Gesundheitskioske und Freundschaftsbänke sollen die medizinische Versorgung in der Stadt verbessern. Das ist unrealistisch.
Die Politik der Stadtzürcher Linken folgt einem immer gleichen Muster. Sie beschwört ein Problem herauf, das es nicht gibt – und präsentiert dann eine vermeintliche Lösung, deren Umsetzung nicht nur teuer, sondern auch fragwürdig ist. Diese Woche hat es die Alternative Liste im Stadtparlament mit einem Vorstoss auf die Spitze getrieben. Sie will für die Bevölkerung sogenannte Gesundheitskioske einrichten.
Das Konzept dahinter: An zwei bis drei Standorten in der Stadt sollen Personen ohne Anmeldung medizinische Beratung in Anspruch nehmen und «einfache therapeutische Interventionen» von Pflegefachpersonen erhalten.
Damit will die AL ein niederschwelliges Angebot schaffen für Menschen mit Migrationshintergrund oder Senioren, wie sie sagt. Diese würden sich wegen sprachlicher und kultureller Hürden oft nicht trauen, medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen, so die Annahme. Der AL-Gemeinderat und Psychiater David Garcia Nuñez sprach von «bestehenden Systembarrieren» für Menschen mit niedrigem Einkommen oder mangelnden Deutschkenntnissen. Das Konzept soll auch die chronisch überlaufenen Notfallstationen entlasten.
Selbstverständlich ist ein einfacher Zugang zu medizinischer Versorgung wichtig. Aber wenn die AL tatsächlich glaubt, dass der Gang zum Hausarzt oder in ein Spital für manche Menschen eine zu grosse Hürde sei, lebt sie in einer Parallelwelt.
In der Realität ist die medizinische Grundversorgung in Zürich gut. Allein die Stadt bietet eine breite Palette von medizinischen Behandlungen für vulnerable Personen und gar für Menschen ohne Krankenversicherung an. In rund 600 Apotheken können medizinische Dienstleistungen und Beratungen in Anspruch genommen werden.
Hinzu kommen zahlreiche – oft kostenlose – Angebote von privaten Non-Profit-Organisationen. Eine teure Parallelstruktur zu bestehenden Institutionen aufzuziehen, die erst noch keiner kennt, ist schlicht nicht sinnvoll. Aber um die Kosten scheren sich die Alternativen und ihre rot-grünen Verbündeten wie so oft nicht.
Es ist zudem höchst fraglich, woher das Personal für diese Gesundheitskioske kommen soll. Der AL-Mann Garcia Nuñez wünscht sich spezialisierte Pflegefachpersonen, die kompetent über die Konsequenzen von Schlafstörungen, das Trinkverhalten von Neugeborenen oder das kantonale System für Prämienverbilligungen informieren – also eigentlich über sämtliche Aspekte der Gesundheitsversorgung.
Dazu sollen sie auch gleich noch eine Vortriagierung für Spitäler vornehmen, mehrere Sprachen sprechen und über Kenntnisse im psychosozialen Bereich verfügen.
Das sind hohe Anforderungen. Schon heute suchen Spitäler und Hausarztpraxen händeringend nach Fachkräften. Eine Studie über Schweizer Spitäler von PwC Schweiz zeigte auf, dass im Jahr 2030 rund 30 500 Pflegestellen nicht besetzt sein werden. Wenn schon, sollten also bestehende Institutionen gestärkt werden.
Die neuste «Bereicherung» für das lokale Gesundheitswesen ist hingegen eine komplett unrealistische Idee. Sie zielt in die gleiche Richtung wie der Wunsch der AL nach sogenannten Freundschaftsbänken in der Stadt, die das Parlament ebenfalls an den Stadtrat überwies: Da sollen geschulte Laien eine erste Anlaufstelle für Menschen mit psychischen Problemen sein.
Die Vorstösse sind für den Stadtrat nicht bindend, und sie werden auch nicht von heute auf morgen umgesetzt. Aber das macht es nicht besser. Die Mehrheiten im rot-grün dominierten Parlament erlauben es, dass sich die Stadtverwaltung mit praktisch jeder gutgemeinten Idee von SP, Grünen und AL beschäftigen muss.
Gleichzeitig beschweren sich die Linken über die gestiegene Arbeitslast im Rat und wollen deshalb eine höhere Entschädigung, über die nun am 9. Februar an der Urne abgestimmt wird.
Dabei ist die Rechnung einfach: Je mehr Vorstösse, desto mehr Aufwand. Und gerade im Fall von Gesundheitskiosken und Freundschaftsbänken ist die Gefahr gross, dass nicht mehr als ein teurer Leerlauf für die Stadtverwaltung bleibt.