Das hat seinen Preis.

Verkauf der Liegenschaft kommt nicht infrage

De Perregaux ist sich bewusst: Die zwei Jahre, in denen die Confiserie am Rennweg umgebaut wird, sind mit grossen finanziellen Einbussen verbunden. Doch es führe kein Weg an der Sanierung vorbei. Wenn an der nahen Bahnhofstrasse Familienunternehmen schliessen müssen und Liegenschaften von Versicherungen aufgekauft werden, schmerzt sie das. «Es ist wichtig, dass alteingesessene Geschäfte in Zürich überleben können.» Deshalb will sie dem Haus Sorge tragen und es wieder schön herrichten. Es zu verkaufen, kommt für sie nicht infrage.

Ganz auf Honold wird man in der Innenstadt während der Bauphase nicht verzichten müssen. Die Confiserie kann in unmittelbarer Nähe, am kleinen Platz bei der Bahnhofstrasse, einen Container als Provisorium aufbauen. Dort werden Klassiker aus dem Sortiment und Pralinés in Schachteln verkauft. Einen Online-Shop hat die Confiserie nicht. «Uns fehlt zurzeit noch die Logistik dazu.»

Um sich voll auf den Umbau kümmern zu können, hat Cristina de Perregaux die operative Leitung von Honold an einen Geschäftsführer abgegeben. Und sie denkt schon heute an die Zukunft des Familienunternehmens.

Ob ihre beiden Kinder dereinst übernehmen werden? «Dieser Entscheid liegt bei ihnen», sagt die Honold-Erbin. Auch sie selbst hat ihre Berufung spät gefunden – und es nicht bereut.

Exit mobile version