Die Mode lebt vom Neuen. Dieses Jahr mehr denn je, denn mindestens zehn Designerinnen und Designer zeigen bei Modehäusern wie Chanel und Bottega Veneta ihre erste Kollektion. Wir stellen sie vor.
Neben Karl Lagerfeld ist Matthieu Blazy erst der zweite Chefdesigner, den das Modehaus Chanel in seiner über hundertjährige Geschichte nicht aus den eigenen Reihen angeheuert hat. Der 40-Jährige erhielt, als er im Dezember 2024 zum Nachfolger von Virginie Viard ernannt wurde, den begehrtesten Job der Modewelt. Er wird im Herbst 2025 seine erste Kollektion zeigen. Viel mehr als das hat Chanel bisher nicht preisgegeben.
Blickt man aber auf die bisherige Karriere von Blazy zurück, finden sich einige Hinweise: auf grosszügige Silhouetten und eine Liebe zum Handwerk, auf verspielte Texturen und keine Angst vor Farbe. Zuletzt bewies er sein Talent seit 2021 als Kreativdirektor von Bottega Veneta. Davor arbeitet Blazy, der halb Franzose und halb Belgier ist, in New York, Antwerpen und Paris für Raf Simons und Margiela und Celine. Ein Designer für die Designer, wie man so schön über ihn sagt.
Es war ein tränenreicher Abschied, als Sarah Burton 2023 nach 13 Jahren als Kreativdirektorin von Alexander McQueen ihre letzte Kollektion für das Londoner Modehaus zeigte. Umso positiver war die Reaktion, als die Britin knapp ein Jahr später bei Givenchy zur selben Rolle einberufen wurde. Damit ist sie eine der wenigen Frauen, die jüngst zu Kreativdirektorinnen von grossen Modehäusern ernannt wurden. Ihre erste Show wird im März an der Paris Fashion Week stattfinden.
Burton arbeitete schon während ihres Studiums an der Central Saint Martins bei Alexander McQueen. Sie verantwortete die Damenkollektionen, bevor sie das Zepter nach dem Tod des Gründers Lee Alexander McQueen 2010 übernahm. Burton interpretierte seine Vision auf eine romantische und tragbare Art und war dort unter anderem für das Hochzeitskleid von Kate Middleton verantwortlich.
Bei Givenchy folgt Sarah Burton auf Matthew Williams, der den Job von Clare Waight Keller übernommen hatte: Die schnelle Abfolge von verschiedenen Designern macht eine klare Richtung für das traditionsreiche Pariser Modehaus nun umso wichtiger.
Egal, ob Haider Ackermann gerade eine feste Stelle bei einem Modehaus hatte oder nicht, weg vom Fenster war der Franzose mit kolumbianischen Wurzeln nie. Zu treu sind berühmte Fans wie Tilda Swinton und Timothée Chalamet, die seine präzisen Entwürfe regelmässig auf dem roten Teppich tragen. Mit seinem neuen Job als Kreativdirektor von Tom Ford – neben seinem fortlaufenden Mandat bei Canada Goose – werden ihre Garderoben weiterhin so gut wie gesichert sein. Seine erste Kollektion wird der Designer im März 2025 präsentieren.
Ackermann wurde in Antwerpen ausgebildet und führte zwischen 2001 und 2020 neben anderen Jobs sein eigenes Label. Tom Ford, der sein gleichnamiges Haus 2023 verliess und zunächst von Peter Hawkings ersetzt wurde, nannte Ackermann bei dessen Ernennung einen «unglaublichen Koloristen» und «modern».
Bei den Golden Globes 2025 konnte man an Timothée Chalamet einen ersten Vorgeschmack auf Haider Ackermanns Tom Ford erkennen: Sein schwarzer Anzug war unregelmässig mit subtilen Glitzersteinen versehen und um seinen Hals ein gepunkteter Schal drapiert.
Ihr Name wurde einige Saisons lang in den Sitzreihen der Fashion-Weeks herumgeflüstert, bevor er dank ihrer Ernennung zur Kreativdirektorin von Bottega Veneta im Dezember 2024 ganz gross herauskam: Louise Trotter, britische Designerin und nun die einzige Frau an der Spitze eines Kering-Modehauses.
Trotter hatte nach Stationen bei Joseph und Lacoste vor allem mit ihrer Arbeit für das Pariser Modehaus Carven auf sich aufmerksam gemacht, die durchdachte Schnitte mit unerwarteten Stoffen kombinierte. Sie soll ihre erste Kollektion für Bottega Veneta im Herbst 2025 in Mailand präsentieren.
Durch die Designer Daniel Lee und Matthieu Blazy ist Bottega Veneta in den letzten Jahren von einem unter dem Radar laufenden Traditionshaus zu einem gehypten Modenamen geworden, der mit auffälligen Accessoires von sich reden macht und dessen Umsatz steigt. Unter Louise Trotter könnte die Designsprache nun wieder etwas leiser, aber nicht minder raffiniert werden.
Ein branchenbekannter, aber sonst wenig geläufiger Name ist auch Peter Copping. Der britische Modedesigner hat bei Louis Vuitton, Nina Ricci und Sonia Rykiel gearbeitet. Zuletzt war er fünf Jahre lang bei Balenciaga im Hintergrund tätig, unter anderem in den Abteilungen für Haute Couture und VIP. Auch als Kreativdirektor hat er bereits Erfahrung, designte er doch ab 2014 einige Saison lang für Oscar de la Renta.
