Bringt der Eurovision Song Contest der Stadt mehr Vor- oder Nachteile? Darüber hat das Zürcher Stadtparlament gestritten.

Corine Mauch ist im Nemo-Fieber – und mit ihr weite Teile des Zürcher Stadtparlaments. Geradezu euphorisiert hat sich am Mittwochabend eine Dreiviertelmehrheit hinter den Vorschlag der SP-Stadtpräsidentin gestellt. Sie will den Eurovision Song Contest (ESC) im Mai 2025 nach Zürich holen. SP, FDP, Mitte und ein Teil der grünen Fraktion unterstützen einen Rahmenkredit von 20 Millionen Franken, die es laut Mauch für die Durchführung des Grossanlasses braucht.

Ob der ESC im kommenden Jahr wirklich nach Zürich kommt, ist indes ungewiss. Die SRG, die für den Anlass verantwortlich ist, wird den Entscheid über die «Host-City» Ende August fällen. Neben Zürich sind unter anderem Basel, Bern und Genf im Rennen.

Was hätte Zürich vom Mega-Event mit 160 Millionen TV-Zuschauern weltweit – und wie hoch soll die finanzielle Beteiligung der Stadt sein? Zu diesen Fragen hatten namentlich Vertreter von SVP, AL und Grünen kritische Anmerkungen.

Der Grüne Dominik Waser sprach die «vielen unnötigen Flugbewegungen» an, die der Anlass auslösen werde. Diese seien mit den ambitionierten Klimazielen der Stadt Zürich nicht vereinbar. Sowieso fehlten bis jetzt Überlegungen, wie die Emissionen auf ein Minimum reduziert werden könnten. «Wir wehren uns gegen unbeschränkten Tourismus und die ewige Kommerzialisierung», sagte Waser.

AL-Gemeinderätin Sophie Blaser störte sich daran, dass die Stadt für den ESC quasi einen «Blankocheck» ausstelle. Der 2o-Millionen-Kredit werde im Eiltempo durchgepeitscht, ohne ordentliche Beratung in einer parlamentarischen Kommission. «Wir hatten keine Gelegenheit, das Geschäft sorgfältig zu prüfen.»

Zu viele Fragen blieben offen. Zum Beispiel, weshalb die Lärmschutzauflagen während der Eventwochen gelockert würden, wo genau ein Baustellenstopp verfügt werde und warum Polizeikosten nicht verrechnet würden. Zumindest sollten Letztere transparent ausgewiesen werden, fand Blaser. Mit einem entsprechenden Änderungsantrag hatte sie im Rat Erfolg.

Die SVP wiederum fand den Einsatz der Mittel generell zu hoch. «Völlig falsch und fragwürdig» sei es, so viel Steuergeld für einen kommerziellen Anlass zu verschleudern, fand Sebastian Zopfi – obschon er sich nicht grundsätzlich gegen die Austragung in Zürich stelle. Aber: der ESC müsse selbsttragend sein. Ungewiss sei, ob die Stadtbevölkerung den Anlass mit all seinen Vor-, aber auch Nachteilen überhaupt wolle.

Für die Befürworter überwiegen die Vorteile bei weitem. Stadtpräsidentin Mauch sprach davon, dass sich Zürich vor einem riesigen Publikum als weltoffene und vielfältige Stadt präsentieren könne. Der ESC und Zürich, das passe einfach: «Auf einer Dating-Plattform würde es heissen: It’s a match!»

Zudem sei mit einer «beträchtlichen Wertschöpfung» für das lokale und regionale Gewerbe zu rechnen. In der stadträtlichen Weisung wird das Beispiel der früheren Host-City Liverpool herangezogen. Dort hätten sich während des ESC die Touristenzahlen verfünffacht. Der Anlass habe dem Detailhandel die umsatzstärkste Woche des ganzen Jahres beschert. Die Besucherinnen und Besucher hätten insgesamt 20 Millionen Euro Direktausgaben und 80 Prozent mehr Umsatz in der Gastronomie generiert – insgesamt 62 Millionen Euro Wertschöpfung in der ganzen Stadt.

Ebenfalls habe es 152 000 Medienberichte gegeben. Das entspreche – in einer etwas gewagten Rechnung – einem «Marketing-Mehrwert» von 795 Millionen Franken. Insgesamt rechnet der Stadtrat damit, dass die lokale Wertschöpfung in Zürich etwa das Doppelte der eingesetzten Steuergelder betragen werde, die Wertschöpfung aus dem weltweiten Marketing sogar «ein Vielfaches».

Nicht nur deshalb sei der ESC in Zürich eine «Once in a lifetime»-Chance, meinte der SP-Gemeinderat Marco Denoth, selber ein grosser ESC-Fan. In der Stadt stünden mit Hallenstadion, Kongresshaus und Landiwiese die passende Infrastruktur bereit. Man müsse quasi nur noch die Kabel verlegen, und dann könne die Party starten.

Die Freisinnigen stellten sich ebenfalls klar hinter den Rahmenkredit. Përparim Avdili hat sich neben dem städtischen Engagement ein grosszügigeres des Kantons erhofft. Dieser spreche lediglich 5 Millionen Franken für den Anlass, von dem die ganze Region Zürich profitieren werde. Für den erwarteten Schub für die hiesige Wirtschaft hat Avdili auch schon den passenden Begriff parat: den «Nemo-Effekt».

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