In der ersten Amtszeit von Trump erhöhten die USA gegenüber vielen Handelspartnern die Zölle. Aus wirtschaftlicher Sicht waren die Massnahmen kein Erfolg. Eine neue Studie zeigt, dass die Handelspolitik dennoch vorteilhaft für die Republikanische Partei war.
Es begann mit Waschmaschinen, genauer gesagt mit höheren Zöllen für die Einfuhr von Waschmaschinen. Es war die erste Salve von handelspolitischen Massnahmen von Washington unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump gegen China im Jahr 2018. Danach folgten Zölle auf Importe von Stahl und Aluminium, was auch andere Länder verstärkt betraf. Peking antwortete mit Gegenmassnahmen. Washington reagierte auf die Reaktion, worauf China wieder antwortete. Im Jahr 2020 kam es dann zu einer Einigung zwischen den USA und China, viele Zölle blieben jedoch bestehen.
Trump hatte mit dem Handelskrieg gegen China ein Wahlkampfversprechen eingelöst. Aus politischer Sicht hatte Trump den richtigen Riecher, er konnte seine Popularität im amerikanischen Kernland steigen. Aus wirtschaftlicher Sicht war die Handelspolitik jedoch kein Erfolg: Sie führte nicht zu einer wirtschaftlichen Verbesserung in den betroffenen Regionen. Dennoch plant der ehemalige Präsident und wahrscheinliche Präsidentschaftskandidat der Republikaner eine Neuauflage seines Handelskriegs.
Wenig oder gar keine neuen Jobs
Die Ökonomen David Autor, Anne Beck, David Dorn und Gordon Hanson zeigen in einer neuen Studie auf, dass die höheren Zölle für Importe aus China zwischen 2018 und 2019 laut der Studie keine oder eine geringe Auswirkung auf die Beschäftigung in den dadurch stärker geschützten Sektoren und Regionen hatten.
Die Wissenschafter hatten in früheren Studien den Begriff «China-Schock» geprägt, der besagt, dass chinesische Importe in den 2000er Jahren viele Arbeitsplätze in industrialisierten Gebieten der USA eliminiert haben. Damit lieferten die Ökonomen gleichsam den akademischen Soundtrack für die Trump-Ära. «Während die Beschäftigungseffekte der Zölle in den allermeisten Regionen klein waren, sind die politischen Gewinne für die Republikaner recht gross ausgefallen», sagt David Dorn im Gespräch. Er ist einer der Co-Autoren und lehrt an der Universität Zürich.
Die Handelspolitik führte jedoch dazu, dass andere Länder Massnahmen gegen amerikanische Güter ergriffen. Und diese Vergeltungszölle hatten eine negative Wirkung auf amerikanische Jobs. Dies gilt vor allem für die Landwirtschaft. China hatte die Zölle für Sojabohnen, Baumwolle und Sorghum aus den USA stark erhöht – mit dem Ergebnis, dass amerikanische Bauern weniger exportieren konnten.
Die Trump-Regierung reagierte auf die negativen Folgen des Handelskriegs mit Unterstützungsgeldern für die Landwirtschaft. Die mehr als 20 Milliarden Dollar, die dafür ausgegeben wurden, konnten aber den Schaden, den die chinesischen Zölle verursachten, nur teilweise mildern. Die Ökonomen kommen zum Schluss: «Der Nettoeffekt von Einfuhrzöllen, Vergeltungszöllen und Agrarsubventionen auf die Beschäftigung an Standorten, die dem Handelskrieg ausgesetzt sind, war bestenfalls unbedeutend, möglicherweise sogar leicht negativ.»
Auch andere Studien sprechen von negativen wirtschaftlichen Auswirkungen: Vor allem die Konsumentinnen und Konsumenten in den USA tragen die Kosten höherer Zölle. Zudem müssen amerikanische Unternehmen mehr für Zwischenprodukte aus dem Ausland bezahlen, Zollerhöhungen in anderen Ländern erschweren ausserdem Exporte. Es scheint ausserdem, dass China, aber auch die EU bei ihren Gegenmassnahmen besonders versuchten, Branchen zu treffen, die in Regionen mit vielen Stimmen für Trump und für die Republikaner konzentriert sind.
