Freitag, Januar 3

Sie waren Wegbereiter in Politik, Wirtschaft und Kultur, haben in Wissenschaft und Sport neue Massstäbe gesetzt und uns mit ihren Filmen, Büchern und Liedern verzaubert. Dieses Jahr haben sie uns verlassen.

Günther Fielmann
17. September 1939 – 3. Januar 2024

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Kaum ein Name ist so verknüpft mit einem Gegenstand wie Fielmann. Brillen günstig und in grosser Auswahl anzubieten, wurde zum Erfolgsrezept von Günther Fielmann. Mit einprägsamen Werbekampagnen und Aktionen wie einer Geld-zurück-Garantie revolutionierte er das Brillengeschäft. Sein Privatleben versuchte Fielmann, der aus einem Dorf in Schleswig-Holstein stammte, weitgehend aus der Öffentlichkeit herauszuhalten. Beruflich galt er als Perfektionist, strenge Massstäbe setzte er nicht nur für sich selbst, sondern auch für sein Umfeld.

1994 ging das Unternehmen, das 1972 mit dem ersten Geschäft in Cuxhaven begann, an die Börse. Fielmanns Unternehmen blieb in der Familie, die bis heute einen Grossteil der Aktien hält. Erst 2019 übergab Fielmann die Geschäfte an seinen Sohn Marc als neuen Vorstandsvorsitzenden des Konzerns. Inzwischen zählt Fielmann 23 000 Angestellte in Europa, Asien und den USA und ist damit das drittgrösste Unternehmen der Branche. Mit 84 Jahren starb Günther Fielmann im Kreis seiner Familie. Sein Erbe wird weitergetragen. Zum Nachruf

Franz Beckenbauer
11. September 1945 – 7. Januar 2024

Franz Beckenbauer galt als grösster Exponent des deutschen Fussballs. Beckenbauer war als Spieler Welt- und Europameister, vier Mal gewann er mit dem FC Bayern München einen Europacup, davon drei Mal in Serie den der Landesmeister. Er sammelte nicht bloss Titel und Rekorde, sondern hatte auch die Gabe, härtestes Spielgeschehen geradezu lässig erscheinen zu lassen.

Bloss lässt ihn heute nicht allein die Karriere als Spieler herausragen. Der «Kaiser» führte als Trainer die deutsche Nationalmannschaft mit recht unansehnlichen Auftritten in den WM-Final von 1986. Der Titelgewinn vier Jahre später in Italien veredelte die Karriere des Fussballlehrers Beckenbauer schon früh. Fortan galt er als ein Universalgenie des Fussballs – er war der zweite Mensch, der als Spieler und Trainer Weltmeister wurde.

Beckenbauer wuchs im seinerzeit kleinbürgerlichen Münchner Stadtteil Giesing auf. Der Vater war Postbeamter. Dieser Prägung schrieb Beckenbauer zu, dass er die Bodenhaftung nicht verloren hatte: Giesing und Grössenwahn vertrügen sich nicht. Tatsächlich wurde ihm bei allen Erfolgen stets eine gewisse Volksnähe attestiert. Auch wenn der Skandal um die Vergabe der WM 2006 das Ansehen Beckenbauers trübte. Am 7. Januar ist er nach langer Krankheit im Alter von 78 Jahren verstoben. Zum Nachruf

Frank Farian
18. Juli 1941 – 23. Januar 2024

Frank Farian eroberte als Produzent der Musikgruppe Boney M. in den 1970er Jahren die Pop-Welt. Hits wie «Daddy Cool» (1976) oder «Rivers of Babylon» (1979) dominierten die Charts. Es war jedoch ein offenes Geheimnis, dass von den vier Mitgliedern der Gruppe lediglich zwei sangen. Bobby Farrell, der einzige Mann, liess seine Lippen bloss synchron bewegen zu dem Bass-Gesang, den Farian im Studio mit seiner eigenen Stimme aufgenommen hatte.

Bei Farians nächstem international durchschlagenden Projekt Milli Vanilli war es ähnlich. Das Pop-Duo wurde mit Hits wie «Girl You Know It’s True» weltberühmt und gewann 1990 einen Grammy. Doch die beiden durchtrainierten Tänzer Fab Morvan und Rob Pilatus sangen ebenfalls keinen ihrer Hits selbst. Die Lieder wurden in Farians Studio von routinierten Soul-Sängern aufgenommen. Anders als bei Boney M. war dies jedoch kein offenes Geheimnis. Als bei einem Live-Auftritt herauskam, dass weder Morvan noch Pilates selbst sangen, wurde dies zum Skandal. Farian ging an die Öffentlichkeit und erklärte, bei Milli Vanilli handle es sich um ein Fake-Gesangsduo.

