ABC hatte die beliebte Late-Night-Show «Jimmy Kimmel Live!» vorerst aus dem Programm genommen. Nun rudert der Sender zurück. Eine Rekonstruktion der vergangenen sieben Tage.
«Jimmy Kimmel Live!», die Late-Night-Show des amerikanischen Satirikers, kehrt zurück. Wie der zu Disney gehörende Fernsehsender ABC am Montag bekanntgab, wird die Sendung am Dienstagabend amerikanischer Zeit wieder ausgestrahlt, also am Mittwochmorgen mitteleuropäischer Zeit.
Es ist die neueste Wendung einer eigentümlichen Vermengung von Politik und Promis, die längst selbst Gegenstand von Late-Night-Shows ist.
Sogar Ted Cruz kritisiert die Behörden
Die Geschichte begann am Montag vergangener Woche, als Kimmel in seiner Sendung das Attentat auf den rechtskonservativen Influencer Charlie Kirk ansprach. Kimmel stellte in den Raum, der Täter stamme selbst aus dem rechtskonservativen Lager. Anschliessend spottete er über den amerikanischen Präsidenten Donald Trump, der um Kirk trauere «wie ein Vierjähriger um seinen Goldfisch».
In den folgenden Stunden meldete sich Brendan Carr zu Wort, der Chef der Medienaufsichtsbehörde (FCC). In einem Podcast drohte er mit Konsequenzen, sollte ABC «Jimmy Kimmel Live!» nicht absetzen. «Wir können das auf die leichte oder die harte Tour machen», sagte Carr. Selbst der Republikaner Ted Cruz wunderte sich über diese Ausdrucksweise. Er fühle sich an den Gangsterfilm «Goodfellas» erinnert, Carr handle wie ein «Mafioso», sagte Cruz, der im Senat die Aufsicht der FCC verantwortet.
Carrs Worte jedenfalls verfingen: ABC kündigte am Mittwoch vergangener Woche an, die Sendung «auf unbestimmte Zeit» auszusetzen. Trump schrieb auf seiner Plattform Truth Social: «Tolle Neuigkeiten für Amerika. Glückwunsch an ABC, dass sie endlich den Mut hatten, das zu tun, was getan werden musste.»
Nexstar plant eine Fusion
Nicht nur ABC stimmte in die Kritik an Kimmel mit ein, sondern auch die Nexstar Media Group und die Sinclair Broadcast Group. Die beiden Unternehmen betreiben einen grossen Teil von Amerikas Lokalsendern und strahlen teilweise auch Inhalte von ABC aus.
Wie aufrichtig gerade Nexstars Kritik an Kimmel war, ist indes fraglich. Der Konzern plant gerade die 6,2 Milliarden Dollar teure Übernahme der Lokalsendergruppe Tegna. Dieser Deal muss aber erst von der FCC gutgeheissen werden. Die Behörde kann überdies auch Sendelizenzen entziehen und Geldstrafen verhängen. Kurz: Die Fernsehsender sind auf den Goodwill der FCC angewiesen. Das gilt auch für die Walt Disney Company. Weil sie ABC in ihrem Portfolio hat. Und weil sie mit ihrem Sportsender ESPN einen Deal mit der amerikanischen Football-Liga NFL abschliessen will.
400 Stars unterzeichnen offenen Brief
Die Fernsehsender ihrerseits wurden wegen des Entscheids, Kimmel zu entlassen, auch kritisiert, besonders in Hollywood. Die American Civil Liberties Union (ACLU), eine amerikanische Bürgerrechtsbewegung, veröffentlichte einen offenen Brief, den 400 prominente Persönlichkeiten unterzeichneten, darunter Schauspieler wie Tom Hanks oder Natalie Portman und Musiker wie Zayn Malik oder Ariana Grande. Im Schreiben ist die Rede von einem «dunklen Moment für die Meinungsfreiheit», der die «Existenzgrundlage von Journalisten, Talkshow-Moderatoren, Künstlern, Kreativen und Entertainern» gefährde. Jetzt sei der Moment gekommen, «um die Meinungsfreiheit in unserem Land zu verteidigen».
Das Aus von Jimmy Kimmels Late-Night-Show wurde selbst Gegenstand von Late-Night-Shows. Der britisch-amerikanische Moderator John Oliver lieferte in seiner Sendung «Last Week Tonight with John Oliver» ein satirisches Lehrstück. In einem 27-minütigen Monolog verpackte er die Absetzung von Kimmels Show in unzählige Pointen, machte aus tagesaktuellem Ernst spätabendliche Lacher.
In einem Sketch zeigt die niederländische Late-Night-Show «Zondag met Lubach» ein fiktives Werbevideo von einem neuen, wahrscheinlich eher Trump-konformen Disney. Aus «Hakuna-Matata» wird in Anlehnung an Trumps Wahlkampfslogan «Hakuna-Maga-Ta». Und ein Ausschnitt des Disney-Filmes «Aladdin» endet, indem die Polizei die Hauptperson auf dem fliegenden Teppich stoppt und verhaftet.
Disney tut, als sei nichts gewesen
Was nun ausschlaggebend war, dass ABC «Jimmy Kimmel Live!» wieder sendet, ist unklar. Disney als Dachorganisation von ABC teilte am Montag mit, man habe «in den letzten Tagen intensive Gespräche mit Jimmy geführt». Dabei sei man zum Schluss gekommen, «die Sendung am Dienstag wieder aufzunehmen». Disney suggeriert, man habe Kimmel nur kurz eine Verschnaufpause gönnen wollen.
Gleichzeitig übte Disney Kritik an Kimmel. Einige Kommentare seien «unangebracht und daher unsensibel» gewesen. Das überrascht nicht: Zum Wesen des Disney-Konzerns gehört es, möglichst nicht anzuecken, möglichst keine Angriffsfläche zu bieten. Da passen politische Diskussionen nicht ins Bild.
Kimmel selbst hat sich nach der Bekanntgabe nicht geäussert. Sicher ist: Nexstar und Sinclair werden auf die Folge am Dienstag verzichten. Eine Sinclair-Sprecherin teilte gegenüber CNN mit: «Die Gespräche mit ABC dauern an, während wir die mögliche Rückkehr der Show prüfen.» Stattdessen laufen nun Nachrichtenprogramme.

