Montag, Februar 3

Der Präsident der USA hat am Samstag Importzölle von 25% gegen Mexiko und Kanada sowie zusätzliche 10% gegen China verkündet. The Market liefert die Antworten zu den wichtigsten Fragen.

Die US-Regierung hat am Samstag Zölle gegen wichtige Handelspartner verhängt. The Market analysiert die Folgen der US-Zollpolitik für Wirtschaft und Finanzmärkte.

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Was hat Trump genau beschlossen, und wann treten die Zölle in Kraft?

Ab morgen Dienstag, 4. Februar, um 12:01 Uhr New Yorker Ortszeit werden die USA Zölle von 25% auf Importe aus Kanada und Mexiko einziehen. Für Energieimporte aus Kanada sollen 10% Zoll anfallen. Ausserdem haben die USA zusätzliche Zölle von 10% auf alle Importe aus der Volksrepublik China verhängt, ebenfalls fällig ab Dienstag.

Wie reagieren die Finanzmärkte?

Die erste Reaktion der Finanzmärkte auf die Nachrichten aus dem Weissen Haus ist eine globale «Risk off»-Welle. Die Börsen in Tokio und Seoul – obwohl noch nicht direkt von Zöllen betroffen – verlieren heute Montag je gut 2,5%. Die Märkte in Festlandchina bleiben aufgrund der Feierlichkeiten zu Neujahr noch geschlossen. Die Märkte in Hongkong zeigen sich vergleichsweise unbeeindruckt: Der Hang Seng verliert nur 0,1%.

Die Futures in New York signalisieren für heute Montag eine tiefrote Eröffnung: Die Terminkontrakte für den S&P 500 verlieren 1,5%, die Futures für den Nasdaq 100 tauchen 1,8%.

Die Börsen in Europa eröffnen auf breiter Front mit Verlusten: Der Euro Stoxx 50 verliert in der ersten Handelsstunde 1,8%, der Dax in Frankfurt büsst 1,7% ein. Der FTSE 100 in London verliert 1,2%. Der Swiss Market Index handelt mit Einbussen von knapp 1,2%.

Signifikante Bewegungen zeigen sich an den Devisenmärkten. Der Dollar-Index, der den Wert der US-Valuta auf handelsgewichteter Basis gegenüber Euro, Yen, Kanada-Dollar, Pfund, schwedische Krone und Schweizer Franken abbildet, schiesst um gut 1% in die Höhe.

Der Kanada-Dollar und der mexikanische Peso, die Währungen der beiden meistbetroffenen Handelspartner, verlieren zum Dollar 1,1% bzw. knapp 3%. Der Kanada-Dollar ist zum US-Dollar auf den tiefsten Stand seit 2003 gefallen.

Auch Kryptowährungen werden von der Risk-off-Welle erfasst: Bitcoin verliert mehr als 2% und notiert knapp über 95’000 $. Ethereum büsst mehr als 11% ein.

Welche Produkte sind von den Zöllen betroffen?

Alle Güter aus Kanada, Mexiko und China sind von den Zöllen betroffen. Dies gilt auch für kleine Pakete, die bisher im Rahmen der De-minimis-Regel bis zu einem Wert von 800 ¨$ von Zöllen ausgenommen waren. Die neuen Zölle betreffen 44% aller Importe der USA, schätzt Ökonom George Saravelos von Deutsche Bank. Energieimporte aus Kanada sind nicht vollständig von den Zöllen ausgenommen, für sie gilt ein Zollsatz von 10%.

Welchen Zweck will Trump damit erreichen?

Der ökonomische Sinn von Trumps Zöllen ist auch den Republikanern nahestehenden Kommentatoren zunächst unklar. «Trumps Zölle leiten neue Handelskriege ein. Das ultimative Ziel bleibt unklar», schrieb Journalist Greg Ip in seiner Kolumne im konservativen «Wall Street Journal». Die Entscheidung, die Zölle noch vor jeder Steuersenkung zu erhöhen, habe fast alle Beobachter verschreckt, schrieb seine Kollegin Lindsay Wise: «Der Präsident hat einen ehrgeizigen ökonomischen Plan, der mit der Handelspolitik beginnt, und scheint nicht interessiert an Verhandlungen zu sein – zumindest bis jetzt.» Der Leitartikel des «Wall Street Journal» vom Wochenende trug die Überschrift «Der dümmste Handelskrieg der Geschichte».

