Mittwoch, März 19

In China gilt der Hongkonger Tycoon Li Ka-shing als abtrünnig. Er will sein Hafengeschäft an die Amerikaner verkaufen. Peking sucht nach Möglichkeiten, das Vorhaben zu stoppen.

Der Artikel, den das Repräsentanzbüro der Pekinger Zentralregierung in Hongkong am Donnerstag vergangener Woche auf seiner Website veröffentlichte, hatte es in sich. Eine «Auslieferung ohne Rückgrat, nur durch Profitstreben motiviert», sei der geplante Verkauf von insgesamt 43 Häfen, inklusive zweier am Panamakanal, durch das Hongkonger Konglomerat CK Hutchison an eine Investorengruppe um die amerikanische Investmentgesellschaft Blackrock.

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Das Unternehmen kümmere sich nicht um die «nationalen Interessen», betrüge das chinesische Volk; die geplante Veräusserung sei ein «Ausverkauf aller Chinesinnen und Chinesen». Der Artikel war zuvor in der chinafreundlichen Hongkonger Zeitung «Ta Kung Pao» erschienen.

Die ungewöhnlich scharfen Formulierungen deuten darauf hin, dass die Wut in Peking über das Vorhaben des Hongkonger Unternehmers Li Ka-shing gross ist. Der Gründer und Chef des Mischkonzerns CK Hutchison verhandelt über eine Kaufsumme von knapp 23 Milliarden Dollar. In den vergangenen Tagen erschienen in der «Ta Kung Pao» zwei weitere Kommentare, die den geplanten Verkauf scharf kritisierten.

Seit seiner Amtsübernahme hat der amerikanische Präsident Donald Trump wiederholt mit einer «Übernahme» des Panamakanals gedroht und diese mit einer angeblichen «chinesischen Kontrolle» der Wasserstrasse begründet.

Peking war mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht informiert

Die scharfen Reaktionen Pekings zeigen aber auch, dass Li Ka-shing die chinesische Zentralregierung mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht vorab über seine Verkaufspläne informiert hat. Der Staats- und Parteichef Xi Jinping soll darüber nicht erfreut gewesen sein. Er wollte das Vorhaben Li Ka-shings laut Hinweisen, die dem «Wall Street Journal» vorliegen, als Verhandlungsmasse in mögliche Gespräche mit Trump einbringen.

Li, einst ein «Freund Chinas», der den Opfern des Erdbebens in Sichuan 2008 rund eine Milliarde Hongkong-Dollar spendete, war kurz nach der Amtsübernahme Xi Jinpings im Jahr 2013 auf einen chinakritischen Kurs eingeschwenkt.

Im Jahr 2015 begann der Unternehmer damit, einen grossen Teil seiner Aktivitäten in China zu verkaufen. Für Schlagzeilen sorgte seinerzeit die Veräusserung des prestigeträchtigen Oriental Plaza in Peking. Die Luxus-Mall an der Einkaufsmeile Wangfujing war seinerzeit das grösste Einkaufszentrum der chinesischen Hauptstadt.

Beobachter treibt nun die Frage um, ob Peking versuchen könnte, die Transaktion zu stoppen oder Li und sein Konglomerat zu bestrafen. Formalrechtlich dürfte dies aber schwierig werden. CK Hutchison und dessen Holding sind auf den Cayman-Inseln registriert.

Die Zentralregierung könnte Druck auf Li ausüben

Gleichwohl hat Peking verschiedene – mit hohen Hürden versehene –Möglichkeiten, um auf die Pläne zu reagieren. Zum einen könnte die Zentralregierung versuchen, mit verschärftem Druck auf Li und seine Unternehmen den geplanten Deal zu torpedieren.

Ein solcher Schritt birgt allerdings Risiken. Die China-Falken in der amerikanischen Regierung sähen ihre Vermutungen bestätigt, dass letztlich alle Unternehmen Chinas, auch private, der Kontrolle der chinesischen Regierung unterstünden. «Dann könnte Washington die Spielräume chinesischer Firmen in den USA weiter einschränken», schreiben die China-Analysten der New Yorker Eurasia Group.

Li Ka-shing dürfte den Verkauf durchziehen

Wahrscheinlicher ist, dass Li seinen geplanten Verkauf der Häfen ohne Rücksicht auf Pekinger Befindlichkeiten durchzieht. Ein grosses Risiko ginge er damit nicht ein, denn CK Hutchison erwirtschaftet nur 12 Prozent seiner Umsätze in China. Li hat den Konzern in Hongkong gegründet und in der Vergangenheit seine geschäftlichen Ziele unabhängig von Peking verfolgt.

Für den Fall, dass der Tycoon sein geplantes Geschäft tatsächlich zum Abschluss bringe, dürfte Peking aber in irgendeiner Form reagieren, schreiben die Analysten der Eurasia Group. Als Erstes bliebe den Machthabern eine symbolische politische Geste. So könnten sie etwa Victor Li, Chairman bei CK Hutchison und Sohn von Li Ka-shing, nicht erneut zum Mitglied der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes, des nationalen Beratergremiums von China, berufen.

Als zweite Möglichkeit könnten die chinesischen Behörden den Unternehmen Lis das Geschäften in China mit immer neuen Vorschriften und Regeln erschweren. Wegen des vergleichsweise geringen Chinageschäfts würde CK Hutchison einen solchen Schritt verschmerzen.

Wird der Hafenverkauf zur Frage der nationalen Sicherheit?

Die letzte, eher unwahrscheinliche Option wäre ein direktes Vorgehen Pekings gegen CK Hutchison und dessen Personal in Hongkong unter Anwendung der zwei vage formulierten Gesetzte für die nationale Sicherheit. Dabei würde Chinas Regierung den geplanten Verkauf der Häfen zu einer Frage der nationalen Sicherheit erklären.

Damit würde sich die chinesische Zentralregierung allerdings dem Vorwurf aussetzen, die beiden hoch umstrittenen Hongkonger Gesetze für die nationale Sicherheit sehr wohl gegen Unternehmen anzuwenden.

Bis anhin hat die chinesische Regierung von einem solchen Schritt abgesehen, weiss sie doch, dass er das bereits angeschlagene Vertrauen der Unternehmen in den Wirtschaftsstandort Hongkong weiter schwächen würde. Es wird erwartet, dass CK Hutchison bis zum 2. April über den geplanten Verkauf entscheidet.

Hongkongs Regierungschef John Lee sagte bisher lediglich, er beobachte die Entwicklungen sehr genau; alle geschäftlichen Entscheide hätten im Einklang mit den Gesetzen Hongkongs zu stehen. Lee sprach, offenbar in Richtung Washington, ausserdem von «wirtschaftlicher Nötigung und Mobbing anderer Länder».

Prüfung auf Verstösse gegen das Kartellrecht

Laut Medienberichten prüfen chinesische Behörden bereits verschiedene Optionen. So soll Peking die Kartellbehörden des Landes beauftragt haben, den geplanten Deal auf mögliche Verstösse gegen das Antimonopolgesetz zu untersuchen.

Das Gezerre um den geplanten Verkauf der Häfen zeigt auch, dass geschäftliche Entscheide in diesen Zeiten zunehmend politisiert werden. «Es gelten die Gesetze des Dschungels», sagt der frühere Journalist und China-Experte an der Hong Kong Baptist University Wang Xiangwei im Gespräch und gibt ein hypothetisches Szenario zu bedenken: «Würde umgekehrt Blackrock Häfen am Panamakanal an CK Hutchison verkaufen, wäre Trump mit Sicherheit ausser sich und würde versuchen, das Vorhaben zu stoppen.»

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