Dienstag, Oktober 1

Mit dem filmreifen Rechtsstreit um Kunst, Schmuggel und Steuerhinterziehung hat der Financier aus Küsnacht jahrelang für Schlagzeilen gesorgt.

Mit einem Zweizeiler hat der wohl spektakulärste Rechtsstreit der Schweiz um Kunstschmuggel, Steuerhinterziehung und Hunderte Millionen Franken sein Ende gefunden: Urs E. Schwarzenbach und die Zürcher Steuerämter hätten alle offenen Angelegenheiten geklärt und die Verfahren beendet. Die ausstehenden Beträge seien beglichen. «Urs E. Schwarzenbach ist somit allen seinen steuerlichen Verpflichtungen vollständig nachgekommen», heisst es in einer Mitteilung.

Rund 300 Millionen Franken forderten die Schweizer Zoll- und Steuerbehörden vom Küsnachter Milliardär. Mehr als zehn Jahre lang hatte er sich einen juristischen Schlagabtausch mit dem Staat geliefert.

Weshalb der Financier nun nach jahrelanger Gegenwehr doch eingelenkt hat, ist nicht in Erfahrung zu bringen. Eine Sprecherin schreibt auf Anfrage der NZZ: «Wir bitten um Verständnis, dass Angelegenheiten zu persönlichen Steuern zur Privatsphäre gehören.» Die Mitteilung sei lediglich versandt worden, «um vergangene Medienartikel und offene Themen abschliessen zu können».

Damit bleibt auch offen, wie der Financier eine solch hohe Summe stemmen konnte. In den letzten Jahren hiess es hinter vorgehaltener Hand immer wieder, Schwarzenbach sei knapp bei Kasse – eine Vermutung, die sein Anwalt gegenüber den Tamedia-Zeitungen dementierte. So machte das Onlineportal «Inside Paradeplatz» vergangenes Jahr bekannt, dass in Rüti ein Mehrfamilienhaus des Küsnachters zwangsversteigert werde. Zudem wurde das Gerücht gestreut, Schwarzenbach wolle das Luxushotel Dolder verkaufen. Doch passiert ist nichts.

Beschlagnahmte Bilder als Pfand

Der Zwist des Financiers mit den Behörden könnte Stoff für einen Film liefern.

Mehrere teilweise spektakuläre Razzien führten Fahnder in Schwarzenbachs Liegenschaften in Zürich, St. Moritz und Küsnacht durch. Im Luxushotel Dolder Grand, welches Schwarzenbach 2001 erwarb, stellten die Zollfahnder 2017 mehr als zwei Dutzend Kunstwerke aus Schwarzenbachs Privatsammlung sicher. Allesamt Werke namhafter Künstler, unter ihnen etwa Joan Miró, Niki de Saint Phalle und Jean Dubuffet. Mit den Beschlagnahmungen sollte Schwarzenbach dazu bewegt werden, den Geldforderungen nachzukommen.

Ein juristisches Katz-und-Maus-Spiel nahm seinen Lauf. Der umtriebige Financier setzte sich jeweils mit seinen Anwälten zur Wehr. Regelmässig zog er Urteile bis an das Bundesgericht weiter. Eine Zwangsversteigerung von 114 Werken konnte der «Dolder»-Besitzer 2019 in letzter Sekunde verhindern.

Kunst nicht verzollt, um Zeit zu sparen

Ins Visier der Behörden geriet Schwarzenbach im September 2012, als ihn die Zollbeamten am Zürcher Flughafen mit nichtdeklarierten Kunstgegenständen im Wert von über 300 000 Franken im Gepäck erwischten. Schwarzenbach gab damals gegenüber den Zollbeamten an, die aufwendige Anmeldung und Abfertigung der beiden Gegenstände habe ihn zu viel Zeit gekostet, deshalb habe er darauf verzichtet.

Noch drei weitere Male wurde Schwarzenbach danach beim Versuch ertappt, Kunstwerke am Zoll vorbeizuschleusen.

Bei der Durchsuchung seines Büros in der Villa Falkenstein stiessen die Ermittler unter anderem auf eine Datenbank mit dem Namen «Faust». Darauf waren umfangreiche Informationen zu über 10 000 Werken aus Schwarzenbachs Kunstsammlung abgelegt.

Die Datenbank gab denn auch Hinweise auf die Höhe der Summen, um die Schwarzenbach den Zoll gebracht hatte: Allein für ein Werk des russischen Avantgardisten Kasimir Malewitsch wären Mehrwertsteuern von rund 1,25 Millionen Franken angefallen. Der Wert des Bildes ist in der Datenbank «Faust» mit knapp 16,5 Millionen Franken gelistet.

Prozess gegen Angestellte, Anzeige gegen Hausbesetzer

Ende 2013 leitete die Eidgenössische Zollverwaltung ein Strafverfahren gegen den Financier ein.

Doch nicht nur mit dem Staat hat sich der Küsnachter Milliardär in den letzten Jahren eine juristische Auseinandersetzung geliefert. Gemäss «Blick» beschuldigte er eine ehemalige Mitarbeiterin, sie habe ihm Kunstwerke im Wert von 9 bis 14 Millionen Franken gestohlen. Sie wiederum zeigte ihn wegen Verleumdung an und sagte, die Werke seien Geschenke an sie gewesen.

Begonnen hatte der Streit, weil Schwarzenbach seiner früheren Mitarbeiterin 130 000 Franken Lohn schuldig geblieben war. Sie mahnte und betrieb ihn, er zog vor Gericht. Nachdem er im Zivilverfahren unterlegen war, reichte er Strafanzeige ein.

Kürzlich bekam es Schwarzenbach mit Besetzern zu tun. Gemäss den Tamedia-Zeitungen waren Aktivisten im Juni in den seit Jahren leerstehenden Gasthof Guldenen auf der Forch eingedrungen. Als die Verwalterin sich zusammen mit der Kantonspolizei ein Bild von der Lage machen wollte, waren die Hausbesetzer allerdings bereits wieder verschwunden. Schwarzenbach erstattete Anzeige gegen Unbekannt.

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