Montag, Oktober 7

Japans Regierung reagiert empört, nachdem ein Aufklärungsflugzeug der Volksbefreiungsarmee kurzzeitig eine Inselgruppe im Süden Japans überfliegt.

Nachdem sich das traditionell belastete Verhältnis zwischen China und Japan in den vergangenen Monaten ein wenig entspannt hatte, verschärfte sich der Ton zwischen Peking und Tokio zu Beginn dieser Woche wieder.

Am Montagvormittag überflog gemäss japanischen Angaben ein chinesisches Aufklärungsflugzeug des Typs Y-9 die Danjo-Inseln nahe der japanischen Südinsel Kyushu. Es sei das erste Mal gewesen, dass ein chinesisches Militärflugzeug in den japanischen Luftraum eingedrungen sei, erklärte das japanische Verteidigungsministerium. Japan schickte als Reaktion Abfangjäger in die Luft, so das Verteidigungsministerium weiter.

Das japanische Aussenministerium teilte ausserdem mit, es habe Shi Yong, die Nummer zwei der chinesischen Botschaft in Tokio, einbestellt. Tokio habe «scharfen Protest» zum Ausdruck gebracht und zudem verlangt, eine Wiederholung eines solchen Vorfalls unbedingt zu vermeiden.

Ein Sprecher des chinesischen Aussenministeriums bestätigte am Dienstag den Vorfall, betonte aber zugleich, China habe nicht die Absicht, in die Lufträume anderer Länder einzudringen. Somit ist nicht auszuschliessen, dass es sich bei dem Zwischenfall vom Montag um ein Versehen handelt.

China weitet militärische Aktivitäten nahe Japan aus

Gleichwohl kommt es in den Gewässern zwischen Japan und China immer wieder zu Scharmützeln. So schickt Tokio regelmässig Abfangjäger gegen chinesische Militärflugzeuge, die sich japanischem Territorium nähern. Doch der jüngste Vorfall, sollte er kein Versehen gewesen sein, würde einen neuen Höhepunkt der militärischen Spannungen zwischen China und Japan markieren.

In den vergangenen Jahren habe China seine militärischen Aktivitäten in Japans Nachbarschaft kontinuierlich ausgeweitet, warf der japanische Kabinettschef Yoshimasa Hayashi Peking an einer Medienorientierung am Dienstag vor und fügte hinzu: «Das Eindringen chinesischer Militärflugzeuge in unseren Luftraum ist nicht nur eine ernste Verletzung unserer Souveränität, sondern auch eine Bedrohung unserer Sicherheit und nicht akzeptabel.»

Die unbewohnten Danjo-Inseln sind ein Naturschutzgebiet und befinden sich im Ostchinesischen Meer, rund 160 Kilometer südlich von Nagasaki.

Jahrhundertelanger Streit um die Senkaku-Inseln

Zwar hat im Rahmen des Vorfalls vom Montag erstmals ein chinesisches Militärflugzeug den japanischen Luftraum verletzt, doch gab es in der Vergangenheit vergleichbare Fälle. So streiten sich Tokio und Peking seit langem um die von Japan kontrollierten Senkaku-Inseln im Ostchinesischen Meer. China bezeichnet die felsige Inselgruppe als Diaoyu-Inseln und beansprucht für sich die Souveränität über das Territorium.

Im Jahr 2012 drang ein Flugzeug der chinesischen Marine in den Luftraum der Senkaku-Inseln ein; fünf Jahre später schickte Peking gemäss Angaben aus Tokio eine Drohne in den Luftraum der Inselgruppe.

Die Senkaku-Inseln liegen etwa 1900 Kilometer südwestlich von Tokio, aber nur 330 Kilometer von der chinesischen Ostküste entfernt. Der Streit um die Inselgruppe ist Jahrhunderte alt; weder Tokio noch Peking sind bereit, nachzugeben. China hat nach japanischen Angaben allein im laufenden Jahr bereits an 158 aufeinanderfolgenden Tagen Schiffe seiner Küstenwache in die Nähe der Inselgruppe geschickt, um seine Ansprüche zu untermauern.

Potenzial für einen grösseren Konflikt

Der Streit um die Senkaku-Inseln erreichte 2012 einen neuen Höhepunkt, als Tokio einem Privatbesitzer einige Inseln abkaufte. China sah in der Transaktion eine Provokation. Jeder Vorfall im Streit um die Inseln birgt das Potenzial für einen grösseren Konflikt, denn Japan unterhält ein Militärabkommen mit den USA. Die amerikanische Regierung hat in der Vergangenheit mehrfach unterstrichen, dass sie die Senkaku-Inseln als japanisches Territorium betrachtet.

Versehen oder nicht, das Eindringen eines chinesischen Militärflugzeugs in den japanischen Luftraum am Montag passt zu Pekings Verhalten in anderen Regionen.

So schickt Peking regelmässig Kampfflugzeuge und Drohnen in die Luftüberwachungszone Taiwans. Allein in diesem Jahr kam es zu weit mehr als eintausend solcher Vorfälle. Vor allem zu unliebsamen Ereignissen wie der Parlamentswahl in Taiwan oder dem Besuch von Nancy Pelosi, der damaligen Sprecherin des amerikanischen Repräsentantenhauses, verstärkt Peking seine militärischen Provokationen.

Ähnlich agiert China in den Gewässern rund um die Philippinen im Südchinesischen Meer. Nachdem die Zeichen im Konflikt um das Second Thomas Shoal in letzter Zeit auf Entspannung gestanden hatten, kam es in der Nähe des Sabina Shoal am vergangenen Wochenende zu mehreren Kollisionen zwischen Schiffen der chinesischen und der philippinischen Küstenwache.

Es hat den Anschein, als teste Peking in den Gewässern im Ostchinesischen und Südchinesischen Meer mehr und mehr die Grenzen der Nachbarn, aber auch der USA aus, die Beistandsabkommen mit diesen unterhalten. In dieser Woche ist der amerikanische Sicherheitsberater Jake Sullivan in Peking. In seinen Gesprächen mit dem Aussenminister Wang Yi wird es auch um die Territorialkonflikte in Ostasien gehen.

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