Trotz allem schuf Frank Farian tanzbare Welthits und gilt als einer der erfolgreichsten deutschen Musikproduzenten. Am 23. Januar ist er im Alter von 82 Jahren in seinem Haus in Miami gestorben. Zum Nachruf

Kelvin Kiptum
2. Dezember 1999 – 11. Februar 2024

Als Zehnjähriger rannte Kelvin Kiptum barfuss. Im Hochland Kenyas hütete er Vieh. Aber wenn Profiläufer auf ihrer Trainingsroute vorbeihasteten, schloss sich Kiptum spontan an. Manche soll er sogar abgehängt haben. So erzählte es sein Trainer Gervais Hakizimana. Ihm war Kiptum schon damals aufgefallen. Später erlebten sie gemeinsam den grössten Erfolg ihrer Sportlerkarriere und ebenso den bittersten Moment, den Tod.

Die beiden arbeiteten an einem Ziel: Kiptum sollte die Marke von 2 Stunden für einen Marathon knacken. Mit erst 23 Jahren bewegte er sich im Oktober 2023 so nahe an dieser Grenze wie noch nie jemand davor. Am Chicago-Marathon lief Kiptum bei 2:00:35 Stunden ins Ziel. Er verbesserte den Weltrekord von Eliud Kipchoge um 34 Sekunden. Damit schwirrte Kiptum, der in Chicago erst seinen dritten Marathon gelaufen war, zwischen Sensation und Verdacht. Sein Trainer hatte einst einen überführten Doper betreut, von Hakizimana stammte die Aussage: «Doping ist allgegenwärtig in Kenya. Aber es sind vor allem die Ungeschickten, die erwischt werden.»

Nur wenige Monate nach dem spektakulären Lauf von Chicago ist Kiptum tot. Im Hochland Kenyas verliert er in der Nacht vom 11. Februar die Kontrolle über sein Auto, zerschellt an einem Baum. Kiptum und Hakizimana kommen ums Leben. Das Wunderkind des Marathons hinterlässt eine Frau sowie zwei Kinder – und die grosse Frage: Hätte er die zwei Stunden unterboten? Zum Nachruf | Tragische Unfälle prägen die Geschichte des Marathons

Iris Apfel
29. August 1921 – 1. März 2024

Iris Apfel ist das beste Beispiel dafür, dass Stil keine Frage des Alters ist. Zeit ihres Lebens war die Innenausstatterin für ihre extravagante Kleidung bekannt. Zu ihrer Garderobe zählten ein flauschig-roter Mantel, eine knallgelbe Tüllboa und ein mintfarbener Anzug, dazu Tonnen von Ketten und Armreifen. Apfels Markenzeichen: eine riesige Brille mit runden Gläsern, ihr Motto lautete «More is more and less is a bore».

Apfel wurde 1921 als Iris Barrel in New York geboren; ihre Eltern waren russisch-jüdische Immigranten. Mit elf Jahren kaufte sie sich ihr erstes Accessoire: eine Brosche für 65 Cent. Ein Jahr später das erste Outfit: ein pfirsichfarbenes Kleid, einen Strohhut und ein Paar Schuhe für 12 Dollar 48. Ihre Faszination für Kleidung, Accessoires und Dekoration sollte Barrel ihr ganzes Leben begleiten. Sie studierte Kunstgeschichte und Kunst, später arbeitete sie als Innenausstatterin. Mit ihrem Mann Carl Apfel gründete sie 1950 eine Textilfirma, die Replikas von Stoffen aus dem 17., 18. und 19. Jahrhundert herstellte. Das Paar stattete die Häuser von reichen Kunden aus, sogar die Wohnbereiche des Weissen Hauses.

Noch im hohen Alter wagte Apfel einen Neuanfang. Ihren ersten Modelvertrag unterschrieb sie mit 97 Jahren. Am 1. März ist Apfel gestorben, sie wurde 102 Jahre alt. Zum Nachruf

Alexei Nawalny
4. Juni 1976 – 16. Februar 2024

Charismatisch, furchtlos, selbstlos. Das war Alexei Nawalny. Russlands bekanntester Oppositioneller hatte im Sommer 2020 einen Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok durch russische Geheimdienstmitarbeiter überlebt, er war in Deutschland zur Behandlung gewesen. Doch ein Leben im Exil konnte sich Nawalny nicht vorstellen. Er kehrte 2021 nach Russland zurück – damit war sein Todesurteil indirekt besiegelt.

