Donnerstag, Januar 2

The Market zeigt monatlich die Schweizer Unternehmen, die im Fokus der Leerverkäufer stehen. Diese setzen darauf, dass die Aktienkurse sinken werden. Neu auf ihrer Liste steht Orior.

Auch mit Blick auf 2025 gilt: Die Short-Seller wetten weiterhin massiv gegen DocMorris, Idorsia und Swatch Group. Diese drei Titel führen Ende Dezember mit grossem Abstand die Top Ten der Schweizer Shorts an.

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Short-Seller leihen sich Aktien aus, verkaufen sie am Markt und hoffen, sich später günstiger mit den Titeln eindecken zu können, um sie dem Eigentümer zurückzugeben. Die Differenz aus dem Verkaufs- und dem Rückkaufskurs ist ihr Gewinn.

In der Schweiz werden die Short-Positionen nicht offiziell erfasst. The Market präsentiert deshalb im Monatsrhythmus die Erhebung von S&P Global Market Intelligence. Der Datenanbieter trägt das Volumen der ausgeliehenen Aktien zusammen.

DocMorris

DocMorris kämpft erneut: Erst war da eine teure Übernahmestrategie, die Refinanzierungssorgen aufkommen liess. Darauf folgte der Verkauf des Schweizer Geschäfts sowie die Konzentration auf den deutschen Markt, wo sich die Onlineapotheke von der Einführung des elektronischen Rezepts das grosse Geld versprach.

Mit Verzögerung ist das E-Rezept nun deutschlandweit eingeführt, und DocMorris hatte ihre Finanzlage verbessert. Doch nun beschleunigt das Wachstum nicht so rasant wie erhofft und vor allem langsamer als bei der deutschen Konkurrentin Redcare Pharmacy.

Analysten trauen Redcare im vierten Quartal eine Verdoppelung des Umsatzes mit rezeptpflichtigen Medikamenten zu, während sie bei DocMorris kaum 30% sehen. Das dürfte die Schweizer zu teuren Marketing-Anstrengungen zwingen – und bei wenig Wachstum, aber gleichzeitig steigenden Ausgaben, das Thema Kapitalerhöhung erneut auf die Agenda bringen.

Zu alledem erwägt Europas grösste Drogeriekette dm, eine eigene Online-Apotheke aufzubauen, was zusätzliche Konkurrenz bringen wird.

Die Short-Seller haben auf dieser Basis ihre Wetten gegen DocMorris im Dezember weiter auf 45% aller ausstehenden Aktien erhöht. Damit belegt das Unternehmen weiterhin unangefochten den Spitzenplatz an der Schweizer Börse.

DocMorris hat allerdings Wandelanleihen ausstehend. Damit gibt es ausser der Spekulation auf einen sinkenden Kurs noch einen technischen Grund, Leerverkaufspositionen in den Aktien einzugehen: Wandelanleihen enthalten neben dem Zinscoupon eine Aktienkomponente. Investoren, die diese angesichts der starken Kursausschläge neutralisieren wollen, verkaufen die Aktien leer – ohne dabei aus Überzeugung auf einen sinkenden Kurs zu setzen. Dieser Mechanismus gilt ebenfalls für Idorsia.

Idorsia

Auf Platz zwei der Short-Lieblinge vorgerückt ist im Dezember Idorsia. Beim Biotechnologieunternehmen sind mehr als 18% der ausstehenden Aktien ausgeliehen.

Die Basler befinden sich seit mehr als einem Jahr in finanzieller Schieflage. Hauptgrund ist der unerwartet schleppende Verkauf des Schlafmittels Quviviq. Nun droht dem Unternehmen das Geld auszugehen, und es ist klar: (Finanzierungs-)Lösungen müssen her.

Kürzlich hat das Management Verhandlungen zu einem Deal mit einem ungenannten Interessenten für den Blutdrucksenker Aprocitentan angekündigt. Für die exklusiv geführten Gespräche erhielt Idorsia 35 Mio. $ – und die Aktionäre einen Hoffnungsschimmer, der den Kurs anziehen liess, allerdings nur kurzzeitig.

