Mittwoch, Oktober 9

Die Passagiere der SBB-Züge müssen mit neuen Unannehmlichkeiten rechnen. In der Schweiz gibt es im Gegensatz zu Deutschland wenigstens geeignete Alternativstrecken.

Wer zwischen München und Zürich mit der Bahn fährt, ist Verspätungen gewohnt. Für etliche Passagiere der Eurocity-Züge ist nun aber weiterer Ärger hinzugekommen. In den letzten Wochen strichen die SBB wiederholt den Halt in St. Gallen. Die Reisenden mussten im Grenzbahnhof St. Margrethen auf langsamere Züge umsteigen.

Der Grund ist ein Erdrutsch, der im Mai im immer wieder instabilen Galgentobel zwischen Rorschach und St. Gallen niederging. In der Folge war die Strecke einige Wochen unterbrochen. Seit dem 10. Juni ist der betroffene Abschnitt bei Mörschwil zwar wieder befahrbar, aber nur einspurig. Der eingeschränkte Betrieb verursache Verspätungen und führe zu weniger Flexibilität in der operativen Zuglenkung, sagt die SBB-Sprecherin Sabrina Schellenberg.

Längere Fahrzeit

Deshalb müsse ein EC aus München bereits bei einer Verspätung von mehr als fünf Minuten über Romanshorn umgeleitet werden – das ist angesichts der ungenügenden Pünktlichkeit der Züge öfter der Fall. Der Halt in St. Gallen entfalle dann, und die Reisezeit verlängere sich um rund 20 Minuten. Diese Praxis soll noch bis Ende September dauern. Am Halt in St. Margrethen halten die SBB fest. Dort finde der Lokführerwechsel statt und es sei ein wichtiger Anschlussknoten für Reisende ins St. Galler Rheintal oder nach Graubünden, sagt Schellenberg.

Gemäss den SBB hat sich die Pünktlichkeit der EC Zürich–München in den ersten Monaten 2024 verbessert. Deutschland habe Reparaturarbeiten an der Infrastruktur abgeschlossen, weshalb Langsamfahrstellen hätten aufgehoben werden können, sagt Schellenberg.

Doch seit dem Mai war die Verbindung mehrfach von Unwetterschäden betroffen. Kurz nach dem Hangrutsch in der Ostschweiz löste sich zwischen Memmingen und Buchloe eine Mure und bedeckte den Bahndamm mit Schlamm. Wochenlang fielen die Eurocity-Züge ab Lindau aus. Zeitweise war für diese schon in St. Margrethen Endstation. Passagiere nach München mussten auf Regionalzüge und in Lindau auf den Ersatzbus umsteigen.

Grössere Redundanz

Der Erdrutsch bei Mörschwil führt zwar zu Umleitungen und Verspätungen. Doch im Schweizer Bahnnetz ist die Redundanz grösser als in Deutschland. Dank der Verbindungskurve zur Thurtalstrecke in Romanshorn konnten die EC-Züge von und nach München auch während der Sperrung verkehren, ohne die Fahrrichtung zu wechseln.

Zwischen Lindau und München gibt es ebenfalls eine Umleitungsstrecke über Kempten, die jedoch nicht elektrifiziert ist. Diese können die Neigezüge, die die SBB zwischen Zürich und München einsetzen, nicht benutzen – im Gegensatz zu den Zügen mit herkömmlichen Wagen und Lokomotiven, die früher fuhren. Die Deutsche Bahn (DB) schaffte es während des Unterbruchs auch nicht, die Kapazität der Regionalexpress-Züge von Lindau über Kempten nach München zu erhöhen – mangels Rollmaterial. Die Fachzeitschrift «Schweizer Eisenbahn-Revue» berichtete von chaotischen Verhältnissen, grossen Verspätungen und zurückgelassenen Reisenden.

Pro Bahn Schwaben, die Interessenvertretung der Passagiere, fordert nun, die Elektrifizierung der Strecke über Kempten sei voranzutreiben. Der wochenlange Ausfall des wichtigen EC München–Zürich zeige, wie wichtig eine resiliente Planung von Bahnstrecken sei, liess sich ein Sprecher in einer Mitteilung zitieren. Wäre die Alternativstrecke über Kempten elektrifiziert gewesen, hätte der Eurocity auf dem deutschen Abschnitt nicht ausfallen müssen.

Die Strecke der DB von Lindau über Memmingen nach München ist seit Ende 2020 elektrifiziert, auch dank finanzieller Unterstützung der Schweiz. Zwischen der bayrischen Metropole und Zürich verkehren inzwischen pro Tag und Richtung bis zu sieben Züge. Die Linie im Allgäu ist aber bis heute weitgehend eingleisig, was häufig zu Verspätungen führt. In vielen Fällen verpassen die EC-Züge in der Schweiz ihren Slot und müssen langsameren Zügen hinterherfahren. So erhöhen sich die Verspätungen bis Zürich stark.

Die SBB haben zwar Massnahmen ergriffen. So haben sie die Wartefrist für verspätete EC aus München auf bis zu zehn Minuten erhöht, damit diese auf dem Schweizer Abschnitt wie vorgesehen fahren können. Diese Regelung gilt wegen der gegenwärtigen Einschränkungen zwischen Rorschach und St. Gallen aber vorderhand nicht. «Die SBB bitten die Reisenden für die häufigen Verspätungen um Entschuldigung», sagt die Sprecherin Schellenberg. Mit der DB und den Österreichischen Bundesbahnen setze man alles daran, die Situation zu verbessern. Gegenwärtig liege der Fokus darauf, die Einschränkungen bei der Infrastruktur zu beseitigen.

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