Das amerikanische Verteidigungsministerium hat potenziell gefährliche Bücher aus seinen Schulbibliotheken entfernt. Darunter auch ein Bilderbuch der Oscarpreisträgerin Julianne Moore. Es handelt von einer Erstklässlerin, die ihre Sommersprossen lieben lernt.
Während der amerikanische Vizepräsident J. D. Vance den Verlust der Meinungsfreiheit in Europa anprangert, sperrt seine Administration für eine Woche den Zugang zu 160 Schulbibliotheken.
Diese Zeit benötigte das Verteidigungsministerium, um zu überprüfen, ob in den vom Pentagon betriebenen Schulen Kinderbücher stehen, die «potenziell mit der Gender-Ideologie oder diskriminierenden Themen der Gleichstellungsideologie in Verbindung stehen». So formulierte es das Verteidigungsministerium bereits am 10. Februar in einem Schreiben an die Eltern. Nun sind die Bibliotheken wieder offen – aber in den Regalen gibt es Lücken.
Julianne Moores verbotenes Buch
Dutzende Bücher seien zur weiteren Überprüfung oder endgültigen Verbannung entfernt worden, schreiben diverse amerikanische Medien. Zu diesen laut der Trump-Administration gefährlichen Werken gehört auch ein Bilderbuch über ein siebenjähriges Mädchen mit Sommersprossen, verfasst von Julianne Moore. Die Schauspielerin und Oscarpreisträgerin schreibt auf Instagram: «Ich hätte nie gedacht, so etwas in einem Land zu erleben, in dem die Rede- und Meinungsfreiheit ein Verfassungsrecht ist.»
Zensiert wurden die Bibliotheksbestände aller vom Pentagon betriebenen Schulen in sieben amerikanischen Gliedstaaten und elf Ländern. Betroffen sind rund 67 000 Kinder und Jugendliche aller Stufen, vom Kindergarten bis zur 12. Klasse (K-12).
«Das ist verrückt»
Moores Buch «Freckleface Strawberry», in der deutschen Übersetzung «Sommersprossenfeuerkopf», erzählt die autobiografisch angehauchte Geschichte eines rothaarigen Mädchens, das sich für seine vielen Sommersprossen schämt. Denn weil es anders aussieht als die meisten, wird es von manchen Klassenkameraden gehänselt. Schliesslich erkennt das Kind aber, dass Anderssein in Ordnung ist. Weil es doch genau ihre Verschiedenartigkeit ist, die die Menschen ausmacht.
Moore schreibt, es beschäftige sie besonders, dass es die Kinder von Militärangehörigen treffe, weil sie selbst die Tochter eines Veteranen sei und eine der Pentagon-Schulen besucht habe.
«Das ist beängstigend! Es tut mir so leid, dass das passiert!», schreibt die Schauspielerin Halle Berry unter Moores Post. «O wow, das ist verrückt», tippt die Schauspielerin Bella Thorne. Eine weitere Schauspielerin, Alexandra Billings, kommentiert süffisant: «Du scheinst etwas richtig zu machen, meine Freundin.» Und Michelle Pfeiffer äussert, was viele denken – jetzt sollte die Geschichte erst recht gelesen werden: «Wo bekommen wir dieses Buch?»
Bücherbann? Welcher Bücherbann?
Zu den Büchern, die aus den Pentagon-Schulbibliotheken verschwunden sind, gehören neben Moores Buch über Sommersprossen auch Kathleen Krulls «No Truth Without Ruth» über Ruth Bader Ginsburg, die zweite Frau am Obersten Gericht. Oder «Becoming Nicole» von Amy Ellis Nutt, die wahre Geschichte eines Transgender-Mädchens und seiner Familie.
Zu diesen potenziell gefährlichen und darum entfernten Werken haben nur noch ausgewiesene Experten Zugang. Sie entscheiden, welche Bücher zurück in die Regale dürfen – und welche ganz entfernt werden. PEN America schreibt dazu: «Die Streichung dieser Titel ist ein weiterer Indikator für die leichtfertige und selbstherrliche Herangehensweise der neuen Regierung an die K-12-Bildung.»
Kurz bevor die Bücher aus den Pentagon-Schulen entfernt wurden, hatte die Trump-Regierung verkündet, die in den vergangenen Jahren besonders in Florida immer wieder heftig kritisierten «Book-Banns», also Bücher-Verbannungen, habe es nie gegeben. Das sei bloss eine Verunglimpfungsstrategie der Biden-Regierung gegenüber den Republikanern gewesen.
Eines der Bücher, das auf vielen – laut Trump inexistenten – Verbotslisten steht, ist Margaret Atwoods «Der Report der Magd». Die Geschichte spielt in einer dystopischen Theokratie, bestehend aus einer Schrumpf-USA, in der Bücher nicht nur aus dem Alltag verbannt wurden, sondern die breite Bevölkerung gar nicht mehr lesen und schreiben lernen darf. Damit will die herrschende Elite sich vor Rebellion schützen und ihre Macht sichern.