Montag, Oktober 14

Das Team New Zealand führt im diesjährigen Cup souverän 3:0 gegen Ineos Britannia. Auf den Segelbooten und im Management basiert die Dominanz auf harmonierenden Duos.

Seit dreissig Jahren dominieren die Neuseeländer den America’s Cup. Geprägt wurde diese Erfolgsgeschichte auch von Männerduos, von Freundschaften, die Niederlagen und Trennungen überstanden. Und für welche Loyalität über allem steht. Drei dieser Duos waren in den vergangenen drei Jahrzehnten besonders wichtig.

Das älteste Zweiergespann, das heute noch aktiv ist, entstand nach dem grössten Desaster der neuseeländischen Segler. Es ist März 2003 in Auckland. Im Final gegen Alinghi läuft das Boot NZL82 der Neuseeländer im zweiten Rennen mit Wasser voll und muss aufgeben. Im vierten Lauf bricht der Mast. Die Schweizer Alinghi, vollgepackt mit neuseeländischen Söldnern, schlägt den Defender 5:0 und holt den Cup erstmals nach Europa.

Zwei Männer, die sich zuvor nicht kannten, erleben die Apokalypse als Zuschauer. Grant Dalton, ein bekannter neuseeländischer Hochsee-Segler. Und Matteo de Nora, ein Millionär und Kiwi-Fan, der das Team hie und da finanziell unterstützt hat. Am Tag nach der Niederlage erhält Dalton einen Anruf vom Team, das den populären Segler um Hilfe bittet. Er nimmt an und wird CEO der nächsten Kampagne. Und für den Millionär de Nora wird nach der Begegnung klar, dass er seine künftige Hilfe ausdehnen muss.

Die beiden Männer werden Freunde. De Nora gefällt die hemdsärmelige, schroffe und direkte Art des rauen Seebären Dalton, der den Cup umgehend zurückholen will. Er selbst ist anders, diskret, meidet das gesellschaftliche Leben und die Öffentlichkeit. Die beiden lieben Neuseeland: der eine, weil er hier geboren ist, der andere, weil er sich in das Land und die Mentalität seiner Bewohner verliebt hat.

Dem Duo ist es zu verdanken, dass Team New Zealand sich von den schweren Niederlagen 2007 und 2013 erholte und 2017 sowie 2021 den Cup gewann. In einem seiner raren Interviews sagte de Nora, er habe eine Gelegenheit gesehen, sich an etwas zu beteiligen, das funktionieren würde. «Ich war überzeugt, dass Grant es schaffen würde.»

De Nora amtet bis heute als Teamchef. Er ist kein Mäzen, wie es Ernesto Bertarelli (Alinghi), Patrizio Bertelli (Luna Rossa) oder Jim Ratcliffe (Ineos Britannia) sind, die ihre Syndikate besitzen und bestimmen, wo es langgeht. De Nora ist da, wenn er gebraucht wird, im Hintergrund und loyal. Nicht nur finanziell. Er ist auch die Anlaufstelle für viele und vieles, kann zuhören. Er sehe seine Aufgabe darin, einen Teil der Last zu tragen, die unweigerlich auf Daltons Schultern laste. Und «Entscheidungen zu unterstützen, die unpopulär, aber richtig sind», wird er in einer neuseeländischen Zeitung zitiert.

Dalton sagt, das Team NZL würde schlicht nicht mehr existieren, wenn de Nora nicht dabei wäre. Er sei der «Klebstoff» innerhalb der Kampagnen, aus Management-Sicht und als Mentor werde er immer wertvoller.

De Nora wurde in den USA geboren und ist heute kanadischer Staatsbürger. Sein Vater war Italiener, seine Mutter stammte aus dem Kanton Wallis. Er ist Mitglied eines familiären Geschäftsimperiums, das hauptsächlich mit Brennstoffzellen handelt. Wie Dalton ist de Nora ein begeisterter Segler. Mit seinen beiden Super-Segeljachten «Imagine I» und «II» umrundete er die Erde vier Mal. «Imagine II» ist gegenwärtig der Blickfang im Hafen von Barcelona.

Coutts/Butterworth: Erfolg und Verrat

Dalton / de Nora ist nur eines der erfolgreichen Duos von Neuseeland. Der Start ins Abenteuer um die älteste Sporttrophäe begann 1995 ebenfalls mit einem Paar, als der junge Olympiasieger Russell Coutts zusammen mit dem Taktiker Brad Butterworth den ersten Cup-Sieg für Neuseeland holte.

Fünf Jahre später wurde der Pokal gegen Luna Rossa erfolgreich verteidigt, das Land huldigte seinen Siegern mit einer grossen Strassenparade in Auckland. Doch danach zerstörte das Duo Coutts/Butterworth die Träume der Kiwis für eine zweite erfolgreiche Defence. Es wurde von Alinghi verpflichtet, gar von Verrat war die Rede. Das Gespann fiel anschliessend auseinander; Coutts wurde 2004 von Alinghi entlassen und wechselte zu Oracle, Butterworth hielt Bertarelli die Treue und ist heute Berater des Schweizer Segelteams.

Von einer ähnlich starken Zweierbeziehung auf dem Segelboot können die Neuseeländer seit zehn Jahren profitieren: Das Duo Peter Burling / Blair Tuke feierte zwei Cup-Siege, 2017 und 2021. Mit zusätzlichen drei Olympiamedaillen sind sie die erfolgreichsten Segler Neuseelands. Das Paar segelt seit 2008 zusammen – Burling als Steuermann, Tuke als Vorschoter und Trimmer. Zwischen 2012 und 2016 waren sie in der 49-Klasse ungeschlagen und gewannen sieben Weltmeistertitel.

Nach der Ausgabe 2024 müssen sich die Neuseeländer neu erfinden

Nun stehen die beiden in Barcelona vor dem Hattrick. Nach zwei Renntagen scheint der Cup in neuseeländischem Besitz zu bleiben. Die Kiwis führen souverän 3:0 gegen den Herausforderer Ineo Britannia und brauchen nur noch vier Siege zum Triumph.

Doch unabhängig davon, ob die Duos Dalton / de Nora und Burling/Tuke zum dritten Mal den America’s Cup in die Höhe stemmen werden, steht das Team New Zealand vor einem Umbruch. Das hat Grant Dalton der NZZ gegenüber deutlich zu verstehen gegeben. «Wenn wir gewinnen sollten, können wir den Sieg nicht einfach mit der gleichen Crew wiederholen.» Punkto Nachwuchs habe Neuseeland nicht das Level der Italiener, die in Barcelona den Youth America’s Cup und den Frauen America’s Cup gewannen. «Wir werden uns neu erfinden müssen.»

Exit mobile version