Der 1976 geborene Nawalny hatte seit 2010 öffentlich für ein besseres Russland gekämpft. Der Kampf gegen Korruption war Lebensthema des Juristen. Er wollte die Menschen zu Bürgern machen. Mit neuen Recherchemethoden entblösste er die Scheinheiligkeit der korrupten russischen Elite. Seine Youtube-Videos erreichten ein Millionenpublikum, eines über die geheime Putin-Villa am Schwarzen Meer erzielte über 100 Millionen Aufrufe.

Der russische Präsident Wladimir Putin wagte es nie, sich mit Nawalny in einer Wahl zu messen. Das Regime fürchtete ihn so sehr, dass es ihn immer wieder inhaftieren liess. Zum Schluss war Nawalny in einer Strafkolonie am Polarkreis. Er wurde in Isolationshaft gesteckt, medizinische Hilfe wurde ihm untersagt, er erduldete Hunger und Kälte. Im Februar brach er dort zusammen, Wiederbelebungsversuche scheiterten. Mutmasslich wurde er erneut vergiftet. Im Dokumentarfilm «Nawalny» hatte er den Menschen eine Botschaft für den Fall seines Todes hinterlassen: «Gebt nicht auf. Für den Triumph des Bösen braucht es nur eines – die Untätigkeit der Guten.» Zum Nachruf

Maurizio Pollini
5. Januar 1942 – 23. März 2024

Maurizio Pollini war über Jahrzehnte einer der erfolgreichsten Pianisten in der internationalen Musikwelt. Dabei blieb er sein Leben lang der kompromissloseste Künstler: unbeirrbar in seinem programmatischen Anspruch, in seinen radikalen Interpretationen, seinen Idealen und seiner Kritik.

Mit achtzehn Jahren hatte Pollini den Warschauer Chopin-Wettbewerb gewonnen, Arthur Rubinstein adelte ihn mit den höchsten Komplimenten. Darauf zog sich Pollini für ein Jahr von der Bühne zurück und sagte auch danach nur wenige Auftritte zu – ein Grundsatz, an dem er festhielt bis zuletzt. Sein Repertoire dominierten Werke von Schumann und Beethoven, aber auch Monteverdi und Komponisten des 20. Jahrhunderts zählten dazu. Vor allem jedoch begleiteten ihn ein Leben lang die Werke Chopins, dem er sich näher fühlte als anderen.

Der 1942 in Mailand geborene Architektensohn konnte die Traumata der europäischen Geschichte nicht ausblenden. Er engagierte sich immer wieder auch politisch, während sich unter seinen Händen jede Musik zu einer Musik des 20. Jahrhunderts klärte. Am Morgen des 23. März verstarb Maurizio Pollini im Alter von 82 Jahren in seiner Geburtsstadt. Zum Nachruf

O. J. Simpson
9. Juli 1947 – 10. April 2024

O. J. Simpson lebte bis zum 17. Juni 1994 den amerikanischen Traum. Simpson wuchs in beschaulichen Verhältnissen auf, hatte körperliche Beeinträchtigungen, wurde gehänselt. Und doch wurde aus ihm ein erfolgreicher Football-Spieler, Schauspieler, Medienstar. Simpson spielte elf Saisons als Runningback bei den Buffalo Bills und den San Francisco 49ers. Es folgten teure Werbe-Deals und Auftritte in erfolgreichen Filmen.

Am 17. Juni 1994 wurde O. J. Simpson verhaftet. Fernsehteams filmten aus der Luft, wie Simpson in einem weissen Ford Bronco vor mehreren Polizeiwagen flüchtete. 95 Millionen Amerikaner schauten zu. Simpson wurde wegen Mordes an seiner Ex-Frau angeklagt. Auch der Prozess wurde im Fernsehen übertragen. Er gilt in den USA als der «Prozess des Jahrhunderts». Simpson wurde überraschend freigesprochen, doch danach folgte der soziale Abstieg. 2008 musste er wegen zwölffachen bewaffneten Raubüberfalls und Entführung für neun Jahre ins Gefängnis. Simpson starb am 11. April im Alter von 76 Jahren an Krebs. Zum Nachruf

Roberto Cavalli
15. November 1940 – 12. April 2024

Roberto Cavalli war der Extravagante unter den Designern. Mit Leopardenmustern und anderen sogenannten Animal-Prints konterte er in den 1970er Jahren den Minimalismus. Und wurde damit sehr erfolgreich. Dann kamen die 1990er Jahre, und Cavallis exzentrische Leopardenmuster waren out, ja gar vulgär.