Vor Weihnachten hat das Unternehmen bekanntgemacht, dass sich die zuvor angekündigten Verhandlungen hinziehen würden und ein Abschluss unsicher sei.

Derzeit rechnet das Management damit, nach einem operativen Verlust für 2024 von 260 Mio. Fr. zum Jahresende noch über 70 Mio. Fr. an Liquidität zu verfügen. Damit wäre der Betrieb nur für wenige Monate gesichert. Zudem wird am 17. Januar 2025 eine Wandelanleihe über 200 Mio. Fr. fällig, für deren Rückzahlung kein Geld vorhanden ist. Lösungen werden damit immer dringender.

Swatch Group

Seit März befinden sich die Inhaberaktien von Swatch Group auf der Liste der zehn grössten Shorts. Im Oktober stiessen sie auf den zweiten Platz vor, im Dezember haben die Leerverkäufer leicht abgebaut. Derzeit wetten sie noch mit 17,5% der Inhaberaktien gegen den Uhrenkonzern.

Swatch Group leidet seit mehreren Quartalen unter der schwachen Nachfrage nach Luxusgütern, vor allem in China, wo sie einen erheblichen Teil ihres Umsatzes erwirtschaftet.

Die Mitte Juli publizierten Zahlen zum ersten Halbjahr fielen miserabel aus. Gleichwohl hat der Konzern die Fertigung von Uhren nicht gedrosselt, im Gegenteil. Das Unternehmen produzierte unbeirrt weiter auf Halde, obwohl die Uhrenexporte auch in den folgenden Monaten unaufhaltsam zurückgingen, diejenigen in den wichtigen Absatzmarkt China haben sich teilweise halbiert.

Swatch Group leidet unter der schwachen Führung. Konzernchef Nick Hayek schaltet und waltet in Biel, wie er will. Einen effektiven, unabhängigen Verwaltungsrat gibt es nicht. Auch das belastet die ohnehin gedrückte Bewertung der Swatch-Group-Papiere.

SIG Group

Leicht ausgebaut haben die Short-Seller bei SIG Group. Die Aktien belegen mit einer Leerverkaufsquote von rund 10% aber weiterhin den vierten Platz.

Adecco

Obwohl die Titel von Adecco diesen Herbst beinahe ihr früheres Allzeittief erreicht hatten, haben die Short-Seller ihre Wetten auf einen noch niedrigeren Kurs im Oktober um nahezu 40% ausgebaut, im November um 25% aufgestockt und im Dezember nochmals um 18% erhöht – und der weitere Kursverlauf gab ihnen recht. Gut 9% der Aktien des Personaldienstleisters sind nun ausgeliehen, was den Aufstieg auf Rang fünf bedeutet.

Im Jahresverlauf haben die Analysten ihre Gewinnschätzungen für Adecco um mehr als 30% nach unten korrigiert. Sie veranschlagen den laufenden Jahresgewinn auf inzwischen weniger als 2 € je Aktie. Das liegt unter der Dividendenschätzung, die zwar unter Vorjahr, aber immer noch bei 2.40 € liegt. Short-Seller glauben offenbar nicht, dass das aufgehen wird und erwarten weitere Enttäuschungen.

AMS Osram

Seit September sind die Aktien von AMS Osram zurück in den Top Ten der grössten Schweizer Shorts. Vor einem Jahr hatten sie vor einer Kapitalerhöhung gar die Spitzenposition belegt. Danach verschwanden sie vorübergehend aus der Liste.

Ende Februar kam ein Schock für die Aktionäre: Der Licht- und Sensorenspezialist gab bekannt, das Schlüsselprojekt der MicroLED-Strategie sei «unerwartet storniert» worden. Dass es sich beim Grosskunden um Apple handelte, ist ein offenes Geheimnis.

Verwundbar macht AMS nun, dass rund die Hälfte des Umsatzes auf den Automobilsektor entfällt und dieser derzeit unter enormem Druck steht. In Kombination mit hohen Schulden von 2 Mrd. € sind das keine erbaulichen Aussichten – ausser für die Leerverkäufer.

