Montag, September 30

Die in Japan ausgelösten Turbulenzen an den globalen Märkten haben auch an der Schweizer Börse ihre Spuren hinterlassen. The Market hat Fondsmanager befragt, welche Aktien jetzt interessant werden – vor allem, wenn sich die Korrektur fortsetzen sollte.

Der grosse Schock scheint erst einmal verdaut. Nachdem am Freitag und Montag die globalen Börsen in den Panikmodus geschaltet hatten, hat eine leichte Gegenbewegung eingesetzt. In Japan hat der Nikkei 225 einen grossen Teil seines historischen Verlusts wieder aufgeholt. In der Schweiz, wo der Swiss Performance Index (SPI) trotz seiner defensiven Schwergewichte ebenfalls stark einbüsste, zeichnete sich ebenfalls eine Erholung ab.

Zwar dürfte bei dem globalen Ausverkauf auch eine Übertreibung stattgefunden haben – so hat die massenweise Auflösung von Carry-Trades ihren Teil dazu beigetragen, dass die Tokioter Börse am Montag ihren grössten Tagesverlust (-12,4%) seit dem Black Monday 1987 erlebt hatte, um am Folgetag den grössten Tagesgewinn (+10,2%) seit der Finanzkrise 2008 einzufahren.

Mögliche US-Rezession bleibt Thema

Doch grosse Ausschläge an den Börsen zeugen von Nervosität. Am Mittwoch gab die US-Börse ihren Gewinn bereits wieder preis und schloss im Minus. Die Frage, ob die USA in eine Rezession rutschen werden, wird die Aktienmärkte die nächsten Wochen und Monate weiter beschäftigen, die Konjunkturdaten der letzten Wochen haben diesbezüglich erstmals ernsthafte Sorgen aufkommen lassen. Auch eine drohende Eskalation im Nahen Osten dürfte dafür sorgen, dass es an den Börsen volatil bleiben wird.

The Market hat bei Schweizer Fondsmanagern nachgefragt, wie sie sich in dieser Gemengelage positionieren und welche Aktien sie jetzt auf der Watchlist haben. Dabei geht es nicht primär darum, bei welchen Titeln jetzt der perfekte Zeitpunkt zum Einstieg ist. Vielmehr liegt der Fokus auf Aktien, die schon lange einen Platz im Portfolio verdient haben, aber mit fallenden Kursen nun interessanter werden.

Siehe auch: Die Watchlist von der Redaktion: Welche Schweizer Aktien im Ausverkauf interessant werden dürften und: Deutsche Kaufkandidaten: Attraktive Werte für die Zeit nach dem Kursrutsch

Manuel Bottinelli & Adrian Lechthaler, Peter J. Lehner & Partner

Für Manuel Bottinelli und Adrian Lechthaler von der Vermögensverwaltungsboutique Peter J. Lehner & Partner hat sich durch die Turbulenzen an den globalen Börsen das fundamentale Gesamtbild für den Schweizer Aktienmarkt grundsätzlich nicht verändert. Die Unsicherheiten blieben jedoch bestehen, weswegen man bewusst eine «taktische Liquiditätsposition» halte, «um auftretende Kaufopportunitäten aktiv zu nutzen».

Zu stark korrigiert haben in den Augen der Fondsmanager die Aktien von Komax, die Maschinen zur Kabelverarbeitung herstellt, und des Verbundstoffspezialisten Schweiter. «Trotz operativer Herausforderungen sind hier antizyklische Käufe bei den aktuellen Bewertungen opportun.» Sollte es an den Börsen noch zu einer stärkeren Korrektur kommen, sind für Bottinelli und Lechthaler der Pharmazulieferer Bachem, der Raumklimaspezialist Belimo sowie der Halbleiterausrüster VAT ein Kauf. «Diese Unternehmen haben etablierte Geschäftsmodelle und profitieren von strukturellen Wachstumstreibern.»

Schon jetzt erwäge man Zukäufe bei Unternehmen im Industriesegment, die von einer konjunkturellen Erholung besonders profitieren würden. So sehe man bei Dätwyler das Fundament für eine nachhaltig bessere Aktienkursentwicklung gelegt. «Die Innovation stimmt, die Marktpositionierung und Treiber sind intakt». Bei einem konjunkturellen Aufschwung erwarte man deutlich positive Skaleneffekte und Margenverbesserungen.