Cavalli wurde 1940 in Florenz geboren. Nach dem frühen Tod seines Vaters wuchs er mit seiner Mutter und seiner Schwester in ärmlichen Verhältnissen auf. Nach dem Studium an der Accademia di Belle Arti in Florenz ging er nach St-Tropez. Und startete dort durch.

Einst aus der Zeit gefallen, sind Cavallis Werke heute wieder im Trend. Besonders bei den Vertretern der Generation Z stehen Kleidungsstücke von Roberto Cavalli für den Glamour der 1990er Jahre. Er ist im April nach langer Krankheit im Alter von 83 Jahren verstorben. Zum Nachruf

André Simonazzi
17. November 1968 – 10. Mai 2024

Der Bundesratssprecher André Simonazzi war der perfekte Staatsdiener. Er empfing die Stimmen aus dem Bundesratszimmer, um sie dann im Medienzentrum den Journalisten zu vermitteln. Dabei blieb er bescheiden. Entscheidend sei nicht, was er sage, sondern wie der Bundesrat kommuniziere: «Ich glaube, es gibt keine andere Regierung, die sich so oft vor den Medien präsentiert», sagte er einmal zu Radio SRF. Simonazzi war während fünfzehn Jahren ihr Medium.

Simonazzi wurde im November 2008 zum Bundesratssprecher ernannt. Die Beziehung zwischen dem Bundesratssprecher und den Medienschaffenden war respektvoll – eine eigentümliche Mischung aus Herzlichkeit und professioneller Distanz. Simonazzi moderierte die Pressekonferenzen, prägte die Spielregeln und sprach praktisch alle Journalistinnen und Journalisten mit Namen an.

Simonazzi gelang es, auch die rotesten Köpfe zu einem kurzen Lächeln zu bringen, wenn er ein Wortgefecht mit einer charmanten Bemerkung deeskalierte. «Wenn er auf Widerstände stiess, griff er zu Argumenten, Witz und Charme», würdigte ihn der Bundesrat nach seinem Tod. Simonazzi starb im Mai bei einer Wanderung, er wurde 55 Jahre alt. Zum Nachruf

Alice Munro
10. Juli 1931 – 13. Mai 2024

Die kanadische Schriftstellerin Alice Munro hat ihr Leben lang Kurzgeschichten geschrieben. Und sie tat das wie keine andere. Sie schrieb über weibliche Schicksale und brillierte mit präzisen Schilderungen des Alltäglichen.

Munro kam im Jahr 1931 in Ontario, Kanada, zur Welt. Dort verbrachte sie den Grossteil ihres Lebens. In einem Interview mit der «New York Times» sagte sie einmal: «Kein anderes Land kann für mich dieselbe Bedeutung haben – egal, wie lebensvoll und interessant jenes Land sein mag.» Auch literarisch hat sie sich immer und unmissverständlich zu dieser Landschaft bekannt.

Im Laufe ihres Lebens wurden ihre Geschichten dichter. Sie schuf über den einzelnen Text hinausreichende Netze. Ihre Erzählungen beleuchten sich gegenseitig. Oft sagten Kritiker, ihre Storys würden Stoff bergen, um ein ganzes Buch zu spinnen. Doch einen Roman schrieb Munro nie. 2013 erhielt Munro den Nobelpreis für Literatur. Zum Ende ihres Lebens litt Alice Munro mehr als ein Jahrzehnt lang an Demenz. Im Mai ist sie im Alter von 92 Jahren in Ontario gestorben. Zum Nachruf

Ruth Maria Kubitschek
2. August 1931 – 1. Juni 2024

Im deutschen Fernsehen war Ruth Maria Kubitschek jahrzehntelang omnipräsent. Von der Fernsehserie «Das Traumschiff» zu «Kir Royal» und «Monaco Franze», Kubitschek war stets zur Stelle. Sie spielte disziplinierte Damen, manchmal ernst und später auch ironisch. Für Kubitschek war das eine Befreiung.

