Dienstag, November 26

In unsicheren Zeiten von globalen Krisen und Kriegen soll eine besondere Art von Polizeipatrouille in der Stadt Zürich für mehr Sicherheit sorgen.

Es gibt Kriminalfälle, die können einen erheblichen Einfluss auf das erlebte Sicherheitsgefühl haben. Wie jene blutige Attacke im Oktober, bei der ein 23-jähriger Chinese in Oerlikon mit einem Messer eine Gruppe Kinder angriff. Die Kindergartenkinder waren auf dem Weg in den Hort, als der Täter sie unvermittelt auf offener Strasse attackierte. Drei Buben wurden verletzt.

Nicht nur viele Eltern fragten sich: Wie sicher ist es eigentlich in der Stadt Zürich? Dabei gilt es zu unterscheiden: zwischen der Anzahl der Straftaten und dem Gefühl der Sicherheit, das die Bevölkerung empfindet.

Was die Straftaten angeht, schafft ein Blick in die jüngste Kriminalitätsstatistik Klarheit. In der Stadt wurden für das Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr 2,5 Prozent mehr Delikte gegen Leib und Leben verzeichnet, was keinen alarmierenden Anstieg darstellt.

Von Gewalt im öffentlichen Raum sind vor allem Minderjährige betroffen. Solche Taten häufen sich vor allem um den Hauptbahnhof und um die Langstrasse. Insbesondere die Zahl der Messerattacken hat sich im ganzen Kanton seit 2019 verdoppelt – von 50 auf 105 Fälle. Rund die Hälfte der Angriffe passierte in der Stadt.

Nur, was machen diese Zahlen mit den Leuten?

Die Frage interessiert auch die Zürcher Stadtpolizei. Alle vier Jahre fühlt sie der Bevölkerung den Puls. Am Montag wurden die Ergebnisse der jüngsten repräsentativen Umfrage präsentiert. Durchgeführt wurde sie vom Forschungsinstitut Demoscope.

Was auffällt: Für manche Zürcherinnen und Zürcher hat die gefühlte Sicherheitslage in der Stadt in den vergangenen fünf Jahren abgenommen. 27 Prozent der Befragten geben an, die Sicherheit habe gelitten. Vor vier Jahren lag dieser Wert noch bei 17 Prozent.

Die Erklärung dafür, warum diese Unsicherheit in Teilen der Bevölkerung vorherrscht, mutet etwas diffus an. So begründeten die Meinungsforscher den Umstand mit globalen Krisen und Kriegen, die einen Einfluss auf das Sicherheitsgefühl hätten.

Vor allem in der Nacht leidet das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung. Zu später Stunde und alleine unterwegs, fühlt sich jede fünfte befragte Person nicht mehr sicher. Dieser Wert war in der vergangenen Befragung praktisch gleich.

In Zürich gibt es Orte, die als gefährlicher wahrgenommen werden als andere. Geht es um sogenannte «No-go-Areas», wird vor allem der Stadtkreis 4 genannt. Knapp jeder Fünfte meidet die Langstrasse. Auch der Hauptbahnhof, Parks wie die Bäckeranlage oder allgemein dunkle Orte werden genannt. Lediglich ein Drittel der Leute sagt, sie würden keinen Ort in der Stadt meiden.

Gerade die Zürcher Bäckeranlage sorgte vergangenes Jahr für Schlagzeilen. Dort etablierte sich im Sommer 2023 eine offene Crack-Szene. Auch rund um das Gleis 13 beim Hauptbahnhof sind Süchtige vermehrt anzutreffen.

Die Bürger empfinden Drogensüchtige oder Drogendealer als dringendstes Sicherheitsproblem, das durch die Polizei gelöst werden sollte. Als weitere Sicherheitsprobleme werden der Strassenverkehr sowie Gewalt im öffentlichen Raum genannt.

Zufrieden mit Freund und Helfer

Die Stadtzürcher Bevölkerung fühlt sich durch die Stadtpolizei gut geschützt. 89 Prozent geben an, dass sie sich genügend bis vollkommen geschützt fühlen. 81 Prozent finden, dass sich Zürcher Polizistinnen und Polizisten korrekt verhielten.

Von den 13 Prozent der Bürgerinnen und Bürger, die das Verhalten der Polizei als nicht korrekt bezeichneten, fühlt sich die Mehrheit nicht ernst genommen oder unfreundlich bis respektlos behandelt.

Die Stadtpolizei geniesst in der Bevölkerung ein hohes Vertrauen. Sie bringt es auf 8,25 von 10 möglichen Punkten. Die Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart sagte am Montag, die hohen Vertrauenswerte zeigten, wie nahe die Stadtpolizei an der Bevölkerung dran sei.

Noch nicht «top» ist die Stadtpolizei laut Rykart bei den Personenkontrollen. Jede dritte Stadtzürcherin und jeder dritte Stadtzürcher gaben an, dass die Polizei nicht alle Menschen gleich behandle. Danach gefragt, wer anders behandelt werde, sagte knapp die Hälfte «dunkelhäutige sowie ausländisch aussehende Menschen».

Um sogenanntem Racial Profiling vorzubeugen, will Rykart unter anderem eine App etablieren, in der Polizisten angeben müssen, warum sie eine Personenkontrolle durchgeführt haben. Auch müsse die Polizei den Leuten sagen, wo sie sich melden könnten, wenn sie mit der Kontrolle nicht einverstanden gewesen seien.

Die Zürcher Bevölkerung begrüsst zudem den Einsatz von sogenannten Bodycams. 84 Prozent bezeichnen Videoaufnahmen durch die Polizei als sinnvoll.

Nicht bei jeder Lärmklage kommt eine Patrouille

Die Zürcher Bevölkerung mag es, wenn die Polizei sichtbar präsent ist. Jeder Vierte wünscht sich noch mehr Patrouillen zu Fuss, jeder Dritte wünscht sich mehr Velopatrouillen.

«Unsere sichtbare Polizeipräsenz wirkt sich positiv auf das Sicherheitsempfinden aus», sagt der Kommandant Beat Oppliger. Diese Präsenz habe aber ihren Preis. So hätten beispielsweise die Öffnungszeiten der Wachen angepasst werden müssen.

Auch sei eine gewisse Verzichtsplanung nötig, führt Oppliger weiter aus. Die Polizei könne zu jenen Fällen nicht mehr ausrücken, bei denen keine unmittelbare Gefahr bestehe. Etwa bei Lärmklagen muss laut Oppliger manchmal eine Priorisierung gemacht werden.

Weil die Belastung im Polizeikorps hoch sei, beantrage der Stadtrat beim Stadtparlament auch dieses Jahr siebzehn zusätzliche Stellen für die Sicherheitspolizei, wie Karin Rykart sagte.

Neu will die Stadtpolizei ihre sichtbare Präsenz im öffentlichen Raum ausbauen: Dazu werden die Patrouillen künftig mit gelb markierten Westen unterwegs sein. Die Massnahme soll bereits in den kommenden Monaten sichtbar sein. Und um dem Wunsch der Bevölkerung nach mehr Velopatrouillen nachzukommen, sollen künftig alle Polizistinnen und Polizisten auf dem Velo geschult werden. In zwei Jahren sollen dann deutlich mehr Velopatrouillen durch die Stadt radeln.

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