Am einen Tag wurde der ehemalige amerikanische Präsident wegen Betrugs zu einer Strafe von 355 Millionen Dollar verurteilt. Am nächsten Tag präsentiert er ein Paar glänzende Turnschuhe.

«Cringe» beschreibt ein Verhalten, eine Situation oder Aussage, die so unerträglich peinlich ist, dass man regelrecht erschaudert. Cringe war neulich auch Donald Trumps Auftritt an der Turnschuhmesse Sneakercon in Philadelphia.

Der ehemalige Präsident begrüsste die lautstark buhende Menge junger Leute als «sneaker heads», bevor er erklärte, wie gut gerade alles laufe bei ihm. Dass er am Vortag in New York zu einer Geldstrafe von 355 Millionen Dollar verurteilt worden war, blendete er aus. Denn nun war er angetreten, um die Herzen der «sneaker heads» zu erobern. Oder zumindest ihre Füsse.

Das Kleingedruckte

Seit «zwölf oder dreizehn Jahren» habe er, Trump, ein Vorhaben im Kopf. Nun endlich ist es Realität geworden: ein eigener Turnschuh. Nicht irgendeiner, natürlich. Der «Never Surrender High Top Sneaker» – also etwa «Gib-niemals-auf-Turnschuh» – kommt in Gold und limitierter Auflage von tausend Stück. Sogar die Schnürsenkel glänzen. Das Modell ist laut Beschrieb auf der Homepage «mutig, golden und hart, genau wie Präsident Trump».

Der Schuh kostet 399 Dollar und war innert kürzester Zeit ausverkauft. Mittlerweile sind auf Ebay die ersten Exemplare aufgetaucht: Ein Gold-Modell in amerikanischer Schuhgrösse 9 kann derzeit für 450 000 Dollar gekauft werden. Ob der Verkäufer ein Fan ist oder ein Mitarbeiter von Trump – immerhin muss der Mann viele Millionen auftreiben, um seine Busse abzustottern –, ist nicht ersichtlich.

Wem ein goldener Turnschuh zu viel Lametta ist, kann sich auch für das rote Modell «T-Red-Wave» entscheiden oder den weissen «Potus 45»-Sneaker zu je 199 Dollar kaufen. Des Weiteren im Angebot sind das «Victory 47 Cologne» – «der charakteristische Duft von Stärke und Erfolg für die Entschlossenen und Mutigen» – für ihn oder das «Victory 47 Perfume» für sie.

Als Bonus obendrauf gebe es zu jedem Paar bestellter Schuhe ein Schlüsselanhänger, der Trump als Superman zeige, so steht es dick auf der Website. Als Fussnote ist dann aber viel kleiner vermerkt: «Der Schlüsselanhänger ist nur erhältlich, wenn Sie zwei oder mehr Artikel kaufen, davon mindestens ein Sneaker.» Eine gute Erinnerung daran, dass man stets auch auf das Kleingedruckte achten sollte.

«Schwarze Menschen lieben Sneakers»

Trumps goldene Turnschuhe mit hohem Schaft erinnern an das berühmte «Air Force One»-Modell von Nike – was einen Sprecher von Präsident Joe Biden zu der Aussage verleitete, so nah wie jetzt, mit den Sneakers in der Hand, komme Trump der Air Force One nie wieder.

Auch bei Fox News gaben die Sneakers zu reden. Der Kommentator Raymond Arroyo sieht in der limitierten Edition nämlich einen Geniestreich. Nicht weil der notorisch blanke Trump damit Geld verdienen kann. Vielmehr begeistere er damit eine neue Wählerschaft. «Schwarze Menschen lieben Sneakers», sagte Arroyo strahlend in die Kamera – man sehe bereits, dass afroamerikanische Wähler die Lager wechselten, weg von den Demokraten, hin zu Donald Trump.

Bereits vor einem Jahr sorgte Arroyo mit einer noch rassistischeren Aussage für Aufruhr: Als Trumps Fahndungsfoto publik wurde, erklärte er, der «mug shot» sei überhaupt nicht schlecht für Trumps Image. Wenn, dann sei das Bild ein Segen und sorge dafür, dass «schwarze Menschen sich viel verbundener fühlen mit ihm, weil er jetzt Street-Credibility hat».

Egal, ob Trump hofft, mit den Sneakers neue Wähler zu gewinnen oder das grosse Loch in seiner Kasse zu stopfen – einen anderen Zweck erfüllen die Sneakers jetzt schon: Ablenkung. Die Leute würden bis hinaus vor die Messetore anstehen, um einen Blick auf seine neuen Schuhe zu werfen, sagte Trump in Philadelphia. Wer will schon über Betrug und Bussen sprechen, wenn man stattdessen goldene Schuhe herumzeigen kann? Das alles lässt einen tatsächlich erschaudern. Bloss «cringe» allein ist es nicht.

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