Ruth Maria Kubitschek kam 1931 im böhmischen Komotau zur Welt. Ende des Zweiten Weltkriegs floh die Familie ins deutsche Erzgebirge. Ihre Karriere begann im Theater, später spielte sie in Filmen der Defa, des Filmunternehmens der DDR, mit. 1959 floh Kubitschek nach Westdeutschland, wo sie endgültig berühmt wurde. In Fritz Kortners filmischer Adaption der «Sendung der Lysistrata» des Aristophanes war sie neben Barbara Rütting und der jungen Romy Schneider zu sehen. Bei der Verfilmung des Krimis «Melissa» von Francis Durbridge von 1966 bekam sie die Titelrolle.

Die letzten Jahrzehnte ihres Lebens verbrachte Ruth Maria Kubitschek in der Schweiz, 2013 liess sie sich einbürgern. Im Juni ist sie im Alter von 92 Jahren in Ascona gestorben. Zum Nachruf

Françoise Hardy
17. Januar 1944 – 11. Juni 2024

Ein wenig am Leben leiden, aber die Leichtigkeit nicht verlieren und dabei verdammt gut aussehen – das ist das französische Savoir-vivre der 1960er Jahre. Während die Nouvelle-Vague-Filme von Jean-Luc-Godard, François Truffaut und Co. die Bilder zu diesem Lebensgefühl auf die Leinwand brachten, sang Françoise Hardy die dazugehörigen Chansons.

Françoise Hardy wuchs in einfachen Verhältnissen in Paris auf. Mit 18 Jahren wurde sie mit «Tous les garçons et les filles» berühmt, einem Lied über Einsamkeit und die Sehnsucht, dazuzugehören. Schon da klingt eine Melancholie nach Jugend und Leichtigkeit in ihren Texten. Der Beat jedoch ist federleicht und lebensfroh.

Im Juni ist die grosse Musikerin und Stilikone nach einer Krebserkrankung mit 80 Jahren gestorben. Es bleiben Hardys sanfte Chansons, mit denen sich der grösste Kummer in ein Schaukeln und Schmunzeln verwandeln lässt. Zum Nachruf

Donald Sutherland
17. Juli 1935 – 20. Juni 2024

Das Gesicht des kanadischen Schauspielers Donald Sutherland bleibt in Erinnerung. Seine grosse Nase, die Ohren und sein durchdringender Blick verliehen ihm eine seltsame Schönheit. Doch schon in jungen Jahren zeigte Sutherland, dass er sich nicht auf sein Aussehen verliess, sondern die ganze Palette der Schauspielerei beherrschte.

1967 spielte er in «Das dreckige Dutzend» einen Querulanten. Drei Jahre später gelang ihm in der Komödie «M.A.S.H.» der Durchbruch. Mehrfach spielte Sutherland die Rolle des kundigen Liebhabers. 1973 gelang ihm in «Don’t Look Now» eine berühmte Sexszene. Bis heute heisst es, er habe in dieser Sequenz tatsächlich mit der Schauspielerin Julie Christie geschlafen. Sutherland sagte dazu stets, er habe bloss die Regieanweisungen befolgt. Drei Jahre darauf spielte Sutherland in «Casanova» den berühmtesten Liebhaber überhaupt.

Im Alter wurden aristokratische alte Löwen Sutherlands Spezialgebiet. Figuren, die versuchten, an ihrer Macht und ihrem Geld festzuhalten. 2018 erhielt Sutherland den Ehren-Oscar. Zum Nachruf

Verena Diener
27. März 1949 – 28. Juni 2024

Verena Diener hatte eine sanfte Stimme und ein bestimmtes Auftreten. Sie wirkte immer ein wenig wie die Primarlehrerin, die sie ursprünglich war – und sie wusste das zu nutzen. Ob sie vor einer Klasse stand, vor aufgebrachtem Gesundheitspersonal oder vor einer Schar von Politikerinnen und Politikern: Sie hatte die Aufmerksamkeit, und sie hatte die Autorität.

Ihre politische Karriere begann in den 1980er Jahren bei den Grünen, wo sie sich schnell einen Namen machte. Es folgten Stationen als Parteipräsidentin, Nationalrätin, Zürcher Regierungsrätin, Ständerätin, dazwischen ein Wechsel zu den Grünliberalen. 2015 zog sie sich nach vierzig Jahren aus der aktiven Politik zurück.

Diener konnte sehr stur sein, wenn es um ökologische oder soziale Themen ging. Aber sie bemühte sich immer um eine pragmatische und lösungsorientierte Politik. Ihr Engagement für den Dialog und die Zusammenarbeit mit allen Lagern machten sie zu einer respektierten Persönlichkeit im Bundeshaus und darüber hinaus. Ende Juni ist Verena Diener im Alter von 75 Jahren gestorben.

