Donnerstag, September 18

Ken Cedeno / Reuters

Der Präsident liebt Protz und Prunk. Der überbordende Stil passt zu seinem Hang zur Übertreibung.

Wenn man ein Haus bezieht, dann ist es wohl normal, dass man es neu einrichtet. Wenn man dieses Haus nur auf Zeit bezieht, dann ist es immer noch normal, einige Dinge seinem eigenen Geschmack anzupassen. In den meisten Fällen ist das nicht weiter interessant. Wenn aber das Haus, das neu eingerichtet wird, das Weisse Haus in Washington ist und derjenige, der es einrichtet, der amtierende Präsident der Vereinigten Staaten, dann sieht das anders aus.

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Dann ist jede Veränderung auch symbolisch und politisch zu lesen, zu interpretieren und zu analysieren. In den letzten Wochen ist das zur Genüge getan worden, denn der derzeit amtierende Präsident Donald Trump lieferte jede Menge Anlass dazu.

Er hat begonnen, das Oval Office nach seinen Ideen umzugestalten. Trumps Vorstellung davon, wie das Büro eines Präsidenten auszusehen hat, gleicht der eines kleinen Jungen, der sich vorstellt, wie ein Präsidentenbüro auszusehen hat, und der denkt, ein Präsident sei das Gleiche wie ein König. So ein Büro hat dann vor allem eins zu sein: voll. Voller Gold, voller Fahnen, voller Bilder vergangener Präsidenten; aber nur von denen, die man selbst gern mag.

Es zirkulieren Fotos, auf denen man das Oval Office vor und nach den Änderungen sehen kann. Vorher herrschte eine gewisse Zurückhaltung in der Einrichtung. Jetzt ist fast jeder freie Zentimeter mit einem goldenen Adler oder einem anderen goldenen Emblem belegt.

Das Weisse Haus ist ein neoklassizistischer Bau, der sich durch Klarheit, Ordnung und Symmetrie auszeichnet. Die Präsidenten der vergangenen Jahre haben das bei ihren Einrichtungen durchaus berücksichtigt. Biden hatte als einzige Exaltiertheit einen blauen Teppich, den bereits Bill Clinton liegen hatte, als Farbakzent wieder herausgeholt. Obama hatte Kunstwerke von Edward Hopper – Leihgaben aus dem Whitney Museum – an den Wänden. Man signalisierte: Hier wird gearbeitet, und das ist das Wichtigste.

Hier wird gesagt: Ich bin reich und mächtig

Das Überfrachtete des Barock und des Rokoko zieht durch Trumps Tendenz zur Übertreibung wieder ein. Eine Tendenz, die den Raum kaum noch als wichtiges und öffentliches Arbeitszimmer erkennen lässt, sondern als einen Ort, an dem es vor allem darum geht, Macht zu demonstrieren.

Hier wird gesagt: Ich bin sehr reich und sehr mächtig, schaut euch all mein Gold an. Absurderweise zeigen auch die Bilder des zuvor von Trump und seiner Familie bewohnten Penthouse im Trump Tower in New York ein Zuhause, das voller Gold und Prunk ist. Das, was man auf diesen Bildern sah, war kein Zuhause, das als Ort des Rückzugs verstanden wurde, sondern eines, das zeigen sollte, dass man es hier mit jemandem zu tun hatte, der sich viel leisten kann.

Das Penthouse im Trump Tower, so scherzte man in den sozialen Netzwerken, sehe eher aus wie der Palast eines Diktators aus dem Mittleren Osten oder eines russischen Oligarchen, der mit seinem überbordenden Stil auf nichts anderes als seine Macht verweisen will.

Diesen Stil hat Trump jetzt ins Weisse Haus übertragen. Der unter Biden herrschende Minimalismus vergegenwärtigt sich erst jetzt, wo alles, was nicht bereits zugehängt war, mit Gold überzogen wurde. Die Decken, die unter Biden und auch Obama keine Verzierungen aufwiesen, strahlen nun golden, der Kamin im Weissen Haus ist so über und über mit goldenen Ornamenten versehen, dass im Internet schon Witze darüber gemacht wurden, in welchem Home-Design-Shop man diese Ornamente als Styropor-Deko-Elemente kaufen könnte: um darauf zu verweisen, wie billig diese Anhäufung von – sicherlich sehr teuren – Dekorationsobjekten wirkt.

Es ist überfrachtet, es ist zu viel, es stellt sich jedem beigen, minimalistisch anmutenden Trend entgegen und auch jeder Art von zurückhaltendem Reichtum. Gerade diese Art von Reichtum firmiert momentan oft unter dem Hashtag #oldmoney in den sozialen Netzwerken und bedeutet: keine offensichtlichen Labels, gedeckte Farben und klare Schnitte.

Neues Geld

Trump hingegen ist New Money und versucht mit aller Kraft, sich selbst zum Selfmademan zu stilisieren. Einer, der es aus eigener Kraft bis ganz nach oben geschafft hat. Obwohl hinlänglich bekannt ist, dass das mitnichten der Fall ist. Trumps Vater hatte bereits durch Immobiliengeschäfte ein Multimillionen-Vermögen aufgebaut. Doch die überbordende Ästhetik des Aufstiegs und die polternde Freude über alles, was man erreicht hat, sprechen eben auch jene an, die es wirklich selbst geschafft haben oder es noch versuchen.

Diejenigen nämlich, für die Wohlstand auch immer damit einhergeht, ihn zu präsentieren und sich laut darüber zu freuen, weil es eben keine Selbstverständlichkeit ist. Damit ist Trump einem Grossteil seiner Wählerschaft ästhetisch durchaus näher als denjenigen, die sich in gediegener Zurückhaltung üben und Beige, Weiss und Schwarz als einzig akzeptierte Farben erwählt haben.

Trump ist nicht in der Lage zu erkennen, dass weniger mehr ist. Dass in der Abwesenheit von Gold das Gold, das da ist, noch heller schimmert. Etwas, das den Bildungsbürger schon immer die Nase hat rümpfen lassen. Die Fähigkeit, etwas wegzulassen, wird seit je als geschmackvoll betrachtet, wohingegen man Protzigkeit als aufdringlich und zu laut empfunden hat.

Weisser Beton

Doch Trump hat noch mehr vor mit dem Weissen Haus. Den Rosengarten, den Edith Roosevelt 1902 anlegen liess, hat Trump bereits mit Betonplatten überbauen lassen. Das sei unpraktisch gewesen, bei Veranstaltungen seien die Damen mit ihren hohen Schuhen eingesunken, und bei Regen sei es matschig gewesen. Jetzt zieren weisse Betonplatten den Bereich, und man kann problemlos bei jedem Wetter mit jeder Art von Schuhwerk darauf herumspazieren.

Bisheriger Höhepunkt der Änderungen ist die Ankündigung, dass er für 200 Millionen Dollar einen Ballsaal am Ende des Ostflügels errichten lassen will. Er soll bereits 2028, in seinem bislang letzten Amtsjahr, fertig werden. Für die dort vorgesehenen Veranstaltungen hatten vergangene Präsidenten immer ein Zelt aufbauen lassen. Etwas, das Trump als eines Präsidenten nicht würdig zu erachten scheint.

Die Pressesprecher des Weissen Hauses betonen, dass dafür keinerlei Steuergelder ausgegeben worden seien. Trump scheint also davon auszugehen, dass er noch einige Zeit in diesem Haus verbringen wird, und scheut die Investition in den eigenen Geschmack nicht. Ob sich bis 2028 das Weisse ins Goldene Haus verwandelt hat, wird man sehen.

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