Diesen Monat haben sie allerdings leicht Druck rausgenommen. Mit einer Leerverkaufsquote von 8,7% ist AMS Osram um einen Rang auf den sechsten Platz zurückgerutscht.

Orior

Der Aufsteiger des Monats ist Orior: Die Short-Seller haben im Dezember ihre Wetten gegen die Lebensmittelgruppe um mehr als 30% aufgestockt. Mit einer Leerverkaufsquote von 8,1% steigen die Aktien damit neu in die Top Ten der grössten Schweizer Shorts ein, auf Platz sieben.

Orior leidet unter der Neuausrichtung ihrer Hauptkundin Migros. Zudem sparen die Konsumenten und weichen oft auf günstigere Alternativen aus. Mitte November sank der Kurs auf unter 37 Fr. und markierte damit einen Tiefpunkt.

Anfang Dezember sorgte die Ankündigung einer Restrukturierung dann aber für eine Gegenbewegung auf über 43 Fr. – zu viel aus Sicht der Short-Seller: Sie bauten ihre Positionen kräftig aus und setzen darauf, dass die teure Schrumpfkur nicht nur 2024 einen Verlust bringen wird, sondern auch 2025 ihre Spuren hinterlassen wird.

U-Blox

Im Mai verschwand U-Blox aus den grössten Shorts, seit letztem Monat sind die Aktien zurück, und zwar gleichbleibend auf Platz acht.

Vor einem Jahr hat sich der Chipdesigner auf das Positionierungsgeschäft fokussiert. Die alte Garde im Management zog sich zurück und machte Platz für ein neues Kapitel – und ein belastendes Übergangsjahr, das von hohen Kosten geprägt sein wird. Dazu kommt, dass U-Blox stark am Automobilgeschäft hängt, das schwächelt und wegen übervollen Lagern bei den Kunden zusätzlich harzt.

Die Fokussierung war zwar ein überfälliger Schritt. Doch die Short-Seller wetten trotz einem Kursverlust von in diesem Jahr rund 30% darauf, dass es erst noch schlimmer kommt, bevor eine Erholung einsetzen kann.

Komax

Im Oktober war Komax aus der Top Ten der grössten Shorts herausgefallen, doch auch die Titel des Herstellers von Maschinen zur Kabelverarbeitung sind seit November zurück. Die Leerverkaufsquote hat im Dezember weiter auf derzeit mehr als 7% zugenommen.

Komax leidet unter dem kriselnden Automobilsektor, mit dem das Unternehmen rund 70% des Umsatzes erwirtschaftet. Zudem erschüttert die wachsende Dominanz chinesischer Elektroautohersteller die Marktverhältnisse.

Im Juni schreckte Komax mit einer Gewinnwarnung auf. Die im August vorgelegten Halbjahreszahlen waren schwach, und im September wurde zudem bekannt, dass die deutsche Leoni – früher die grösste Kundin von Komax – an ein chinesisches Unternehmen verkauft wurde.

Am Investorentag von vergangenem Monat zeigte sich das Management nun auch für 2025 pessimistisch und schob die Mittelfristziele auf 2030 hinaus.

Barry Callebaut

Barry Callebaut muss mehrere Herausforderungen bewältigen: Unberechenbare Kakaopreise und die schwächelnde Konsumlaune belasten das Geschäft. Zudem steckt das Unternehmen in einer kostspieligen Restrukturierung, deren Erfolg sich erst im Lauf der nächsten Quartale abschätzen lässt.

The Market sieht Barry Callebaut derzeit im perfekten Sturm – deutet das mit Blick auf die lange Frist aber als Chance. The Market ist zuversichtlich, dass der weltgrösste Schokoladenproduzent gestärkt aus dieser Krise hervorgeht – auch wenn die jüngsten Kapriolen der Kakaopreise den Weg verlängern dürften. Darauf setzen die Short-Seller und haben ihren Einsatz gegen Barry Callebaut im Dezember leicht erhöht.

Ausgeschieden aus der Liste der grössten Schweizer Shorts ist im Dezember Meyer Burger, die Anfang Jahr regelmässig den Spitzenplatz belegt hatte.

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