Shannen Doherty
12. April 1971 – 13. Juli 2024

Shannen Doherty war eine der berühmtesten Serienschauspielerinnen der 1990er Jahre. 1971 in Memphis geboren, stand sie schon als Kind vor der Kamera. Als Elfjährige erlangte sie in der letzten Staffel des TV-Klassikers «Little House on the Prairie» Berühmtheit.

Der Durchbruch gelang ihr mit der erfolgreichen Serie «Beverly Hills, 902010». Doherty spielt Brenda Walsh, ein Landei aus Minnesota, das es mit seiner Familie in den glamourösen Stadtteil von Los Angeles verschlägt. Brenda versucht, sich unter den verwöhnten Kids aus reichem Hause zurechtzufinden, es geht um erste Liebe und ersten Sex, um ungewollte Schwangerschaften und immer wieder um die Frage: Wie weit will ich mich anpassen, um dazuzugehören?

In einer der ersten «Beverly Hills»-Folgen ertastet Brenda einen Knoten in der Brust. Sie geht zum Arzt – und erhält die Nachricht, dass die Biopsie negativ ist. Im wahren Leben war Doherty der gute Befund nicht beschieden. 2015 gab sie bekannt, dass sie an Brustkrebs erkrankt sei. Sie thematisierte ihren Kampf gegen die Krankheit öffentlich, um anderen Mut zu machen. 2023 musste sie sich einen Gehirntumor entfernen lassen, da hatte der Krebs bereits auf ihre Knochen übergegriffen. Sie starb am 13. Juli in Malibu.

Alain Delon
8. November 1935 – 18. August 2024

Der französische Schauspieler Alain Delon war ein Weltstar. Delon hat in fast hundert Filmen gespielt. Seine grössten Erfolge hatte er in den 1960er Jahren, an der Seite von Romy Schneider in «Der Swimmingpool» und mit Jean-Paul Belmondo in «Borsalino». Vier Jahre lang war Delon mit Romy Schneider liiert, er galt als schönster Mann der Welt. Er hatte seinen Wohnsitz in der Schweiz und besass seit 1999 auch einen Schweizer Pass.

2019 erhielt Alain Delon für seine Karriere am Festival von Cannes eine «Palme d’honneur». Es gab Proteste, Delon wurden Rassismus, Homophobie und Frauenfeindlichkeit vorgeworfen. In einem Fernsehinterview hatte Delon unter anderem zugegeben, früher seine Frau geschlagen zu haben. Delon erlitt mehrere Schlaganfälle. In den Monaten vor seinem Tod stritten sich seine Kinder öffentlich um das Erbe. Im August starb Delon im Alter von 88 Jahren in seinem Haus südlich von Paris. Zum Nachruf

Caterina Valente
14. Januar 1931 – 9. September 2024

Viel «la-la-la» und wenige ganze Sätze bescherten Caterina Valente ihren erfolgreichsten Hit: «The Breeze and I». 14 Wochen lang hielt sich die Italienerin Mitte der 1950er Jahre in den amerikanischen Charts, wo sie wehmütig hauchte: «Die Brise und ich flüstern auf Wiedersehen zu den Träumen, die wir einst teilten.» Später trällerte Valente auf Deutsch Schlager wie «Komm ein bisschen mit nach Italien», sie pries den «Honolulu-Strandbikini» und den «Chico aus Puerto Rico». Wo Valente auftrat, herrschte Fröhlichkeit.

Mit diesem Rezept verkaufte «die Valente», wie sie zeitgenössische Medien nannten, Millionen von Platten, Kinofilme mit ihrer Beteiligung wurden zu Kassenschlagern. Als in der Nachkriegszeit die deutsche Wirtschaft sprunghaft anstieg, tönte Valente aus allen Lautsprechern. Sie wurde zur «Stimme des Wirtschaftswunders».