Trump hat die Zölle verhängt, bevor sein designierter Handelsminister Howard Lutnick überhaupt im Amt ist; seine Bestätigung durch den Senat steht noch aus. Das scheint die These zu bestätigen, dass Trump Zölle nicht nur als Druckmittel in Verhandlungen sieht, sondern als Zweck an sich. Darauf deuten auch seine Aussagen im Gespräch mit Journalisten am Freitag hin. «Die Zölle werden uns sehr reich machen und sehr stark», sagte er. Es gebe nichts, was Kanada, Mexiko und China tun könnten, um die Zölle abzuwenden. «Es ist kein Verhandlungswerkzeug. Es ist rein ökonomisch. Wir haben grosse Handelsdefizite mit allen drei von ihnen.» Trump widersprach Ökonomen, die einen Anstieg der Teuerung erwarten. «Zölle verursachen keine Inflation, sie verursachen Erfolg», sagte der Präsident. Trump hat sich seit dem Erfolg japanischer Unternehmen in den 1980er-Jahren immer wieder für Zölle ausgesprochen. Im Wahlkampf hatte er sich erneut als «Tariff Man» bezeichnet, wie schon in einer Twitter-Nachricht im Jahr 2018.

Welche Massnahmen hat Trump gegen Europa angedroht?

Abgesehen von der Androhung genereller Zölle von 10% auf alle Importe hat Trump noch keine konkreten Massnahmen gegen die EU angestossen. Gedroht hat er wegen «unfairer Handelspraktiken» der EU aber schon. Die EU behält sich für diesen Fall Gegenmassnahmen vor. Schon in Trumps erster Amtszeit hatte die EU Zölle auf Whiskey oder Motorräder als Vergeltungsmassnahme geplant, die auf Trumps Stammwählerschaft abgezielt hätten.

Was unterscheidet die jetzt angekündigten Zölle von Trumps erster Amtszeit?

Damals zielten die Zölle hauptsächlich auf China, und sie betrafen nur einzelne, klar definierte Produktkategorien. Zwar drohte Trump damals auch anderen Handelspartnern wie Mexiko und der Europäischen Union, die Zölle wurden aber nicht – im Falle Mexikos nach Neuverhandlung des nordamerikanischen Freihandelsabkommens – oder auf einzelne Produkte beschränkt – im Falle der EU auf Stahl und Aluminium – eingeführt. Diesmal sind die Massnahmen deutlich radikaler und umfassender.

Kann ein Handelskrieg noch abgewendet werden?

Die Regierungen der unmittelbar am stärksten betroffenen Länder, Kanada und Mexiko, haben bereits angekündigt, Gegenmassnahmen in Form von Einfuhrzöllen auf US-Produkten zu ergreifen, sollten die US-Zölle in Kraft treten. Chinas Reaktion fiel verhaltener aus. Das Land feiert noch bis Dienstag das einwöchige Neujahrsfest. Das chinesische Handelsministerium zeigte sich in einer Mitteilung sehr unzufrieden und kündigte entsprechende Gegenmassnahmen an, ohne Details zu nennen. Mögliche Schritte könnten neben Zöllen Exportkontrollen und Marktbeschränkungen für US-Unternehmen sein. Das Weisse Haus kündigte an einer Pressekonferenz vom Samstag wiederum an, jegliche Gegenmassnahmen von China, Kanada und Mexiko vergelten zu wollen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt macht es nicht den Eindruck, als könnte der Stopknopf noch rechtzeitig gedrückt werden, damit es nicht zu einem ausgedehnten Handelskrieg kommt.

Welche Folgen könnten die Zölle und ein Handelskrieg – insbesondere für die Inflation in den USA – haben?

Die betroffenen Importe machen gemäss Schätzungen von Deutsche Bank Research rund 5% des US-Bruttoinlandprodukts aus, der durchschnittliche Zollsatz könnte auf mehr als 10% steigen. Die unmittelbare Folge ist ein Angebotsschock, der den inflationären Druck auf die Preise in den USA verstärken würde. Gemäss einer Schätzung der US-Notenbank (Fed) könnte die Kerninflation (Core Personal Consumption Expenditures, PCE) – ohne Energie- und Lebensmittelpreise – um 0,7 Prozentpunkte steigen. Im Dezember lag dieses Inflationsmass mit 2,8% weiterhin deutlich oberhalb des Fed-Zielwerts von 2%.