Lanvin, das älteste durchgehend geöffnete Modehaus Frankreichs, war ab den nuller Jahren stark vom damaligen Kreativdirektor Alber Elbaz geprägt. Seit seinem Abgang 2015 sind mehrere Nachfolger gekommen und gegangen. In der Pressemitteilung zur Ernennung sagte Peter Copping, dass seine Interessen wie die der Gründerin Jeanne Lanvin weit über die Mode hinausgingen. Wohin, wird sich bei der Präsentation seiner ersten Kollektion für Lanvin zeigen: am 26. Januar 2025 im Rahmen der Pariser Männermodewoche.
Michael Riders neuer Job als Kreativdirektor von Celine ist auch eine Rückkehr: Der amerikanische Designer arbeitete nach seinem Abschluss an der Brown University 2002 und vier Jahren bei Balenciaga eine ganze Dekade für das Pariser Modehaus. Und zwar vornehmlich unter der prägenden Phoebe Philo, deren Weggang einige Modefans noch immer nicht verkraftet haben. Rider verliess Celine kurz danach und wechselte zu Polo Ralph Lauren.
Ob die Ernennung auch ein Comeback der vielkopierten Philo-Ästhetik (oder gar des vom Nachfolger Hedi Slimane entfernten Accent aigu im Markennamen) bedeutet, wird sich bei Riders erster Celine-Kollektion zeigen. Wann und wie diese gezeigt wird, ist noch nicht bekannt. Hedi Slimane hatte seine cleanen Celine-Kollektionen seit 2022 vermehrt via Videos statt Laufstegshows veröffentlicht.
Die Nummer zwei zu befördern, war in der Modeindustrie nicht immer angesagt. Lieber holte man sich einen schon bekannten Namen. Doch wie so oft ist Dries Van Noten die Ausnahme: Nach dem Rücktritt des gleichnamigen Gründers 2024 wurde Julian Klausner, der Designer der Damenkollektionen, zum Kreativdirektor der Marke ernannt. Er wird seine erste Kollektion im März 2025 an der Paris Fashion Week zeigen.
Klausner hatte 2016 seinen Abschluss an der Brüsseler Kunstschule La Cambre gemacht und war nach einem Abstecher bei Maison Margiela zwei Jahre später zu Dries Van Noten gestossen. Man kann annehmen, dass er an die lebendigen Prints und sorgfältigen Schnitte seines ehemaligen Chefs anknüpfen wird. Von einem «nahtlosen Übergang» sprach auch Dries Van Noten selbst, der dem Haus als Berater erhalten bleibt.
David Koma ist in der Modewelt kein Unbekannter. Der gebürtige Georgier gründete sein gleichnamiges Label 2009 in London und zeigt seine Kollektion seither an der dortigen Fashion-Week. Seine körperbetonten Silhouetten und glamourösen Materialien fanden bald unter Prominenten wie Beyoncé Fans. Zwischen 2013 und 2017 amtete Koma als Kreativdirektor von Mugler, konnte der Marke aber nicht zum Aufschwung verhelfen, die sie später unter Casey Cadwallader erlebte.
Mit seinem Faible für Sexiness ist Koma für Blumarine eine einleuchtende Wahl. Das italienische Label hatte zuletzt unter dem Kreativdirektor Nicola Brognano mit dessen eingängiger Nuller-Jahre-Ästhetik eine Renaissance erlebt. Brognanos Nachfolger Walter Chappioni blieb nur eine Saison; das Haus könnte nun etwas Beständigkeit vertragen. Einen ersten Vorgeschmack auf David Komas Vision für Blumarine liefert die im Januar per Lookbook veröffentlichte Pre-Fall-Kollektion 2025, mit ihren Leopardenprints, Katzenshirts und pelzigen Bomberjacken. Komas erste Show folgt noch.
Über ein halbes Jahrhundert designte die Italienerin Alberta Ferretti ihr eigenes Modelabel, das sie 1981 gegründet hatte und das für seine romantische Ästhetik bekannt ist. 2024 trat sie zurück. An ihre Stelle berief sie Lorenzo Serafini: Der Italiener arbeitet für Roberto Cavalli und Dolce & Gabbana, bevor er 2014 die etwas preisgünstigere Linie von Alberta Ferretti übernahm, Philosophy.
Diese wird nun in die Hauptlinie eingegliedert, um diese zu stärken: Das leuchtet ein, teilen sie doch dieselbe Leichtigkeit und Verträumtheit. Serafini wird seine erste Kollektion für Alberta Ferretti im Februar 2025 in Mailand zeigen.
Calvin Klein Collection – die Laufsteglinie der amerikanischen Modemarke – kommt 2025 zurück, sechs Jahre nach dem abrupten Abgang von Raf Simons. Kreativdirektorin ist Veronica Leoni, die schon bei Jil Sander, Celine und Moncler gearbeitet hat. Jüngst war sie Designdirektorin bei The Row, dem erfolgreichen Label von Mary-Kate und Ashley Olsen.
Leonis Namen kennt man aber vor allem dank Quira. Die Italienerin – sie studierte einst in Rom Literatur – gründete das Label 2020 und benannte es nach ihrer Grossmutter, einer Schneiderin namens Quirina. Es wurde mit seinen eigenwilligen Schnitten und luxuriösen Stoffen schnell zu einem Favoriten vieler Moderedaktorinnen; 2023 war Veronica Leoni damit Finalistin beim LVMH-Preis. Bei Calvin Klein erhält sie nun eine grössere Bühne mit breiterem Publikum. Ihre erste Show findet am 7. Februar im Rahmen der New York Fashion Week statt.