Das Potenzial der Valente erkannten auch die Produzenten in Übersee. Amerikanische Stars wie Ella Fitzgerald, Bing Crosby oder Dean Martin arbeiteten mit Valente zusammen, sie trat in den bekanntesten TV-Shows Amerikas auf. In ihrer über vier Jahrzehnte langen Karriere veröffentlichte sie mehr als 1350 Lieder, gesungen in elf Sprachen. Ende der 1990er Jahre zog sich Valente aus der Öffentlichkeit und ins Tessin zurück. Am 9. September starb sie 93-jährig in Lugano. Zum Nachruf

Maggie Smith
28. Dezember 1934 – 27. September 2024

Maggie Smith war eine stolze Schauspielerin. Egal, welche Rolle sie spielte: Sie zeigte Haltung, hatte Biss. So zum Beispiel in der britischen TV-Serie «Downtown Abbey», in der sie die Matriarchin einer englischen Adelsfamilie Anfang des 20. Jahrhunderts spielte. Oder als Professorin McGonagall in der Verfilmung von «Harry Potter».

Maggie Smith kam 1934 in der Grafschaft Essex bei London zur Welt. Sie studierte Schauspiel an der Oxford University Dramatic Society. In ihrer ersten Rolle war sie Viola in Shakespeares Stück «Twelfth Night», das im Oxford Playhouse aufgeführt wurde. Smith spielte im Laufe der Karriere in Filmen und Serien mit. Doch dem Theater – und Shakespeare – blieb sie ein Leben lang treu, sie war Teil zahlreicher Produktionen, von «Macbeth» bis «Richard II». Im September ist Maggie Smith im Alter von 89 Jahren gestorben. Zum Nachruf

Muriel Furrer
1. Juli 2006 – 27. September 2024

Das Strassenrennen der U-19-Juniorinnen in Zürich sollte Muriel Furrers letztes Rennen vor der Saisonpause und ein Höhepunkt werden. Es regnet an jenem Tag in Strömen, die Strassen sind nass, das Thermometer zeigt 15 Grad an. Furrer, die nur wenige Kilometer entfernt in der Zürcher Oberländer Gemeinde Egg wohnt, kennt die Strecke auswendig. Doch in einem Waldstück kurz vor dem Küsnachter Ortseingang stürzt sie. Sie erleidet ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, dem sie tags darauf am Unispital Zürich erliegt.

Nicht nur die Schweizer Radsportszene steht unter Schock. Die lokalen Organisatoren sehen sich auch mit Vorwürfen konfrontiert. Wäre Furrers Tod zu verhindern gewesen? Hätten die Verantwortlichen früher feststellen müssen, dass eine Fahrerin fehlt? Bis heute bleiben viele Fragen zum Unfallhergang und zur Sicherheit der Strecke ungeklärt.

Muriel Furrer galt als vielseitige und technisch versierte Fahrerin. Ihre grosse Leidenschaft war von klein auf das Mountainbike, sie fuhr aber auch Rennrad und Radquer. Mit 17 Jahren gelang Furrer der Sprung in die Nationalmannschaft. «Es gibt kein Verstehen, nur Schmerz und Traurigkeit»: Mit diesen Worten verabschiedete sich Swiss Cycling in den sozialen Netzwerken von der Athletin, die nur 18 Jahre alt geworden war. Zum Nachruf

Liam Payne
29. August 1993 – 16. Oktober 2024

Liam Payne wurde als Teenager mit der Boygroup One Direction Teil einer weltweiten Pop-Sensation. 2010 trat Payne mit 16 Jahren bei der britischen Talentshow «The X Factor» auf. Da es zahlreiche gute Sänger gab, entschied die Jury, Payne mit vier anderen zu einer Gruppe zusammenzutun. Obwohl One Direction die Talentshow nicht gewinnen konnten, füllten sie bald auf der ganzen Welt Stadien.

Payne bekundete Mühe im Umgang mit der plötzlichen Bekanntheit. Er nahm Alkohol und Medikamente zu sich, um die «erratischen Höhen und Tiefen» auszugleichen, wie er später in einem Interview sagte. Zwischen den Bandmitgliedern kam es immer wieder zu Streit. 2016 löste sich One Direction auf. Als Solokünstler konnte Payne nie an die früheren Erfolge anknüpfen. Im Oktober stürzte er aus dem dritten Stock eines Hotels in Buenos Aires. Die Ermittler gehen von einem Unfall aus. Payne wurde 31 Jahre alt. Zum Nachruf

Fethullah Gülen
27. April 1941 – 20. Oktober 2024

Für die einen war er ein Erneuerer des Islam, für die anderen ein Sektenführer mit geheimer Agenda: Muhammed Fethullah Gülen. In den 1960er Jahren baute Gülen die islamistische, sektenähnliche Hizmet-Bewegung auf. Die Militärregierung der 1980er Jahre unterstützte sie zunächst, islamische Bruderschaften waren ein gewünschtes Gegengewicht zu den Säkularen im Land. 1999 kam der Bruch: Gülen soll seine Anhänger dazu aufgerufen haben, die Kontrolle im Staat zu übernehmen. Kurz darauf setzte er sich in die USA ab und entging so einem Prozess gegen ihn. Gülen sollte nie aus seinem Exil zurückkehren.