Die Inflationserwartungen auf Basis der Break-even-Inflation für zwei Jahre, die sich aus der Renditedifferenz zwischen nominalen und inflationsgeschützten Staatsanleihen ableiten, ist am Freitag auf 2,96% gestiegen. Weitere Zölle, etwa auf Importe aus Europa, dürften diesen Effekt noch verstärken. Die höheren Preise belasten den US-Konsum, der rund 70% des US-Bruttoinlandprodukts ausmacht, und damit auch das mittelfristige Wirtschaftswachstum. Längerfristig würde ein Handelskrieg zu einem Einbruch des weltweiten Handelsvolumens führen. Gleichzeitig ist es gemäss Deutsche Bank fraglich, ob die höheren Zölle tatsächlich dazu führen, dass (ausländische) Unternehmen ihre Produktion vermehrt in die USA verschieben respektive rückverlagern.

Welche Schweizer Unternehmen sind betroffen?

Rund ein Viertel der Schweizer Unternehmen ist von einer geografischen Diskrepanz zwischen Umsatz und Produktion in den USA betroffen. So produziert beispielsweise Landis + Gyr in ihrem mexikanischen Werk in Reynosa Stromzähler und andere Komponenten für den US-Markt. Im Technologiesektor ist Logitech mit einem Produktionsanteil von gut 50% in China und einem Umsatzanteil von 36% in den USA besonders betroffen. Weitere exponierte Unternehmen sind Sonova und Pierer Mobility. «Sollte es zu zusätzlichen Zöllen in Europa kommen, wären weitere Unternehmen wie Tecan oder Huber+Suhner betroffen», sagt Arben Hasanaj, Analyst bei der Bank Vontobel.

Gibt es Schweizer Unternehmen, die von dieser Entwicklung profitieren?

Einzelne Schweizer Unternehmen wie Holcim oder SIG Group könnten aufgrund von Preiseffekten von der Zollerhöhung profitieren. Sollte es mittelfristig zu Verschiebungen in den Lieferketten kommen, gehören auch Kühne+Nagel und SGS zu den potenziellen Gewinnern. Neutrale Auswirkungen erwarten die Analysten der Bank Vontobel bei ABB, Alcon, Belimo, Givaudan, Nestlé, Lonza, Lindt & Sprüngli, Straumann, Schindler, Sika oder Interroll, weil diese Unternehmen bereits in den USA für den US-Markt produzieren. Schweizer Dienstleistungsunternehmen oder Unternehmen, die keine Geschäftsbeziehungen in die USA haben, sind von den Zöllen nicht betroffen. Ein Beispiel dafür ist Swisscom.

Wer sind die grössten Verlierer an der deutschen Börse?

Wenig überraschend büssten im Dax die Automobilhersteller bislang am meisten ein. Dabei kommen zwei Aspekte zusammen. Zum einen ringen diese Unternehmen ohnehin mit Problemen, brauchen also jeden Absatzmarkt. China hat sich immer mehr als schwieriger Markt herausgestellt, weil dort zunehmend E-Fahrzeuge aus heimischer Produktion gekauft werden. Damit gewinnen die USA als Absatzmarkt an Bedeutung. Tarife würden die deutschen Fahrzeuge künstlich verteuern und den Absatz erschweren. Zum anderen zeigt die Börsenreaktion, dass zu den grössten Verlierern jene Hersteller gehören, die den US-Markt via Mexiko bedienen und damit von den Zöllen betroffen sind. Volkswagen, zwischenzeitlich grösster Kursverlierer im Dax, baut beispielsweise die Modelle Jetta und Tiguan im mexikanischen Puebla für den US-Markt. Betroffen ist das Unternehmen auch von Zöllen auf kanadische Produkte. Volkswagen plant in Ontario den Bau einer Batteriezellenfabrik, die Elektroautowerke in den USA beliefern soll. Daimler Trucks wiederum fertigt Lastwagen in Saltillo, Mexiko. Zu dem Unternehmen gehört die US-Marke Freightliner mit den angestammten Produktionsstätten in den USA. Damit sollte das Unternehmen eigentlich weniger unter den Zöllen leiden. In dieser Phase scheint der Markt indes wenig zu differenzieren.

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