Bei SIG haben die Fondsmanager im Frühling eine erste Position aufgebaut. Die Bewertung des Verpackungsspezialisten habe sich zunehmend normalisiert und sei wieder attraktiv. Auch bei der Intralogistikerin Interroll sehe man die «Talsohle im Markt durchschritten». Bei Bossard erkenne man wiederum stabilisierende Tendenzen bei den Aufträgen. «Als Frühzykliker wird der Spezialist für Verbindungstechnik rasch von einer möglichen Belebung profitieren.»

Zudem haben Bottinelli und Lechthaler den Zugbauer Stadler Rail, den Laborausrüster Tecan, den Komponentenhersteller Lem sowie die Industriegruppe Forbo im Blick. Zugreifen würden sie hier aber noch nicht. «Die Unternehmen passen in unsere Anlagephilosophie, jedoch möchten wir zuerst eine Stabilisierung oder Verbesserung der operativen Entwicklung sehen.» Auch von Skan, die medizinische Isolatoren anbietet, sei man grundsätzlich überzeugt, jedoch halte sie die hohe Bewertung und der noch kurze Erfolgsausweis als kotierte Gesellschaft vorerst noch von einem Kauf zurück.

Marc Strub, Reichmuth & Co

Marc Strub, Leiter Portfolio Management bei der Luzerner Privatbank Reichmuth, hat derzeit in erster Linie zyklische Nebenwerte auf seiner Watchlist. Sein Fokus liegt dabei ebenfalls auf Industrietiteln, da er trotz der Unsicherheit der letzten Tage weiter von einer strukturellen Erholung ausgeht. «Schweizer Nebenwerte haben im Vergleich zu Large Caps bisher keine grossen Kurssprünge gemacht». Grund seien u.a. die vorsichtigen Ausblicke der meisten Unternehmen.

Seit längerer Zeit widerspiegeln die tiefen Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe die Zurückhaltung der Unternehmen. Doch genau darin sieht Strub Chancen. In einigen Segmenten würden die tiefen Kurse und Bewertungen den vorsichtigen Ausblick reflektieren. «Historisch war es oft ein guter Zeitpunkt für Zukäufe, wenn die Stimmung im zyklischen Industriesegment auf dem Tiefpunkt war.»

Auf der Watchlist für Zukäufe sind bei Strub der Landmaschinenhersteller Bucher, die Industriegruppe Georg Fischer sowie Bossard, Tecan und Dätwyler. «Auch bei einer Accelleron würde ich bei einem weiteren Rücksetzer aufstocken.» Der Turboladerhersteller zeichne sich durch ein stabiles, defensives Geschäftsmodell aus, das hohe Margen und Kapitalrenditen generiere. Zudem gewährleiste der hohe Serviceanteil von rund 75% eine gute Visibilität und reduziere die Zyklizität des Geschäfts.

Bei Kursrückschlägen sieht Strub zudem bei Aktien aus dem Halbleitersegment wie VAT oder Inficon Möglichkeiten, die Positionen aufzustocken. «Viele Titel in diesem Segment sind in den letzten zwölf Monaten stark gestiegen, doch der strukturelle Boom wird noch einige Zeit anhalten.» Schon auf dem aktuellen Niveau findet der Fondsmanager Aktien aus dem Gesundheits- oder Basiskonsumsektor wie Roche und Nestlé spannend. «Auch ohne, dass sie weiter korrigieren.»

Marc Possa, VV Vermögensverwaltung AG

Marc Possa von der VV Vermögensverwaltung sieht in den aktuellen Verwerfungen eine Folge von starken Übertreibungen. Diese seien stets stärker als fundamental begründbar. Trotzdem sei der Nasdaq, getrieben von den «glorreichen Sieben» und dem Aufkommen der künstlichen Intelligenz, bewertungstechnisch in sehr luftige Höhen gestiegen.

Nüchtern betrachtet gebe es aber bessere und schlechtere Branchen. «Meistens sind die guten Branchen durch hohe Eintrittsbarrieren geprägt, die sich die Unternehmen dank hoher Innovation erarbeiten.» Gehe es nur um absolute oder relative Bewertungen, müsse man vorsichtig sein.

Aufgrund der sehr stark zurückgekommenen Aktienkurse, der weiterhin grossen Marktanteile und der Normalisierung nach den Verzerrungen der letzten Jahre gefalle ihm der IT-Grosshändler Also sowie die bereits genannten Dätwyler, Forbo, Lem, Interroll, Bachem und Skan. «Allen Unternehmen ist gemeinsam, dass sie dank überdurchschnittlicher Innovation über hohe Marktanteile verfügen – und zwar in strukturell wachsenden globalen Bereichen, welche die heutigen Megatrends unterstützen.»

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