Als Recep Tayyip Erdogan 2002 an die Macht gelangte, schloss er eine informelle Koalition mit Gülen. Lange arbeiteten die beiden Männer Hand in Hand, bis 2013 ein Machtkampf zwischen ihnen eskalierte. Erdogan veranlasste die Entlassung Hunderter Richter, Staatsanwälte und Polizisten, die in seinem Umfeld wegen Korruption ermittelt hatten. Spätestens nach dem gescheiterten Militärputsch 2016, für den die türkische Regierung die Gülen-Bewegung verantwortlich machte, galt Gülen als Staatsfeind. Welche Rolle er und seine Bewegung bei dem Umsturzversuch spielten, ist bis heute ungeklärt.

Das Leben von Gülen endete im Alter von 83 Jahren im Exil in den USA. Seine Bewegung, die in der Türkei zur Terrororganisation erklärt wurde, lebt weiter. Zum Nachruf

Quincy Jones
14. März 1933 – 3. November 2024

Quincy Jones, geboren 1933 in Chicago, wuchs in sehr armen Verhältnissen auf. Schon als Kind habe er «Haufen von Bargeld in Hinterzimmern, kistenweise Schnaps und auch Leichen gesehen», gab er einst in einem Fernsehinterview an. So verwundert es nicht, dass er Gangsterboss werden wollte. Doch es kam anders.

Jones wurde eine der einflussreichsten Figuren der amerikanischen Pop-Musik. Nachdem er in einem Zeughaus der Armee zufällig ein Klavier vorgefunden habe, habe er sofort gewusst, dass er den Rest seines Lebens mit Musik verbringen würde. Schon als Vierzehnjähriger trat er regelmässig in den Bars und Klubs auf, er spielte auch mit Ray Charles. Reich und berühmt wurde er aber nicht als virtuoser Jazztrompeter, sondern vor allem durch seine Arbeit als Komponist, Arrangeur und Produzent.

So arbeitete er mit Aretha Franklin, Frank Sinatra, Ice-T, Donna Summer und Michael Jackson zusammen, dessen von Jones produziertes Album «Thriller» das meistverkaufte Musikalbum ist. Seine Version von «Fly Me to the Moon» schaffte es sogar in den Weltraum. Bei der Mondlandung 1969 wurde das Lied für die Astronauten und in der Fernsehübertragung gespielt. Quincy Jones, einer der grössten Förderer schwarzer Musiker, starb am 3. November 2024 in Chicago, im Alter von 91 Jahren. Zum Nachruf

Jimmy Carter
1. Oktober 1924 – 29. Dezember 2024

Kaum ein Präsident der USA wurde in Europa so anders wahrgenommen als in seiner Heimat. Als Präsident gab Jimmy Carter oft eine glücklose Figur ab. In Amerika gilt er als Symbolfigur des Scheiterns, in Europa hingegen bleibt das Bild eines Friedensaktivisten.

Jimmy Carter, 1924 geboren und in einfachen Verhältnissen im Süden aufgewachsen, kam als Aussenseiter in die Politik. Der einstige Erdnussfarmer wurde 1971 zum Gouverneur Georgias gewählt. Fünf Jahre später kandidierte er gegen den republikanischen Amtsinhaber Gerald Ford für das Weisse Haus. «Jimmy wer?», fragten viele – Carter wurden kaum Chancen eingeräumt. Doch nach dem Watergate-Skandal wollten viele Menschen eine Veränderung.

Carter musste im Amt zahlreiche Niederlagen hinnehmen: vom Geiseldrama von Teheran bis hin zum sowjetischen Einmarsch in Afghanistan. Selbst Triumphe wie das Friedensabkommen von Camp David zwischen Ägypten und Israel verblassten dagegen. Nach seiner Zeit im Weissen Haus gelang ihm allerdings eine Art Neustart: Er machte sich weltweit einen Namen als Vermittler in Krisen und mit humanitärer Hilfe. 2002 bekam er dafür den Friedensnobelpreis. Kurz vor Jahresende ist Jimmy Carter im Alter von 100 Jahren gestorben. Zum Nachruf

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