Eingehaltenes Wahlversprechen
Und dennoch finden die Ökonomen, dass es sich für Trump politisch ausgezahlt hat. Er und die Republikaner konnten deutliche Gewinne an Wählerstimmen in Regionen erzielen, die stärkeren Importschutz erhielten. Die ausländischen Gegenzölle hatten nur einen geringen Einfluss auf das Wahlverhalten. Das könnte auch daran gelegen haben, dass die amerikanische Wirtschaft während der Zeit des Handelskrieges gut lief.
Es könnte deshalb sein, dass manche Wähler dies fälschlicherweise auf die Massnahmen der Regierung zurückführten. Trump liess keine Möglichkeit aus, sich auch Fabrikseröffnungen zuzuschreiben, obwohl die Investitionsentscheidung bereits vor seiner Amtszeit getroffen worden war. Der Zürcher Ökonom Dorn listet eine weitere Erklärung auf: «Die Wähler haben wohl gewürdigt, dass Trump Wahlversprechen eingehalten hat und dass er mit harter Hand gegen die chinesische Handelskonkurrenz vorgegangen ist.»
Auch die Handelszahlen weisen auf einen Erfolg der Trumpschen Politik hin – aber nur vordergründig. Die Bedeutung der chinesischen Importe für die USA ist gesunken. Die Einfuhren aus Ländern wie Mexiko oder Vietnam haben jedoch zur gleichen Zeit zugenommen. Handelsstatistiken lassen darauf schliessen, dass chinesische Zwischenprodukte oder Endprodukte über diese Länder in die USA gekommen sind.
Biden hält an Zöllen fest
Die Regierung unter dem demokratischen Präsidenten Joe Biden hat die Zölle aus der Trump-Zeit weitgehend beibehalten – ohne jedoch noch weiter zu eskalieren. Dorn vermutet, dass die Biden-Regierung aus politischen Gründen darauf verzichte, volkswirtschaftlich unsinnige Zölle abzuschaffen. Man wolle nicht als nachgiebig gegenüber Peking erscheinen, die China-Skepsis sei auch innerhalb der demokratischen Wählerbasis gewachsen.
Die amerikanische Handelsbeauftragte Katherine Tai rechtfertigte die Beibehaltung der Massnahmen von Trump damit, dass die Zölle einen strategischen Wert hätten, um den Industriesektor in den USA und die Schaffung von Jobs zu stärken. Die Handelspolitik ergänze grosse Subventionsprogramme für erneuerbare Energie, Halbleiter und Infrastruktur. Der Gedanke des Freihandels steht nicht hoch im Kurs in Washington.
Trump könnte weiter eskalieren
Trump, der wohl der Präsidentschaftskandidat der Republikaner wird, wäre nicht Trump, wenn er nicht auch hier noch eine Schaufel drauflegen könnte. Bereits sagte er, dass er in seiner zweiten Amtszeit chinesische Importe mit einem Zoll von 60 Prozent belegen werde. Ausserdem sollen alle anderen Einfuhren in die USA einem Zoll von mindestens 10 Prozent unterliegen. Der Einschnitt wäre enorm, Gegenmassnahmen würden nicht lange auf sich warten lassen.
«Die Idee von zusätzlichen Zöllen auf Gütern von Ländern, die man nicht mag, lässt sich offenbar politisch gewinnbringend verkaufen. Die einfachen Massnahmen lassen sich gut verstehen, während die negativen wirtschaftlichen Folgen weniger ersichtlich sind», sagt David Dorn. Aus dieser Sicht wäre ein weiterer Handelskrieg wenig überraschend, wenn Trump wiedergewählt werden sollte.
Der Zürcher Ökonom erinnert auch daran, dass Trump in seiner ersten Amtszeit schon relativ früh einen Handelskrieg mit Mexiko und Kanada vom Zaun gebrochen hatte. Damit zwang er die beiden Nachbarländer, das nordamerikanische Freihandelsabkommen neu zu verhandeln – mit leichten Zusatzvorteilen für die USA.
Egal, wer im November ins Weisse Haus gewählt wird, die Aussicht auf eine protektionistische Politik bleibt erhalten, um die amerikanische Industrie zu schützen. Der Unterschied dürfte in der Aggressivität der Instrumente und der Rhetorik liegen: Während Trump mit der Erhöhung von Zöllen auf Konfrontationskurs mit anderen Ländern gehen könnte, versucht die Biden-Regierung ganz gezielt, bestimmte Branchen zu fördern.